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Das Leben Zimmer 18 und du

Das Leben Zimmer 18 und du

Titel: Das Leben Zimmer 18 und du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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so ein Kontakt sehr wichtig ist.“
    „Er wird es verstehen müssen“, antworte ich und erkenne im selben Augenblick, dass ich Recht habe. So oft haben David meine Emotionen und meine Bitten nach mehr Beachtung für meine Krankheit überfordert, ist es da nicht mehr als erlaubt, dass ich mir nun selbst zu helfen versuche? Oder ist diese Erklärung nicht doch nur der klägliche Versuch, mein eigenes Gewissen zu beruhigen?
    Andererseits, was ist schon dabei?
    Facebook. Eine Freundschaftsanfrage. Na und?
    „Ich freue mich sehr darüber, dass du mich besuchen willst“, sage ich nach einem kurzen Zögern.
    „Ich mich auch.“ Ich sehe ihn lächeln, ohne ihn zu sehen.
    „Und ganz besonders freue ich mich auf Max“, ergänze ich.
    „Er wird dir gefallen. Jeder liebt Max, wenn er ihn erst mal kennengelernt hat.“
    Nach und nach verliere ich mich in einer scheinbar belanglosen Unterhaltung, die mich umso mehr gefangen nimmt. Auch am Telefon ist er spürbar, dieser ganz besondere Draht zwischen uns. Jedes Wort, das wir wechseln, scheint so unbefangen, so unschuldig – und doch ist da so viel mehr.
    Zum ersten Mal ertappe ich mich dabei, dass ich mich nicht mehr frage, ob ich mir das alles einbilde. Allein die Tatsache, dass er mich sofort angerufen hat, kann einfach kein Zufall sein.
    Gleichzeitig erwische ich mich dabei, ohne Punkt und Komma zu reden. Viel zu viele, viel zu schnelle Worte. Und doch kann ich nicht anders. Die Gewissheit, ihn am anderen Ende der Leitung zu haben, beflügelt mich mehr, als ich es vermutlich zulassen sollte.
    „Bekommst du denn am Sonntag noch anderen Besuch?“, fragt er.
    „Nein.“ Ich überlege kurz. „Das kläre ich. Außerdem sind sie froh, wenn sie mal einen Tag keine Krankenhausluft atmen müssen.“
    Und wer weiß, vielleicht stimmt das ja sogar.
    Mein Gewissen schweigt beharrlich.
    Und warum auch nicht? Es ist nur ein Telefonat. Und solange ich David davon erzähle, hat mein Gewissen auch weiterhin den Anspruch, rein zu sein.
    Richtig?
    „Und du bist dir sicher, dass es für deinen Mann okay ist, wenn ich dich besuche?“
    „Natürlich. Ich habe ihm auch schon erzählt, dass ich gern Kontakt zu dir hätte. Es ist ja auch nichts dabei.“
    „ Wir wissen das.“
    „Siehst du? Und er weiß das auch. Man könnte das wohl als eine Art Zwei-Personen-Depressionsrunde betrachten. Wir beschränken uns eben auf die Patienten, die uns am besten verstehen. Und wenn das nur einer ist, dann …“
    „Dann ist das immer noch besser als gar keiner.“
    „Ganz genau.“ Ich lache. „So kann man das wohl sehen.“

    15. März 2013, 20.46 Uhr
    Nancy Salchow:
    Lieber Bastian,
    noch als Abschluss für heute, weil mir noch eines wichtig ist: Ich möchte nicht, dass du denkst, dass ich nach dir gesucht habe, damit du mein Kummerkasten bist. Du sollst wissen, dass auch du dich bei mir melden kannst, wenn es dir scheiße geht. Ich glaube, dass wir da einander helfen können, wenn es mal dunkle Momente gibt - oder durch den Kontakt auch ein bisschen dafür sorgen können, dass die dunklen Momente nicht wieder kommen.
    So. Nun widme ich mich schöner Musik. Habe auf Facebook gesehen, dass du die Beatles magst. Sehr gute Wahl! Ich war mal eine Zeit lang Sängerin in einer Band, da haben wir viel von ihnen gespielt. Mein Favorit ist "Here Comes The Sun" - das sehe ich immer als positives Zeichen: "Hier kommt die Sonne".
    Viele Grüße aus der Klapse
    Deine Leidensgenossin Nancy

    Kapitel 11 – Ein Streifen Licht

    Es waren nur ein paar Sekunden, die der Moment, in dem ich die Tür öffnete, für sich beanspruchte, trotzdem war dieser eine haltlose Augenblick mächtig genug, um mein gesamtes bisheriges Leben für beendet zu erklären. Ein Augenblick, der ein neues Leben, eine neue Etappe mit so übermächtigem Schmerz einläutete, dass er alles andere in den Schatten stellte.
    Ein schmaler Streifen Licht schob sich durch den Türspalt in das dunkle Zimmer, während ich langsam eintrat. Es war kein ungewohnter Anblick, Josephine an seinem Bett sitzen zu sehen. Das Wissen, dass es das letzte Mal sein würde, war es, das mich lähmte. Sie weinte nicht, zumindest nicht laut, vielmehr war es ein regungs- und lautloses Leiden, das sie allein durch die Berührung seiner kalten Hand zu stillen versuchte.
    Instinktiv ließ ich mich neben ihn aufs Bett fallen und presste meine zitternden Lippen auf seine kühle Wange.
    Mama war auch da. Ja. Damals war sie es noch. Umso schmerzhafter ist die Erkenntnis,

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