Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
Nachbarn erhaben. Der König derselben stand in dem Rufe der Duldsamkeit und Gerechtigkeit. Bei ihm würden, wie Mohammed zuversichtlich hoffte, seine Tochter und seine flüchtigen Anhänger einen Zufluchtsort finden.
Othman Ibn Affan war der Führer dieser kleinen Moslemenschaar, welche aus eilf Männern und vier Frauen bestand. Sie nahmen ihren Weg der Seeküste entlang nach Jodda (Dschodda), einem ungefähr zwei Tagereisen westlich von Mekka gelegenen Seehafen. Daselbst fanden sie zwei abyssinische Fahrzeuge vor Anker, auf denen sie sich einschifften und nach dem Zufluchtslande segelten.
Diese Begebenheit, welche in dem fünften Jahr von Mohammeds Sendung sich zutrug, wird die erste Hegira (Hedjra, Hedschra) oder Flucht genannt, um sie von der zweiten Hedschra, der Flucht des Propheten selbst von Mekka nach Medina zu unterscheiden. Die freundliche Behandlung, welche die Flüchtlinge erfuhren, veranlaßte Andere desselben Glaubens, dem Beispiele derselben zu folgen, bis die Zahl der moslemischen Flüchtlinge in Abyssinien sich außer den Kindern auf dreiundachtzig Männer und achtzehn Frauen belief.
Da die Koreischiten erkannten, daß Mohammed nicht zum Schweigen zu bringen wäre und täglich Proselyten (Neubekehrte) machte, so gaben sie ein Gesetz, welches über Alle, die seinen Glauben annehmen würden, die Verbannung aussprach. Mohammed zog sich vor dem Sturme zurück und fand auf dem Hügel Safa in dem Hause seines Jüngers Orkham einen Zufluchtsort. Dieser Hügel war, wie bereits erwähnt worden ist, in der arabischen Geschichte als derjenige berühmt, auf welchem Adam und Eva nach der langen einsamen Wanderung über die Erde, welche der Vertreibung aus dem Paradiese folgte, noch einmal zusammen kommen durften. Er war in die Schicksale Hagars und Ismaels gleicher Weise verflochten.
Einen Monat lang blieb Mohammed in Orkhams Hause, indem er seine Offenbarungen fortsetzte und aus allen Gegenden Arabiens Parteigänger an sich zog. Die Feindseligkeit der Koreischiten folgte ihm in sein Asyl. Abu Zahl (Dschahl), ein Araber dieses Stammes, machte ihn ausfindig, beleidigte ihn durch Schimpfreden und mißhandelte ihn sogar persönlich. Diese Gewaltthätigkeit wurde Hamza, einem Oheime Mohammeds, erzählt, als er von der Jagd nach Mekka zurückkehrte. Hamza war kein Bekenner des Islams, aber er war zur Beschützung seines Neffen verpflichtet. Den abgespannten Bogen in der Hand, begab er sich in eine Versammlung der Koreischiten, wo Abu Zahl sich des neuen Triumphes rühmte, und führte einen Schlag auf seinen Kopf, welcher eine arge Wunde verursachte. Die Verwandten Abu Jahls stürzten zur Hülfe herbei; aber der Händelsucher hatte vor Hamzas kräftigem Arme und hitzigem Gemüthe Furcht und suchte ihn zu beruhigen. »Laßt ihn gehen,« sagte er zu seinen Verwandten, »ich habe seinen Neffen in Wahrheit sehr roh behandelt.« Zur Entschuldigung seines Unrechtes führte er Mohammeds Abfall an; aber Hamza war nicht zu besänftigen. »Gut!« schrie er wuthentbrannt und höhnisch, »ich glaube an eure steinernen Götter auch nicht; könnt ihr mich zwingen?« Der Zorn brachte in seinem Innern zu Stande, was Ueberlegung vergebens versucht hätte. Er erklärte sich sofort für einen Bekehrten, leistete dem Propheten den Ergebenheitseid und wurde einer der eifrigsten und tapfersten Kämpen des neuen Glaubens.
Zehntes Capitel.
Omar Ibn al Khattab, Abu Jahls Neffe, übernimmt es, seinen Oheim durch Mohammeds Ermordung zu rächen. – Seine wundervolle Belehrung zum Glauben. – Mohammed flieht in ein Schloß Abu Talebs. – Abu Sofian, an der Spitze der eifersüchtigen Koreischiten-Linie, verfolgt Mohammed und dessen Anhänger. – Er erlangt ein Gesetz über die Aufhebung des Verkehrs mit ihnen. – Mohammed verläßt den Zufluchtsort und gewinnt während des Wallfahrtsmonats Bekenner. – Legende von der Bekehrung Habib’s des Weisen.
Abu Jahls Groll gegen den Propheten steigerte sich durch die strenge Züchtigung, welche er aus Hamzas Händen erhalten hatte. Er hatte einen Neffen, Namens Omar Ibn al Khattab, sechs und zwanzig Jahre alt, von riesenmäßiger Gestalt, ungeheurer Stärke und großem Muthe. Sein wilder Blick machte den Kühnen erbleichen, und sein bloßer Spazierstock jagte den Zuschauern größeren Schreck ein als das Schwert eines andern Mannes. Das sind die Worte des arabischen Geschichtsschreibers Abu Abdallah Mohammed Ibn Omal Alwakedi, und die folgenden Thaten dieses Kriegers beweisen, daß sie
Weitere Kostenlose Bücher