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Das Leben Zimmer 18 und du

Das Leben Zimmer 18 und du

Titel: Das Leben Zimmer 18 und du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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wie egal es einem echten Mann zu sein scheint, ob er auf einem Bild gut rüberkommt. Ein beinahe schon grimmiger Blick zur Seite, der so gar nichts mit seiner aufgeschlossenen Art gemeinsam hat.
    Trotzdem ist er es. Bastian. Kein Zweifel.
    Freundschaftsanfrage?
    Einen letzten blassen Moment lang zögere ich, bis der Cursor meiner Maus wie von selbst zum Button „Freund hinzufügen“ wandert.
    Ein Herzschlag.
    Zwei.
    Freundschaftsanfrage versendet.

    Kapitel 10 – Hier kommt die Sonne

    15. März 2013, 16.53 Uhr
    Nancy Salchow:
    Lieber Bastian,
    vielleicht erinnerst du dich noch an mich? Ich bin die Frau (Nancy) aus der Depri-Gruppe im Hanse-Klinikum, mit der du dich in den letzten Tagen hin und wieder unterhalten hast. Ich habe eben am Kaffee-Automaten (einer meiner Lieblingsorte ;-)) mit ein paar Leuten von deiner Station erzählt und die haben mir deinen Nachnamen genannt. Ich fänd's schön, wenn man sich nicht komplett aus den Augen verlieren würde, da ich das Gefühl hatte, dass du einer der wenigen bist, der überhaupt eine Ahnung hat, wie es einem wirklich geht, wenn man schlimme Dinge erlebt hat. Und der eben trotzdem den Mut nicht verliert, selbst wenn er ganz unten war. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis, dir zu schreiben. Kurz und gut: hier meine Freundschaftsanfrage. Ich hoffe, es geht dir "da draußen" gut (und auch deinen drei Vierbeinern). Ich bin gestern auf die offene Station hier in der Psychiatrie gewechselt, hoffe aber, auch bald nach Hause zu kommen. Meine "tollste" Therapie heute war Kartenspielen in der Ergo - wenn man vorher nicht depressiv war, wird man es spätestens dann.
    Viele Grüße Nancy

    Regungslos starre ich auf meine Nachricht. Aus der anfänglichen Euphorie werden Zweifel. Ob er sich überrollt fühlt, die Nachricht womöglich als unpassend empfindet? Waren es im Grunde nicht bedeutungslose Gespräche, die ich überbewertet habe? Ist der Wunsch nach Kontakt zu ihm nicht maßlos übertrieben?
    Für einen Moment spiele ich mit dem Gedanken, Hauke anzurufen. Wann immer mich in der Vergangenheit etwas belastete, Hauke wusste immer Rat. Sicher auch in diesem Fall – und wenn es nur wäre, um mir meine Selbstzweifel zu nehmen.
    Doch bevor ich mich in weiteren Grübeleien oder Ideen verlieren kann, unterbricht eine kleine Systemnachricht meine trüben Gedanken.
    Bastian Engermann hat deine Freundschaftsanfrage bestätigt.
    Für einen Augenblick halte ich die Luft an. Neben seinem Namen leuchtet ein kleiner grüner Punkt auf, der mir für den Hauch eines Momentes das Gefühl gibt, mich im selben Raum wie er zu befinden.
    Wie absurd, jetzt nervös zu werden.
    Aber ebenso absurd wäre, es nicht zu sein.
    Oder?
    Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als seine Antwort in meinem Postfach eintrudelt.

    15. März 2013, 17:08 Uhr
    Bastian Engermann:
    es ist alles gut schön von dir zu hören ich hätte es auch von mir aus getan aber ich wusste nicht ob ich dir zu nahetrete weil ich ja weiß wie du dich fühlst aber jetzt bin ich froh dass wir schreiben können es freut mich sehr und meinen wölfen geht es jetzt wieder sehr gut denn der papa ist wieder da

    Lächelnd streift mein Blick seine Zeilen. Mir zu nahetreten? Wie süß! Von einem Moment auf den anderen sind alle Unsicherheiten wie weggefegt. Er erinnert sich. Er erinnert sich sogar gern!
    Die Tatsache, dass er sich nicht mit Nichtigkeiten wie Satzzeichen oder Groß- und Kleinschreibung beschäftigt macht ihn mir umso sympathischer. Womöglich hat ihn meine verhältnismäßig lange Nachricht sogar mehr oder weniger erschlagen?
    Euphorisch ziehe ich das Netbook auf meine Knie und beginne zu überlegen, um schon im nächsten Moment zu erkennen, dass es besser ist, dem Bauch die Regie zu überlassen.
    Wie tanzende Regentropfen fliegen meine Finger über die Tasten. Ohne Grübeln. Ohne Zweifel. Einfach nur er. Einfach nur ich.

    15. März 2013, 17.15 Uhr
    Nancy Salchow:
    Ich freue mich auch, dass wir nun hier verknüpft sind. Nein, damit wärst du mir nicht zu nahegetreten. Du bist einer der wenigen hier (wenn nicht sogar der Einzige), der normal war und bei dem ich das Gefühl hatte, dass er versteht, wie es mir hier geht. Und da ich in meiner neuen Gruppe fast nur mit miesepetrigen Gesichtern zu tun habe, ist es schön, noch Kontakt zu jemandem zu haben, der schon wirklich Schlimmes erlebt hat und trotzdem noch positiv durchs Leben geht. So etwas finde ich schön und es baut mich auch auf nach allem, was ich selbst durchgemacht habe. Ich

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