Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
aufgehoben erklärt und Mohammed und seinen Begleitern erlaubt, unbeschwert nach Mekka zurückzukehren. Von frommen Moslemen ist die geheimnißvolle Entfernung dieses gesetzlichen Hindernisses als ein anderes Wunder betrachtet worden, welches durch übernatürliche Vermittelung zu Mohammeds Gunsten vollbracht wurde; Ungläubige haben jedoch vermuthet, daß dieses Document, welches Abu Sofian selbst in seinen Wirkungen in Verlegenheit setzte, von sterblichen Händen heimlich zerstört worden sei.
Die Rückkehr Mohammeds und seiner Schüler nach Mekka wurde von wichtigen Bekehrungen sowohl von Bewohnern der Stadt als auch von Pilgern aus der Ferne begleitet. Den Verdruß, welchen die Koreischiten über das Wachsthum dieser neuen Secte empfanden, milderten Nachrichten über die Siege der Perser über die Griechen, durch welche jene Syrien und einen Theil Aegyptens eroberten. Die abgöttischen Koreischiten jubelten über die Niederlage der christlichen Griechen, deren Glauben, weil er der Götzenanbetung entgegengesetzt war, sie dem von Mohammed gepredigten gleichstellten. Der Letztere antwortete auf ihren Hohn und ihr Jubelgeschrei durch Offenbarung der dreißigsten Sure, welche mit diesen Worten anhebt: »Die Griechen sind von den Persern überwältigt worden, aber sie sollen die Letzteren im Laufe weniger Jahre überwinden.«
Der eifrige und gläubige Abu Beker machte eine Wette von zehn Kameelen, daß diese Vorherverkündigung innerhalb dreier Jahre erfüllt sein würde. Erhöhe die Wette, aber verlängere die Zeit, flüsterte ihm Mohammed zu. Abu Beker wettete hundert Kameele, setzte aber die Zeit auf neun Jahre. Die Weissagung bewährte sich und die Wette war gewonnen. Diese Anekdote wird von den moslemischen Lehrern mit Zuversicht angeführt als ein Beweis, daß der Koran vom Himmel kam, und daß Mohammed die Gabe der Prophezeiung besaß. Das Ganze war, wenn es wahr ist, ohne Zweifel ein scharfsichtiger Blick in die Zukunft, welcher durch die Kenntniß des damaligen Zustandes der kriegenden Mächte unterstützt wurde.
Nicht lange nach seiner Rückkehr nach Mekka war Mohammed genöthigt, seinem Oheime Abu Taleb die Augen zu schließen; er war über achtzig Jahre damals alt und ehrwürdig nach Character und äußerlicher Erscheinung. Als die Todesstunde nahte, ermahnte Mohammed seinen Oheim, das Glaubensbekenntniß abzulegen, welches nach der Islam-Lehre zur Sicherung einer seligen Auferstehung nothwendig ist.
Ein Funke irdischen Stolzes weilte noch in der Brust des sterbenden Patriarchen. »O Sohn meines Bruders!« sagte er, »würde ich jene Worte aussprechen, so würden die Koreischiten sagen, ich thäte es aus Furcht vor dem Tode.«
Der Geschichtsschreiber Abulfeda beharrt darauf, daß Abu Taleb wirklich im Glauben starb. Al Abbas, sagt er, neigte sich über das Bette des verscheidenden Bruders, und bemerkend, daß seine Lippen sich bewegten, brachte er das Ohr nahe, um seine Scheideworte zu erfassen. Sie waren das vorher gewünschte Bekenntniß. Andere versichern, daß seine letzten Worte waren: »Ich sterbe im Glauben Abd al Motallebs.« Ausleger haben die beiden Erzählungen durch die Behauptung zu vereinigen gesucht, daß Abd al Motalleb in den letzten Tagen der Verehrung der Götzen entsagte und an die Einheit Gottes glaubte.
Kaum waren drei Tage nach dem Tode des ehrwürdigen Abu Taleb vergangen, als Kadidschah, die treue und fromme Gattin Mohammeds, ebenfalls in das Grab sank. Sie war fünfundsechzig Jahre alt. Mohammed weinte bitterlich an ihrem Grabe und legte um ihretwillen und wegen Abu Taleb Trauerkleider an, so daß dieses Jahr das Trauerjahr genannt wurde. In seiner Betrübniß wurde er, sagt der arabische Schriftsteller Abu Horeira, durch die Versicherung des Engels Gabriel getröstet, daß Kadidschah zur Belohnung für ihren großen Glauben und ihre frühen Dienste in der Glaubenssache ein silberner Palast im Paradiese bewilligt worden wäre.
Wiewohl Kadidschah viel älter als Mohammed zur Zeit ihrer Verheirathung gewesen war und die Blüthe der Jahre, wo Frauen im Oriente wünschenswerth sind, überschritten hatte; obgleich der Prophet wegen seines verliebten Temperaments bekannt war: so soll er ihr dennoch bis ans Ende treu geblieben sein, auch niemals von dem arabischen Gesetze, welches eine Mehrzahl von Frauen gestattet, Gebrauch gemacht haben, um ihr eine Nebenbuhlerin in seinem Hause zu geben. Als sie jedoch im Grabe lag und die erste Aufwallung des Schmerzes gestillt war: so suchte
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