Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
Handels wegen waren, sondern gelegentlich Schauplätze poetischer Wettstreite zwischen den verschiedenen Stämmen, wo Preise den Siegern zuerkannt wurden, und die Preisgedichte derselben legte man in die fürstlichen Archive. Solches war besonders mit dem Markte von Ocadh der Fall, und sieben der Gedichte, welche dort den Preis erhalten hatten, wurden in der Kaaba als Siegeszeichen aufgehängt. Auf diesen Märkten wurden auch die volksthümlichen Überlieferungen der Araber vorgetragen und die mannichfaltigen religiösen Ansichten, welche in Arabien gangbar waren, eingeprägt. Aus mündlichen Quellen der Art sammelte Mohammed viel von jener mannichfaltigen Kenntniß der Glaubensbekenntnisse und Lehren, welche er später an den Tag legte.
In dieser Zeit wohnte in Mekka eine Wittwe, Namens Kadijah (Khadidschah), aus dem Stamme Koreisch. Sie war zweimal verheirathet gewesen. Ihr letzter Gatte, ein wohlhabender Kaufmann, war kürzlich gestorben, und die ausgedehnten Geschäfte des Hauses bedurften einen Vorsteher. Ein Neffe der Wittwe, Namens Chuzima, war mit Mohammed im Laufe der Handelsreisen bekannt geworden und hatte die Gewandtheit und Redlichkeit, mit welcher er sich bei allen Gelegenheiten benahm, kennen gelernt. Er bezeichnete ihn seiner Tante als eine zu ihrem Geschäftsführer trefflich geeignete Person. Die persönliche Erscheinung Mohammeds mag diese Empfehlung kräftig unterstützt haben; denn er war jetzt in dem Alter von ungefähr 25 Jahren und wird von den arabischen Schriftstellern wegen seiner männlichen Schönheit und einnehmenden Sitten gepriesen. So begierig war Khadidschah sich seiner Dienste zu versichern, daß sie ihm für die Führung einer Karavane, welche sie nach Syrien abzusenden im Begriffe stand, doppelten Gehalt anbot. Mohammed befragte seinen Oheim Abu Taleb und auf dessen Rath nahm er das Anerbieten an. Auf dieser Expedition wurde er von dem Neffen der Wittwe, sowie von ihrem Diener Maïsara begleitet und unterstützt, und Khadidschah war mit der Art, in welcher er sich seiner Verbindlichkeiten entledigte, in so hohem Grade zufrieden, daß sie ihm bei seiner Rückkehr den doppelten Betrag des festgesetzten Gehaltes auszahlte. Nachher sendete sie ihn nach den südlichen Theilen Arabiens bei ähnlichen Expeditionen, bei welchen allen er sich gleiche Zufriedenheit erwarb.
Khadidschah stand jetzt in dem vierzigsten Lebensjahre und war eine Frau von Verstand und Erfahrung. Mohammeds geistige Eigenschaften stiegen mehr und mehr in ihrer Achtung, und ihr Herz begann nach dem frischen und gesitteten Jüngling sich zu sehnen. Laut der arabischen Sagen ereignete sich ganz gelegen ein Wunder, die Innigkeit ihrer Neigungen zu bestärken und zu heiligen. Sie befand sich eines Tages mit ihren Dienerinnen zur Mittagsstunde auf dem Altan ihres Hauses, indem sie die Ankunft einer von Mohammed geführten Karavane erwartete. Als er nahete, sahe sie mit Erstaunen, daß ihn zwei Engel, um ihn vor der Sonne zu schützen, mit ihren Flügeln überschatteten. Sich mit bewegtem Gemüthe an ihre Dienerinnen wendend sagte sie: Sehet den Geliebten Allah’s, welcher zwei Engel sendet, ihn zu behüten.
Ob die Dienerinnen mit denselben Augen der Ergebenheit wie ihre Herrin vorwärts blickten und ebenfalls die Engel unterschieden, oder nicht, deß thut die Sage keine Erwähnung. Es genügt zu sagen, daß die Wittwe mit lebhaftem Glauben an die übermenschlichen Verdienste ihres jugendlichen Geschäftsführers erfüllt wurde und ihren treuen Sclaven Maïsara beauftragte, ihm ihre Hand anzubieten. Die Unterhandlung wird mit einfacher Kürze berichtet: »Mohammed«, fragte Maïsara, »warum heirathest du nicht?« »Ich habe nicht die Mittel dazu,« erwiderte Mohammed. »Gut, aber wenn dir eine reiche Frau ihre Hand anbieten würde, eine sogar, welche hübsch und von hoher Geburt ist?« »Und wer ist sie?« »Khadidschah!« »Wie ist dies möglich?« »Laß mich es abmachen.« Maïsara kehrte zu seiner Herrin zurück und erzählte, was geschehen war. Es wurde eine Stunde zu einer Zusammenkunft bestimmt, und die Angelegenheit wurde mit der Gewandtheit und dem Scharfsinne, welcher Mohammed bei allen seinen Geschäften mit der Wittwe ausgezeichnet hatte, zur befriedigenden Erledigung gebracht. Khadidschahs Vater erhob wegen Mohammeds Armuth gegen die Partie einigen Widerspruch, weil er der gewöhnlichen Ansicht folgte, daß Reichthum zu Reichthum gefügt werden müßte; aber die Wittwe betrachtete weislich ihren Reichthum
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