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Das Leben nach dem Happy End

Das Leben nach dem Happy End

Titel: Das Leben nach dem Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Juul
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Stadt, bald würde ich eine Fußgängerzone finden, ich ahnte sie bereits.
    Wie ein Tourist schlenderte ich diese Fußgängerzone entlang, wo die Läden geschlossen waren und eine Pizzeria geöffnet hatte, mit Tischen im Freien. Ich fragte nach dem Weg zur Station und bereute es, ich hatte Station gesagt, ich fand immer, die Leute guckten merkwürdig, wenn sie das Wort hörten, es hieß Bahnhof, aber sie erklärten mir den Weg. Ich war hungrig, wollte aber lieber nach Hause. Die Wartezeit betrug nur eine Viertelstunde, also ging ich unter der Unterführung durch zum Bahnsteig und stellte mich in die Sonne. Ich war völlig frei, was noch besser war als das Gefühl, das man nach einer gelungenen Arbeit hatte, denn mit Letzterem ging immer die Sorge einher, dass man es noch besser hätte machen können. Jetzt war ich nur leer und leicht und auf dem Weg nach Hause. Mein Handy piepste, ich steckte die Hand in meine Tasche.
    Eine neue Kurzmitteilung, stand dort, und ich drückte auf ›Anzeigen‹. Sie war von Halland.

28
    »Der dritte Brief ohne Absender.
Ich kann nicht antworten.
Er will keine Antwort. Was will er.«
    Die Schönheit des Ehemanns , Anne Carson
    »Funder! Funder, Funder, Funder«, murmelte ich verwirrt und drückte auf die falschen Tasten. Was stand in dieser SMS , und warum war sie plötzlich nicht mehr da? Der Zug fuhr ein, und ich trat unentschlossen auf der Stelle, mit einer vagen Idee, dass die Polizei gerufen werden müsse, aber wo fand ich sie. Ich stieg in den Zug ein und suchte einen Fensterplatz, warf meine Jacke darauf und ging mit dem Telefon auf den Gang. Funder konnte ich gar nicht anrufen, seine Nummer lag zu Hause, und 112 konnte ich auch nicht wählen, denn es war ja nichts passiert. Was stand in der Mitteilung? Ich versuchte, mich zu beruhigen und ruhig ans Werk zu gehen, suchte den Posteingang mit den Mitteilungen, es lag nur eine darin, und tatsächlich, dort stand, dass sie von Halland sei. Ich öffnete sie. Wo bist du? , stand dort. »Nein, nein, nein, nein«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Nicht witzig, nicht witzig!« Einige Soldaten kamen vorbei und einer von ihnen fragte: »Stimmt etwas nicht?« Seine Stimme war so freundlich, dass es kaum auszuhalten war. »Ja«, sagte ich. »Ich meine nein.« Er blieb stehen und sah mich an. Ich schüttelte den Kopf. »Schon okay«, sagte ich. »Okay, okay«, wiederholte ich, als sie weitergingen.
    Die Schaffnerin kam und wollte meine Fahrkarte sehen, ich jonglierte mit der Tasche, der Brieftasche und dem Handy und sagte: »Kann es sein, dass wir keinen Empfang haben? Ich kann nicht telefonieren!« »Das legt sich gleich, in dieser Gegend haben wir immer Probleme«, sagte sie.
    »Ja aber!«, rief ich.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte sie.
    Ich biss mir auf die Zunge, nicht absichtlich, aber es fühlte sich eindeutig wie etwas an, was vermeidbar gewesen wäre. Ich schüttelte den Kopf und blickte in meine Tasche hinein, damit sie mein Gesicht nicht sah, mein Mund schmeckte nach Blut.
    Drinnen auf meinem Platz lag die Jacke, daneben saß ein Mann am Gang und las in einem dicken Krimi, er stand mit umständlichen Bewegungen auf, und ich trat von einem Fuß auf den anderen, als hätte ich es eilig. Auf der anderen Seite des Tisches hatten sich zwei Frauen niedergelassen, mit denen wir unsere Beine verschränken mussten. Ich holte die Zeitung hervor und behielt das Handy in der Hand. Auf dem Hinweg hatte ich nur das Kreuzworträtsel gelöst, jetzt begann ich zu lesen. Wir hatten noch immer dieselbe untaugliche, übermächtige Regierung. Es gab immer mehr vergessene Kriege in Afrika. Der Krieg gegen den Terrorismus hingegen war nicht vergessen. Alles musste überwacht werden, alles ins Licht gezerrt, bald gab es keine Geheimnisse mehr. Bisher hatte ich die Version meiner Geschichte, die in den Zeitungen stand, nicht verfolgt, und ich betrachtete lange das Bild von Halland, bevor ich ihn wirklich erkannte. Ich behielt den Empfang des Handys im Auge. Nichts. Und las von Peter Olsen, die Polizei hatte inzwischen mit ihm gesprochen, und er hatte Halland wohl doch nicht erschossen, denn er hatte ein Alibi für jenen Morgen, an dem er bei seiner Schwester in Kalvehave übernachtet hatte. Erst nach dem Frühstückskaffee um neun war er zurückgefahren, und zu diesem Zeitpunkt war Halland bereits tot. Jetzt untersuchte die Polizei sein Jagdgewehr. Ich blickte hinaus. Die Sonne schien noch immer, doch das Licht wirkte sonderbar, vielleicht war die

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