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Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Titel: Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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einer der bereits erwähnten Göttinnen, in ihrer ganzen Stärke aufrecht erhalten. Ihr steinernes Bild war mit Juwelen und Edelsteinen, Gaben ihrer Verehrer, bedeckt; man glaubte, daß ihm Leben eingehaucht würde, und El Lâts Fürbitte wurde als die einer von den Töchtern Gottes erfleht.
    Mohammed blieb ungefähr einen Monat in Tayef, bemühte sich jedoch vergebens, unter den Einwohnern Anhänger zu gewinnen. Wenn er seine Lehren zu predigen versuchte, so wurde seine Stimme durch Geschrei übertäubt. Mehr als einmal wurde er durch Steinwürfe verwundet, und vergeblich strengte sich sein treuer Zeid an, dieselben abzuwehren. So heftig brach zuletzt die Volkswuth hervor, daß er aus der Stadt vertrieben und sogar eine Strecke weit jenseit der Wälle von einem schimpfenden Sclaven-und Kinderhaufen verfolgt wurde.
    Da er auf diese Weise aus der erhofften Zufluchtsstätte schmachvoll vertrieben worden war und in seine Geburtsstadt öffentlich zurückzukehren nicht wagte: so blieb er in der Wüste, bis Zeid ein geheimes Asyl bei seinen Freunden in Mekka für ihn besorgt hatte. In dieser äußersten Bedrängniß hatte er eine jener Visionen oder übernatürlichen Heimsuchungen, welche stets in Augenblicken der Einsamkeit oder Gemüthsbewegung vorgekommen zu sein scheinen, wenn wir annehmen dürfen, daß es ein Zustand geistiger Erregung gewesen sei. Es war nach dem Abendgebete, sagte er, an einem einsamen Orte in dem Thale Naklah zwischen Mekka und Tayef. Er las gerade den Koran, als er von einer vorüberziehenden Schaar Genien belauscht wurde. Das sind geistige Wesen, welche theils gut, theils böse sind, und denen wie den Menschen eine künftige Belohnung und Bestrafung bevorsteht. »Horcht! Spitzet die Ohren!« sagten die Genien zu einander. Sie schwiegen und hörten zu, als Mohammed weiter las. »Wahrlich«, sagten sie am Schlusse, »wir haben einen bewundernswerthen Vortrag gehört, welcher in die richtige Satzung einführt; deshalb glauben wir daran.«
    Dieser Geisterbesuch tröstete Mohammed wegen der Vertreibung aus Tayef, weil er zeigte, daß er und seine Lehren, obschon sie von Menschen verworfen würden, doch bei geistigen Wesen in hoher Achtung stünden. Wenigstens können wir dies aus der Nachricht schließen, welche er in der 46. und 72. Sure des Korans darüber giebt. Von nun an erklärte er, daß er ebenso zur Bekehrung dieser Genien wie zu der des Menschengeschlechts gesendet worden wäre.
    Anmerkung. Der Glaube an Genien herrschte durch den ganzen Osten lange vor Mohammeds Zeit. Man nahm an, daß sie an einsamen Plätzen besonders gegen Einbruch der Nacht umgingen, ein Aberglaube, welcher den Gewohnheiten und Begriffen der Bewohner einsamer und verlassener Landstriche entspricht. Die Araber meinten, jedes Thal und jeder unbebaute Landstrich hätte seinen Stamm Genien, die unter einem Herrscher stünden und des Nachts umherwanderten, um die Pilger und Reisenden in Verlegenheit zu setzen. Wenn sie daher gegen Einbruch der Nacht ein einsames Thal betraten, so pflegten sie den Obergeist oder den Herrn des Platzes zu bitten, sie gegen die bösen Genien unter seinem Befehle zu beschirmen. Die Staubsäulen, welche durch kreisende Wirbelwinde erzeugt werden und durch die Wüste hinfegen, werden nach der Meinung der Araber von irgend einem bösen Genius oder einem Geiste von riesenmäßigem Umfange verursacht.
    Von den Schlangen, welche manchmal die Häuser beunruhigen, glaubte man, daß sie oft zum Theil ungläubige, zum Theil gläubige Genien wären. Mohammed ermahnte seine Anhänger, bei Tödtung einer Schlange langsam zu verfahren. »Heiße sie fortgehen; wenn sie nicht gehorcht, dann tödte sie, denn das ist ein Zeichen, daß sie ein bloßes Kriechthier ist oder ein ungläubiger Genius.
    Es wird gefabelt, daß die Genien in früheren Zeiten Zutritt in den Himmel hatten, aber wegen ihrer Neigung, sich in Alles zu mischen, von dort verbannt worden wären. Seitdem sind sie stets neugieriger und zudringlicher Natur gewesen, indem sie häufig versuchten zu den Sternbildern hinaufzuklettern, um von dort in den Himmel zu gucken und zu sehen und zu hören, was daselbst vorginge. Von dort wurden sie jedoch durch Engel mit flammenden Schwertern vertrieben; auch glauben die Mohammedaner, daß die Meteore, welche Sternschnuppen heißen, von den Wache haltenden Engeln nach diesen zudringlichen Genien geschleudert werden.
    Andere Sagen erzählen, daß die Erde ursprünglich von diesen Genien bevölkert war, daß sie

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