Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
und sogar glaubten, Einige durch Zweifel in Verwirrung geriethen, die Koreischiten aber darüber lachten und spotteten. »Du sagst, daß du im Tempel zu Jerusalem gewesen bist«, sagte Abu Jahl, »beweise die Wahrheit deiner Worte dadurch, daß du uns eine Beschreibung von demselben giebst.«
Einen Augenblick lang wurde Mohammed durch diese Forderung in Verlegenheit gesetzt, denn er hatte den Tempel des Nachts besucht, wo seine Gestalt nicht erkannt werden konnte; plötzlich jedoch stand der Engel Gabriel an seiner Seite und stellte ein genaues Bild des heiligen Gebäudes vor seine Augen, so daß er augenblicklich im Stande war, die kleinlichsten Fragen zu beantworten.
Die Erzählung überstieg noch immer den Glauben sogar einiger seiner Schüler, bis Abu Beker, da er sie in ihrer Treue schwanken und in Gefahr des Abfalls sahe, sich für die Wahrheit derselben unverhohlen verbürgte; zur Vergeltung für diese Unterstützung gab ihm Mohammed den Titel Al Seddek, d. i. Zeuge der Wahrheit, durch welchen er fortan ausgezeichnet wurde.
Wie wir bereits bemerkt haben, beruht diese nächtliche Reise fast ganz auf Sage, wiewohl auf einige Umstände derselben in dem Koran oberflächlich angespielt wird. Das Ganze mag ein phantastischer Bau moslemischer Schwärmer sein, welchen sie über einer dieser Visionen oder Verzückungen aufführten, zu denen Mohammed geneigt war, und deren Erzählung die Ursache wurde, daß ihn die Koreischiten als einen Wahnsinnigen brandmarkten.
Dreizehntes Capitel.
Mohammed gewinnt Bekenner unter den Pilgern aus Medina. – Er entschließt sich in diese Stadt zu fliehen. – Ein Mordanschlag gegen ihn. – Sein wunderbares Entkommen. – Seine Hedschra oder Flucht. – Seine Aufnahme in Medina.
Das Geschick Mohammeds wurde in seiner Geburtsstadt trüber und trüber. Kadidschah, seine ursprüngliche Wohlthäterin, die ergebene Genossin seiner Einsamkeit und Zurückgezogenheit, die eifrige Bekennerin seiner Lehren, lag im Grabe; dort war auch Abu Taleb, ehedem sein treuer und wirksamer Beschützer. Beraubt der beschirmenden Macht des Letzteren, war Mohammed gewissermaßen ein Geächteter in Mekka geworden; er war gezwungen, sich zu verbergen und eine Last für die Gastfreundlichkeit derjenigen zu bleiben, welche seine eigene Lehre in Verfolgung verwickelt hatte. Wenn weltlicher Vortheil sein Strebeziel gewesen wäre, wie wäre es erreicht worden? Ueber zehn Jahre waren vergangen, seitdem er seine prophetische Sendung zuerst angekündigt hatte, zehn lange Jahre von Feindschaft, Unruhe und Mißgeschick. Dennoch harrte er aus, und jetzt, in einem Lebensalter, wo man vielmehr die Frucht der Vergangenheit in Ruhe zu genießen sucht, als in neuen Plänen für die Zukunft Alles aufs Spiel zu setzen, jetzt, nachdem er Gemächlichkeit, Vermögen und Freunde aufgeopfert hatte, finden wir ihn bereit, lieber Heimath und Vaterland als seinen religiösen Glauben aufzugeben.
Sobald als die bevorrechtete Zeit der Wallfahrt eintrat, ging er noch einmal aus der Verborgenheit hervor und mischte sich unter die aus allen Theilen Arabiens zusammengeströmte Menge. Sein eifrigster Wunsch ging darauf, irgend einen mächtigen Stamm oder die Bewohner irgend einer bedeutenden Stadt zu finden, welche fähig und willig wäre, ihn als Gast aufzunehmen und ihn in dem Genusse und der Verbreitung seines Glaubens zu beschützen.
Sein Suchen war eine Zeit lang erfolglos. Diejenigen, welche zur Anbetung in der Kaaba gekommen waren, zogen sich vor einem Manne zurück, welchen man als einen Abtrünnigen gebrandmarkt hatte; die weltlich Gesinnten waren abgeneigt, sich mit einem von den Machthabern seiner Heimathsstadt Geächteten zu befreunden.
Als er jedoch auf dem ein wenig nördlich von Mekka gelegenen Hügel Al Akaba eines Tages predigte, zog er endlich die Aufmerksamkeit gewisser Pilger aus der Stadt Yathrèb auf sich. Diese Stadt, seitdem Medina genannt, lag ungefähr sechzig Meilen nördlich von Mekka. Viele ihrer Bewohner waren Juden und sectirerische Christen. Die in Rede stehenden Pilger waren reine Araber des alten und mächtigen Stammes der Khazraditen und standen aus Gewohnheit in freundlichem Verkehr mit den Keneediten und Naderiten, zwei jüdischen in Mekka wohnenden Stämmen, welche von der priesterlichen Familie Aarons abzustammen sich rühmten. Die Pilger hatten oft zugehört, wenn ihre jüdischen Freunde die Geheimnisse ihres Glaubens darlegten und von einem zu erwartenden Messias sprachen. Sie wurden durch
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