Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)
angegriffen, ausgeraubt, ihre Frauen mit Pit Bulls eingeschüchtert worden waren. Das hatte sie Bob erzählt, aber sie hatte ihm auch gesagt, dass sie Susan und Zach nach allen Möglichkeiten unterstützen wolle. Bob reckte den Hals und sah sich um, und da stand sie, ganz hinten an der Wand. Kaum wahrnehmbar nickten sie einander zu, wie Leute, die sich schon lange kennen.
Zachary trat in den Zeugenstand.
Diane Dodge schrieb unausgesetzt mit, während Charlie Zach Schritt für Schritt durch seine Geschichte dirigierte: wie er in das Schlachthaus in West Annett gegangen war, in der Hoffnung, sich mit dem Sohn des Besitzers zu befreunden, der zusammen mit ihm bei Walmart gearbeitet hatte; nein, richtig befreundet waren sie zurzeit nicht, nein, aber damals hatte der Junge ihn eingeladen, doch mal vorbeizukommen. Nein, von den BSE -Verordnungen hatte er nicht gehört, ihm war nicht klar gewesen, dass alle Tiere mit Wirbelsäule auf besondere Weise geschlachtet werden mussten und dass man ihre Köpfe als Köder für die Kojoten- oder Bärenjagd benutzte, und was für Tiere in diesem Schlachthaus geschlachtet wurden, hatte er auch nicht gewusst. Den Schweinekopf hatte er mitgenommen, weil er da herumlag, warum, wusste er selbst nicht, nein, nicht gekauft, sein Bekannter hatte ihm den Kopf so mitgegeben, und zu Hause hatte er ihn in die Tiefkühltruhe gelegt, weil er dachte, das wäre vielleicht was für Halloween oder so, und später hatte er ihn mit zu der Moschee genommen, einfach als blöden Gag, aber dass es eine Moschee war, wusste er nicht, nur dass dort somalische Leute aus und ein gingen, und da war ihm das Ding dann aus der Hand gerutscht, was ihm furchtbar leidtat, ganz ehrlich.
Zach sah zerknirscht aus. Er sah erbärmlich und sehr jung aus, als er Charlie das alles so erzählte, wie sie es einstudiert hatten. Charlie sagte, danke vorerst, und setzte sich.
Diane Dodge stand auf. Ein dünner Schweißfilm glänzte auf ihrer Stirn, sie schob sich die Brille auf den Nasenrücken. Mit ihrer hohen Stimme begann sie. Sie sind also einfach eines Tages losgezogen, Mr. Olson, und haben sich einen Schweinekopf beschafft. Sie sind in ein Schlachthaus gegangen, und da lag ein Schweinekopf, und den haben Sie mitgenommen, und jetzt stehen Sie unter Eid vor diesem Gericht und behaupten, Sie wüssten nicht, warum Sie das getan haben?
Zachary sah sie verstört an. Immer wieder leckte er sich die Lippen. »Der hat da rumgelegen«, antwortete er.
Der Richter fragte Zach, ob er ein Glas Wasser wolle.
»Oh. Äh, nein, Sir.«
Sicher nicht?
»Ähm. Okay, Sir. Euer Ehren, Sir. Vielen Dank.«
Er bekam ein Glas Wasser gereicht, und nachdem er einen Schluck getrunken hatte, schien er nicht zu wissen, wohin damit, obwohl der Zeugenstand genug Abstellfläche bot. Aus den Augenwinkeln warf Bob einen Blick auf Susan. Sie schaute unverwandt auf ihren Sohn.
Sie sind also zu dem Schlachthaus eines Freundes gegangen, der kein Freund mehr ist, um sich dort einen Schweinekopf zu beschaffen.
»Nein, Sir. Ma’am. Nein, Ma’am.« Seine Hand zitterte, Wasser schwappte über den Rand, was Zach so zu erschrecken schien, dass er gleich auf seine Hose heruntersah. Charlie Tibbetts erhob sich, nahm Zachary das Glas ab, stellte es rechts von ihm auf die Brüstung und nahm wieder Platz. Der Richter zeigte mit leisem Nicken an, dass es weitergehen konnte.
Sie haben nicht etwa den Kopf eines Schafs oder Lamms, einer Kuh oder einer Ziege genommen. Sie haben einen Schweinekopf genommen. Ist das richtig?
»Es waren keine anderen Köpfe da, wegen dem Rinderwahnsinn, weil man nicht … «
Antworten Sie mit Ja oder Nein. Sie haben einen Schweinekopf genommen, korrekt?
»Ja.«
Aber Sie wissen nicht, warum. Das wollen Sie uns glauben machen?
»Ja, Ma’am.«
Im Ernst. Das sollen wir Ihnen glauben.
Charlie erhob sich. Beeinflussung.
Diane Dodge drehte einen langsamen Kreis und sagte dann: Sie haben ihn in der Tiefkühltruhe Ihrer Mutter aufbewahrt.
»Ja, in der im Keller.«
Wusste Ihre Mutter, dass der Schweinekopf dort war?
Charlie erhob sich. Einspruch, Suggestivfrage.
Zachary musste also nicht erklären, dass seine Mutter die Tiefkühltruhe im Keller nicht mehr benutzte, seit ihr Mann sie vor Jahren verlassen hatte, um in Schweden nach seinen Wurzeln zu suchen, so dass sie für niemanden mehr kochen musste als für dieses magere Kind und deshalb keine zweite Tiefkühltruhe mehr benötigte wie in ihrer Zeit als frischgebackene Ehefrau, mit
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