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Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Titel: Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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abwich und gelegentliche Wunder verrichtete, wenn er seine Zuhörer ungewöhnlich träge im Glauben fand. So wird uns erzählt, daß er einmal in Gegenwart einer Volksmenge einen Stier zu sich rief und ihm eine Rolle von den Hörnern nahm, welche ein so eben vom Himmel gesendetes Capitel des Korans enthielt. Zu einer andern Zeit schwebte, als er öffentlich einen Vortrag hielt, eine weiße Taube über ihm, und auf seine Schulter sich niederlassend schien sie ihm Etwas ins Ohr zu flüstern; das war, wie er sagte, ein Bote der Gottheit. Bei einer andern Gelegenheit befahl er, die Erde vor ihm zu öffnen; es wurden zwei Krüge daselbst gefunden, der eine mit Honig, der andere mit Milch gefüllt; er bezeichnete dieselben als Sinnbilder des Segens, welcher Allen, die seinem Gesetze folgen würden, vom Himmel verheißen worden wäre.
    Christliche Schriftsteller haben über diese Wunder gespottet, indem sie angaben, daß die Taube zu ihrer Aufgabe abgerichtet gewesen und Weizenkörner gesucht hätte, welche sie in Mohammeds Ohre zu finden gewöhnt worden wäre; daß man im Voraus die Rolle an die Hörner des Stiers gebunden und die Gefäße mit Milch und Honig in den Boden gesetzt hätte. Der richtigere Weg würde sein, diese Wundergeschichten völlig zu beseitigen als Fabeln, die irrende Schwärmer ersonnen haben, und als solche sind sie auch von den tüchtigsten unter den moslemischen Auslegern bezeichnet worden.
    Es ist kein Beweis vorhanden, daß sich Mohammed zu irgend welchen Kunstgriffen der Art herabließ, um seine Lehren zu bekräftigen oder seine apostolischen Ansprüche zu begründen. Er scheint sich auf Vernunft und Beredtsamkeit gänzlich verlassen zu haben und auf dieser ersten und zweifelhaften Stufe seiner Laufbahn durch religiöse Begeisterung unterstützt worden zu sein. Seine ernstlichen Angriffe auf die Abgötterei, welche die ursprüngliche Anbetungsweise in der Kaaba verfälscht und beseitigt hatte, begannen eine merkliche Wirkung zu äußern und beunruhigten die Koreischiten. Sie drangen in Abu Taleb, seinem Neffen Stillschweigen zu gebieten oder ihn fortzuschicken; da sie jedoch ihre Bitten wirkungslos fanden, so zeigten sie dem alten Manne an, daß der angebliche Prophet und seine Anhänger für ihre Ketzereien, wenn sie bei denselben verharrten, mit dem Leben büßen sollten.
    Abu Taleb beeilte sich, Mohammed von diesen Drohungen in Kenntniß zu setzen, und beschwor ihn, so zahlreiche und mächtige Feinde nicht wider sich und die Familie herauszufordern.
    Mohammeds enthusiastisches Gemüth entbrannte bei diesen Worten. »O mein Oheim!« rief er aus, »wenn sie auch die Sonne wider mich zu meiner rechten Hand und den Mond zu meiner linken Hand stellen sollten, so wollte ich von meinem Vorhaben doch nicht ablassen, bis Gott mir es befiehlt oder mich von hier wegnimmt.«
    Mit niedergeschlagenem Gesicht ging er fort, als ihn Abu Taleb zurückrief. Der hochbetagte Mann war noch nicht bekehrt, aber mit Bewunderung der furchtlosen Festigkeit seines Neffen erfüllt, und erklärte, daß er ihn niemals seinen Feinden ausliefern würde, er möchte predigen, was er wollte. In dem Bewußtsein, daß er allein nicht hinlänglichen Schutz gewähren könnte, rief er die andern Nachkommen Haschems und Abd al Motallebs auf, in der Beschirmung ihres Verwandten gegen die Verfolgung der übrigen Koreischiten ihm Beistand zu leisten; und so stark ist unter den Arabern das Familienband, daß sie Alle, mit Ausnahme seines Oheims Abu Lahab, Hülfe zusagten, obschon sie ihn in einer Sache vertheidigten, in welcher sie eine gefährliche Ketzerei erblickten.
    Die Erbitterung der Koreischiten wurde immer bösartiger und stieg bis zu persönlicher Gewaltthätigkeit. Mohammed wurde in der Kaaba angegriffen und beinahe erwürgt und von Abu Beker, welcher selbst persönliche Verletzung in dem Handgemenge erlitt, mit Schwierigkeit befreit. Seine nächsten Angehörigen wurden Gegenstand des Hasses, besonders seine Tochter Rokaia und deren Gatte Othman Ibn Affan. Diejenigen von seinen Anhängern, welche keine mächtigen Freunde zu Beschützern hatten, standen in Lebensgefahr. Voll ängstlicher Sorge um die Sicherheit derselben gab ihnen Mohammed den Rath, seine gefährliche Genossenschaft für jetzt zu verlassen und nach Abyssinien zu fliehen. Die geringe Breite des rothen Meeres erleichterte die Erreichung der africanischen Küste. Die Abyssinier waren nestorianische Christen und zufolge ihrer Religion über ihre barbarischen

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