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Das Leben nach dem Happy End

Das Leben nach dem Happy End

Titel: Das Leben nach dem Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Juul
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die in der Kirchentür stand und die Gäste begrüßte?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Vielen Dank für deine Hilfe in der Kirche«, sagte ich. »Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten.«
    »Aber wer war sie?«
    Ich warf ihr einen Blick zu, der später signalisierte, obwohl ich das nicht ernst meinte. »Was hast du denn heute Abend vor?«, fragte ich. Lasse zeigte kauend auf die Lokalzeitung, die ausgebreitet auf dem Tisch lag. Der Waldpavillon wurde wiedereröffnet, war dort zu lesen.
    »Ach«, sagte ich. »Ach, ach, ach.«
    Inger stellte sich hinter mich, legte die Hände auf meine Schultern und las mit.
    »Davon hat Halland immer geredet, dass jemand ihn wiedereröffnen sollte, und dass wir …«
    »Dass ihr was?«
    »Die Ersten dort sein würden. Inger! Möchtest du nicht heute Abend mit mir dorthin?«
    »Die soll bloß nicht dahin!«, sagte Lasse.
    Nein, das sollte Inger nicht. Außerdem war sie entsetzt darüber, dass ich es auch nur in Betracht zog.
    »Aber Bess«, sagte sie, »meinst du, das ist besonders klug?«
    Lasse wirkte nicht glücklich. »Ich werde schon so tun, als würde ich dich nicht kennen, wenn ich komme«, versprach ich. Er lächelte verkniffen und stand auf, um die Küche zu verlassen.
    »Dein Teller!«, sagte Inger fast kreischend, und er kehrte um, nahm den Teller, stellte ihn auf die Arbeitsplatte und machte Anstalten, zu gehen.
    »Spülmaschine!«, kreischte sie weiter. »Und was ist mit deinem Glas?« Dann war er weg. Ihr Gesicht war völlig verzerrt, und sie wandte sich von mir ab. Ich bekam Lust, ihr Fragen zu stellen, liebst du ihn, wie kann es sein, dass du ein Kind wegen eines Tellers anschreist. Doch ich wartete einfach nur – und tatsächlich, innerhalb kürzester Zeit war sie wieder sie selbst und griff nach einem Buch, das aufgeschlagen herumlag. »Es ist so eine Art Lebensratgeber für alle Fälle«, sagte sie. »Aber es wird schon was dran sein. Hier ist eine Tabelle mit Trauerzeiten, sicher aus der viktorianischen Zeit. Eine Witwe sollte ein bis drei Jahre um ihren Mann trauern, ein Witwer nur drei Monate um seine Frau. Verlor man ein Kind oder ein Elternteil, betrug die Trauerzeit ein Jahr. Das Ganze ist ja … ja, es ist schon albern, aber gar nicht so dumm.«
    Es klopfte an der Tür. Sie sprang auf.
    »Nanu, es klingelt.«
    »Stimmt doch gar nicht! Willst du deine Klingel nicht endlich mal reparieren?«
    »Das ist ein Zitat!«, rief sie von draußen. »Beckett!«
    Sie sprach an der Tür mit jemandem, ich blätterte im Lebensratgeber.
    »Ach, das war dieser Gast«, sagte sie, als sie wieder hereinkam. »Er fragte nach Brandt.«
    »Ja, sage ich doch!«, sagte ich. »Brandt ist verschwunden.«
    »Aber das kann doch wohl nicht sein.«
    »Wann hast du ihn zuletzt gesehen? Er war ja gestern auch nicht in der Kirche«, sagte ich und wollte eigentlich lieber über etwas anderes sprechen. »Kennst du den Typen, der bei ihm wohnt?«
    »Nee. Er arbeitet im Archiv.«
    »Woher weißt du das denn?«
    Sie goss mir einen Kaffee ein und zuckte mit den Schultern.
    »Das hat Brandt gesagt. Glaube ich. Wer war das gestern?«
    »Wer?«
    »Die Frau, die in der Kirche die Gäste begrüßt hat?«
    »Niemand Besonderes. Was war das eben mit Beckett?«
    »Das war, als ich noch klein war. Mein Vater hat eine Schülerkomödie inszeniert, die ich gesehen habe … ich war noch nicht besonders alt – und damals war das Stück neu. Ich habe das viele Jahre lang immerzu gesagt, weil ich fand, dass es so lustig klingt.«
    »Was?«
    »Nanu-na-na-nanu-na-na – es klingelt!«
    »War das ein geflügeltes Wort?«
    »Ja, das kam mehrmals darin vor.«
    »Hat dein Vater wirklich Beckett als Schülerkomödie inszeniert?«
    »Ja! Oder … vielleicht war es auch gar nicht Beckett, aber es war auf jeden Fall was Absurdes. Und irrsinnig komisch.«
    »Aber wo kann Brandt nur sein?«
    »Bess, wissen sie wirklich überhaupt nicht, wer Halland erschossen hat?«
    »Sie erzählen mir nichts.«
    »Fragst du sie denn?«
    »Nein. Und jetzt will ich zum Waldpavillon.«
    »Bess, wir haben gerade Halland beerdigt. Du kannst jetzt nicht zum Waldpavillon fahren.«
    »Du bringst mich nicht dazu, zu sagen, dass Halland es so gewollt hätte«, sagte ich.
    »Nein, das meine ich doch gar nicht. Es ist eher deinetwegen. Sie hatten damals nicht nur gesellschaftliche Gründe, Regeln für die Trauer aufzustellen.«
    Die Trauer – sollte ich jetzt sagen, dass ich nicht trauerte? Ich hatte zehn Jahre lang um Abby getrauert, obwohl

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