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Das Leben Zimmer 18 und du

Das Leben Zimmer 18 und du

Titel: Das Leben Zimmer 18 und du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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dem Motto: Nun macht mal!
    Ich will es nicht akzeptieren. Ich kann es nicht akzeptieren. Er ist mein Kind. Er hatte vor 11 Jahren schon einen schweren Verkehrsunfall und ist dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen. Da kann der Sensenmann jetzt nicht so hinterhältig sein und ihn auf diese Art und Weise zu sich holen. Nein, das lass ich nicht zu. In 50 Jahren vielleicht, aber gewiss nicht jetzt.
    Mitte nächster Woche wird er in die Strahlenklinik nach Rostock verlegt. Da wird die Behandlung fortgeführt. Alles Versuche, die Dinger zum Absterben zu bringen.
    Vielleicht gibt es ja doch noch ein Wunder? Ich glaube daran. Was bleibt mir sonst????
    Viel gepriesener Gott, ich gestehe, ich habe nie an dich geglaubt, aber jetzt hast du die einmalige Gelegenheit, mir zu beweisen, dass es dich doch gibt und dass du mehr Kraft und Macht hast als wir kleinen Menschlein. Bitte zeig es mir. Na los! Bist du der Allmächtige? Wenn du das hier alles zum guten Ende führst, dann schwöre ich dir, werde ich nie wieder an dir zweifeln und die Leute belächeln, die an dich glauben.

    Freitag, 6. August 2010
    Wage gar nicht, meine kleine Freude zu Papier zu bringen. Er macht Fortschritte mit der gelähmten rechten Seite. Kann seine Hand schon wieder bewegen und versucht erste Schritte mit einer Art „Rollator“, nur viel höher.
    Wie sich die Apparatur genau schimpft, muss ich noch erfahren. Eine Gehhilfe. Sie nennen sie jedenfalls spaßig „EVA“.
    Sogar das Bedürfnis, mal zu telefonieren, hat wieder Besitz von ihm ergriffen. Ein Lichtblick. Der große Tumor ist ja entfernt, aber er wird wieder wachsen.
    Nein! Er darf sich nicht mehr ausbreiten. Das ist ein ausdrückliches Verbot.
    Martin ahnt, dass es ganz schlimm enden könnte. Trägt es merkwürdiger Weise mit erstaunlicher Fassung.
    Die Nacht war grausam, der Tag war erträglich durch die Arbeit im Büro. Etwas Ablenkung von den trüben Gedanken.
    Heute Nacht im Halbschlaf hatte ich die aberwitzige Hoffnung, wenn ich aufwache, ist alles gut. Im Gegenteil, ich erwachte IN den Albtraum hinein.

    Samstag, 7. August 2010
    Das Schicksal kann doch nicht so grausam sein, dass es einen Menschen nach einer so schweren OP so hervorragend aussehen lässt, um ihn dann nach Monaten doch zum Sterben zu verurteilen? Ist das Leben so hinterhältig? Weckt wunderbare Hoffnungen, um sie ihm und uns dann doch zu nehmen? Man kann und will es sich nicht vorstellen. Wofür wird er dermaßen hart geprüft? Er ist so ein liebevoller, gutherziger Mensch und hat das Leben doch noch vor sich. Steckt voller Pläne, die er realisieren will.
    Waren ihn heute wieder besuchen. Sind mit ihm mit dem Rollstuhl zum See gefahren. Er hat sich so schön erholt. Kann seinen Kopf wieder bewegen, seine rechte gelähmte Hand funktioniert schon sehr gut. Und schnattert ununterbrochen. Wir haben viel gelacht. Und es war von keiner Seite ein zwanghaftes Lachen, sondern kam aus tiefster Seele. Er hat uns auf seinem Laufgestell ganz stolz gezeigt, wie gut er sich damit fortbewegen kann. Es war ein fröhlicher, heiterer Tag, der von Lachen, Witz und Übermut geprägt war. Soviel positiver Unsinn kam aus ihm. Früher hat das manchmal sehr genervt, heute freuen wir uns darüber. Wie sich die Ansichten doch ändern können. Traurige Gedanken schoben wir alle beiseite. Das heißt, sie kamen gar nicht erst auf. Doch immer wieder klang durch, wie sehr ihm der Ernst der Lage bewusst ist. Ja, und uns sowieso. Aber er will unbedingt noch eine größere Reise unternehmen mit seiner Freundin. Geld genug hat er. Warum also nicht, wenn es seine Gesundheit noch zulässt? Traurige Gedanken schoben wir alle beiseite.
    Uns und ihm ist schon klar, dass es so gut, wie es im Moment, nicht lange gehen wird. Bestrahlung, Chemo – all das wird seinen Körper sehr belasten. Aber nicht jede Chance nutzen? Uns nicht über jeden kleinen Fortschritt hier und heute freuen dürfen? Nein, wir klammern uns an jeden Strohhalm und ist er auch noch so trocken!
    Unsere Tochter meint, unsere Familie wäre eh nicht „normal“ im üblichen Sinne. Und vielleicht passiert deshalb gerade bei ihrem Bruder ein medizinisches Wunder?
    Wird jemand da sein, der unseren Sohn trägt, wenn es ihm so schlecht geht? Ja, wenn es nicht Gott ist, worauf man sich ja nun absolut nicht verlassen kann, werden wir es sein, die ihn tragen. Die ihn auffangen, die für ihn da sind. Die die schwere Zeit, die noch vor ihm liegt, mit ihm teilen. Seinen Schmerz, seine Ängste. Wie

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