Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
schwerlich eine Übertreibung enthalten.
Durch seinen Oheim Abu Jahl aufgestachelt, unternahm es dieser grimmige Araber, in den Zufluchtsort Mohammeds, welcher noch in Orkhams Hause war, einzudringen und ihm einen Dolch ins Herz zu stoßen. Die Koreischiten werden beschuldigt, ihm hundert Kameele und tausend Unzen Gold für diese Blutthat versprochen zu haben; aber das ist nicht erweislich, auch bedurfte der rachgierige Neffe Abu Jahls keiner Bestechung. Auf dem Wege nach Orkams Hause begegnete er einem Koreischiten, welchem er seine Absicht mittheilte. Dieser war ein geheimer Anhänger des Islams und suchte ihn von dem blutigen Vorhaben abzubringen. »Bevor du Mohammed tödtest«, sagte er, »und dir die Rache seiner Verwandten zuziehst, so trage Sorge, daß deine eigenen Angehörigen von Ketzerei frei sind!« »Sind Etliche von den Meinigen des Abfalls vom Glauben schuldig?« fragte Omar mit Erstaunen. »Gerade so ist es«, war die Antwort; »deine Schwester Amina und ihr Ehemann Seid.«
Omar eilte nach der Wohnung der Schwester, und da er unerwartet in dieselbe eintrat, so fand er sie nebst dem Ehemanns beim Lesen des Korans. Seid suchte Omar zu verbergen; aber seine Verlegenheit überzeugte ihn von der Wahrheit der Anklage und erhöhete seine Wuth. In der Raserei warf er Seid zu Boden, setzte ihm den Fuß auf die Brust und würde das Schwert in sie gestoßen haben, hätte sich die Schwester nicht ins Mittel gelegt. Ein Schlag in das Gesicht begoß ihre Gestalt mit Blut. »Feind Allahs (Gott)!« stöhnte Amina, »du schlägst mich so, weil ich an den allein wahren Gott glaube? Trotz dir und deiner Gewaltthätigkeit will ich bei dem wahren Glauben verharren. Ja, fügte sie mit Andacht hinzu, »es ist kein Gott außer Gott, und Mohammed ist sein Prophet. Und jetzt, Omar, vollende dein Werk!«
Omar hielt inne, bereute sein Ungestüm und zog den Fuß von Seid’s Brust hinweg. »Zeige mir die Schrift«, sagte er. Amina weigerte sich jedoch ihn die heilige Rolle berühren zu lassen, bis er die Hände gewaschen hatte. Die Stelle, welche er las, soll die zwanzigste Sure des Korans gewesen sein. Sie beginnt in folgender Weise:
»Im Namen des allbarmherzigen Gottes! Den Koran haben wir dir nicht gesandt, um Unheil über das Menschengeschlecht zu bringen, sondern als einen Lehrer, um es im Glauben an den wahren Gott, den Schöpfer der Erde und des erhabenen Himmels zu unterweisen. – Der Allbarmherzige thronet in der Höhe; ihm gehöret, was oben im Himmel und unten auf der Erde und in den Regionen unter der Erde ist. – Verrichtest du deine Gebete mit lauter Stimme? Wisse, daß es dessen nicht bedarf. Gott kennt die Geheimnisse deines Herzens, sogar das, was am tiefsten verborgen ist. – Wahrlich, ich bin Gott; es giebt keinen außer mir. Diene mir, diene keinem Andern! Keinem außer mir bringe dein Gebet dar!«
Die Worte des Korans drangen tief in Omars Herz. Er las weiter und wurde immer mehr gerührt; als er aber an die Stellen kam, welche von der Auferstehung und dem letzten Gerichte handeln, war seine Bekehrung vollendet. Er setzte seinen Weg nach Orkhams Hause fort, aber mit einem verwandelten Herzen. Demüthig an die Thüre klopfend verlangte er dringend Einlaß. »Komm herein, Sohn Khattabs,« rief Mohammed. »Was bringt dich hieher?« »Ich komme, um meinen Namen in die Zahl der Gläubigen Gottes und seines Propheten einzureihen.« So sprechend legte er das moslemische Glaubensbekenntniß ab.
Nicht eher beruhigte er sich, als bis seine Bekehrung öffentlich bekannt war. Auf sein Gesuch begleitete ihn Mohammed augenblicklich nach der Kaaba, damit er vor Aller Augen die Gebräuche des Islams verrichtete. Zur Linken des Propheten ging Omar, zur Rechten Hamza, um ihn vor Beleidigung und Beschimpfung zu schützen; von mehr als vierzig Bekennern wurden sie begleitet. Am hellen Tage schritten sie zum Erstaunen der Bewohner durch Mekkas Straßen. Sieben Mal hielten sie den Umgang um die Kaaba, wobei sie jedes Mal den heiligen schwarzen Stein berührten und alle anderen Ceremonien verrichteten. Die Koreischiten betrachteten diese Procession mit Widerwillen, aber sie wagten nicht sich dem Propheten zu nähern oder ihn zu belästigen, da sie durch die Blicke dieser schrecklichen Kämpen, Hamza und Omar, zurückgescheucht wurden, denn diese starrten sie, wie erzählt wird, mit wilden Blicken an wie Löwinnen, die der Jungen beraubt worden sind.
Furchtlos und entschlossen in jeder Sache ging Omar den nächsten Tag
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