Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben nach dem Happy End

Das Leben nach dem Happy End

Titel: Das Leben nach dem Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Juul
Vom Netzwerk:
Halland, ha-ha, du warum, warum, Martin Guerre war ein Ehrenmann, Halland war ein kleiner Gnom, ein Rätsel war Halland, was ist das, es geht und geht und kehrt niemals zurück …
    Ich parkte auf dem Platz und blieb kurz sitzen, bevor ich die Tür öffnete. Meine Arme waren steif und schmerzten vom langen Halten des Lenkrads. Ich hatte den Leichenschmaus verlassen, der nicht stattgefunden hatte, ich hatte ja auch nicht damit gerechnet, dass sonderlich viele andere Trauergäste kämen, abgesehen von Inger und Brandt, und die hätten in meiner Küche einen Kaffee trinken können. Aber da es nun Blumen und Kränze gegeben hatte – ob sie wohl auf das Grab gelegt worden waren, war das nicht so üblich? Obwohl es fast Nacht war, wollte ich nachsehen, ob sie dort lagen.
    Doch ich gelangte nicht bis dorthin. Ich konnte sehen, dass die Blumen dort lagen, die weißen unter ihnen leuchteten, doch um mich herum war es unruhig, ich wandte mich um und lauschte, waren das Schritte, rannte dort jemand? Mein eigener Atem übertönte alles, was zu hören war, erfolglos bemühte ich mich, die Luft anzuhalten, aber es waren Schritte, jemand rannte. Dann rannte auch ich, so schnell ich konnte, zurück zum Tor, das schwer war und quietschte.

19
    »Kommen Sie rein – es ist niemand da,
nur ich und eine große Schmeißfliege.«
    Die kleine Schwester , Raymond Chandler
    Ich öffnete die Tür. Es war der Gast. Ich habe nicht erzählt, wie er aussieht, und werde es auch jetzt nicht, denn es tat zu diesem Zeitpunkt nichts zur Sache.
    »Haben Sie Brandt gesehen?«, fragte er, und ich trat beiseite, um ihn hereinzulassen, und sah zu Boden. Ich hatte sehr lange geschlafen. Ich hatte im Schlaf so viel geweint, dass ich müde war.
    »Wann?«
    Er hatte am Tag zuvor auf Brandt gewartet, hatte Abendbrot für ihn gemacht und geglaubt, dass seine Sprechstunde sich hinausgezögert hätte – doch er kam nicht. Also aß der Gast das Essen und wartete und rief mehrmals im Ärztehaus und auf Brandts Handy an, aber das Band lief, und das Handy war ausgeschaltet. Er hatte schlecht geschlafen und wusste nicht, ob er gleich eine Vermisstenmeldung aufgeben sollte.
    Brandts Hand auf meinem Nacken. Die Dämmerung. Ich hatte mich gefreut, ihn wiederzusehen. Ah! Dieses Kribbeln. »Kommen Sie doch herein und setzen Sie sich«, er kam herein und setzte sich.
    »Das Leben ist so schnell vorbei«, sagte ich. »Oder: kann schnell vorbei sein.«
    »Glauben Sie, dass er tot ist?« Der Gast war unrasiert, durch die dunklen Schatten wirkten seine Gesichtszüge markanter.
    »Nein, hören Sie bloß auf!«, sagte ich. »Wie wär’s mit einem Lebenswasser?« Als ich Lebenswasser sagte, hörte ich die Stimme meines Großvaters, von ihm hatte ich das Wort, das bot er all seinen Gästen an.
    Brandt war ein erwachsener Mann, wir hatten keinen Grund, uns Sorgen zu machen. Also tranken wir einen Aquavit und gleich noch einen hinterher. Sprachen kurz darüber, wo Brandt stecken könnte, es sah ihm nicht ähnlich, sich nicht zu melden, doch jetzt war Samstag, und er hatte frei. Ein höfliches Gespräch unter Fremden. Der Aquavit half ein wenig, aber nicht viel. Er brannte auf der Zunge und war dennoch sanft, schmeckte nach Kümmel und Anis, in erster Linie jedoch nach Schnaps. Ich kostete ihn, obwohl ich ihn in einem Zug austrank.
    »Möchten Sie noch einen?«, fragte ich.
    »Vielleicht hat er auf dem Weg von der Arbeit eine Dame kennengelernt«, sagte er ohne Überzeugung.
    »Ja«, sagte ich und sah auf den Platz hinauf. »Vielleicht hat er eine Dame kennengelernt.«
    Auf der Fensterbank lag eine tote Fliege neben einer Menge Staub und einigen merkwürdigen, schwarzen Punkten.
    »Er war gestern auch nicht in der Kirche«, sagte ich. »Das hat mich gewundert, aber ich glaubte zu wissen, warum er nicht kam.«
    »War gestern die Beerdigung? Davon hat er gar nichts gesagt.«
    Ich ging nach nebenan, um Brandts Sekretärin anzurufen, doch es ging niemand ans Telefon. Der Gast sah aus, als fühle er sich nicht wohl, vielleicht verspürte er den Drang zu rauchen.
    »Und dann die Sache mit dem Hund«, sagte er.
    »Ist er noch da?«
    »Ja, es liegt mir zwar nicht besonders, aber ich habe ihn sogar ausgeführt.«
    »Dann hat er wohl eher keine Dame kennengelernt«, sagte ich. »Er passt doch auf den Hund auf.«
    »Tja, oder auch nicht«, sagte der Gast.

20
    »Mit der sorglosen Undankbarkeit, die verwöhnten
Kindern so gut steht, greift der Junge nach der
Marmelade, während Frau Andresen,

Weitere Kostenlose Bücher