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Das Leben nach dem Happy End

Das Leben nach dem Happy End

Titel: Das Leben nach dem Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Juul
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direkt über meinem, als ich die Augen aufschlug. »Was ist los?«, fragte sie. »Was?«, fragte ich, völlig leer, wo war ich. »Du träumst! Du hast geschrien und mit deinen Armen und Beinen gefuchtelt! Jetzt koche ich erst mal den Kaffee, den ich dir versprochen habe!« Sie ging hinaus. Unter meinem Mund war der Bettüberwurf feucht. Ich wandte mich um und sah zu Hallands Schreibtisch hinüber. Jetzt lagen dort ordentliche Stapel. Ich setzte mich auf. Den Computer sollte ich lieber mitnehmen, Funder wollte ihn ja sehen. Ich verspürte keinerlei Drang herumzuschnüffeln, meine natürliche, gesunde Neugier war im selben Moment erstickt worden, als ich die Schlüssel zu diesem Zimmer gefunden hatte.
    Ich begann, in dem schwarzen Notizbuch zu lesen, das Pernille angeekelt hatte.
    Es ist das Wundervollste. Der wirklich gewordene Traum vom Glück. Es ist unglaublich, es ist kaum zu beschreiben , es ist …
    »Ih!«, sagte ich und legte es beiseite.
    »Ja, ist das nicht ekelhaft!«, sagte Pernille und reichte mir eine Tasse schwarzen Kaffee. Er duftete und machte mich wach. Mit Mühe ließ sie sich neben mir nieder.
    »Was arbeitest du eigentlich, ich wusste gar nicht, dass du dich für Literatur interessierst«, sagte ich.
    »Tu ich auch nicht im Geringsten«, sagte sie und fing dann an zu lachen. »Doch, entschuldige, was erzähle ich denn da. Ich arbeite in einer Buchhandlung, direkt da unten«, sagte sie und deutete an ihrer Schulter vorbei nach hinten, das Lachen stand ihr gut, ich lachte mit. Mir steht es nicht. Meistens halte ich mir beim Lachen die Hand vor den Mund, wenn ich rechtzeitig daran denke. »Aber das kann man ja nicht als Literatur bezeichnen«, sagte sie. Stimmt.
    »Ich hatte geradezu Albträume … Aber ich habe vergessen, was ich träumte. Jetzt habe ich einfach nur dieses Gefühl von Blaubart , dass ich den Schlüssel verloren habe und er voller Blut ist, das sich nicht abwaschen lässt. Ich hasse es herumzuschnüffeln. Aber du hast all diese Sachen geordnet, das ist lieb von dir.«
    Sie zuckte mit den Schultern, nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. »Was ist Blaubart?«, fragte sie dann.
    »Und was Schnittchen sind, weißt du auch nicht«, sagte ich. »Es ist schlecht bestellt um dich.«
    Ihre Nasenflügel weiteten sich. »Du schnüffelst doch nicht. Ist ja nur ein bisschen Papier. Halland wurde ermordet, vielleicht ist es wichtig.«
    Wir saßen eine Weile nebeneinander auf Hallands Bettkante und starrten vor uns hin. »Ich nehme jetzt den Computer mit nach Hause, und Martin Guerre.«
    »Was?«
    »Ihn hier!« Ich zeigte darauf.
    »Das wird schwer von der Wand zu nehmen sein.«
    »Ich will aber!«
    »Du musst auch noch was anderes mitnehmen. Ich hatte es dabei, als ich dich letztes Mal besucht habe, aber da musste ich ja etwas überstürzt wieder abreisen.«
    Vorübergehend hatte ich das alles vergessen, und zwar so vollständig, dass ich es nett von ihr gefunden hatte, mir zu helfen. Jetzt begann es wieder in mir zu rumoren. Die Todesanzeige. Was bildete sie sich nur ein.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Seine Post.«
    Seine Post, dachte ich.
    »Ich weiß nicht, warum, aber er hatte offenbar einen Nachsendeantrag gestellt.«
    »Seit wann?« Jetzt wurde ich erneut wütend.
    Sie erhob sich schwerfällig, ging hinaus und kehrte mit einem Stapel Umschläge zurück, die meisten von ihnen sahen aus wie Rechnungen. Ich legte sie auf meinen Schoß und betrachtete das Nachsendeetikett. Neuer Wohnsitz, permanent, zwei Wochen vor seinem Tod beantragt.
    Ich sah sie an. Sie grätschte die Beine und atmete schwer.
    »Warum hat er das getan?«, fragte ich streng.
    »Ich weiß es nicht. Ich hatte vor, ihn bei seinem nächsten Besuch um eine Erklärung zu bitten.«
    »Wollte er bei dir einziehen?«
    Sie sah mich mit blanken Augen an. »Was soll ich schon antworten«, sagte sie. »Du glaubst doch sowieso nicht, was ich sage.«
    »Und was sagst du?«
    »Ich sage, dass er jedenfalls nicht erwähnte, fest hier einziehen zu wollen, und ich glaube auch nicht, dass er es vorhatte. Aber ich weiß es einfach nicht.«
    Ich ging zum Tisch und betrachtete die Stapel. Ganz oben lag eine alte Fotografie. Als ich die Hand danach ausstreckte, sagte Pernille: »Ja, sieh nur! Ist das nicht ein schönes Bild? Das muss Halland als Kind sein! Und noch dazu mit einem Zicklein!«
    Ich erlaubte mir nicht, es näher zu betrachten, Zicklein , und zerknüllte es in der Hand. »Was tust du denn da?«, schrie sie.
    »Was geht dich das an?«,

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