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Das Leben Zimmer 18 und du

Das Leben Zimmer 18 und du

Titel: Das Leben Zimmer 18 und du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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Wir schrieben uns zwischen meinen Therapien, über unsere Krankheit, unsere Erfahrungen mit Mitmenschen, die Depressionen nicht verstehen können oder wollen und manchmal auch einfach über herrlich sinnbefreite Belanglosigkeiten. So vertrieb er sich die Zeit im Bett, das er wegen seiner Grippe hüten musste und ich, ich hatte etwas, auf das ich mich umso mehr freuen konnte, wenn ich wieder mal in unmenschlichen Verrenkungen in der Bewegungstherapie gefangen war oder zwischen wortkargen Mitinsassen in der Depressionsrunde saß. Es gab genau einen Stuhl in meinem Zimmer, von dem aus ich ein halbwegs brauchbares Netz für mein Handy bzw. eine Internetverbindung hatte, um mit Bastian zu schreiben – und genau auf diesem Platz saß ich, wann immer er sich meldete.
    Aber ich hatte auch Angst. Angst davor, was passiert, sobald er wieder gesund ist, seinen Job antritt und weniger bis gar keine Zeit mehr haben würde. Er hatte in so kurzer Zeit einen solch hohen Stellenwert in meinem Leben eingenommen, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen konnte, wie es ohne ihn sein würde. Er versicherte mir zwar, dass unser Kontakt auch bestehen bleiben würde, sobald er wieder arbeiten geht, aber da das Ganze für ihn ja nur eine ganz normale Freundschaft war, bestand für ihn natürlich auch nicht so ein Drang, dieses Versprechen tatsächlich auch einzuhalten. Das war zumindest mein Gedanke. Und bei diesem Satz hast du mich auch schon, Hauke, nicht wahr?
    Ja, dir ist natürlich längst klar, dass es für mich eben schon zu dem Zeitpunkt mehr als nur eine ganz normale Freundschaft war …
    Du weißt, dass David und ich schon lange nicht mehr auf einer Wellenlänge sind, dass ich enttäuscht von so vielem bin, das in den letzten Monaten passiert ist, aber trotz allem fühle ich mich für ihn verantwortlich. Ich meine, schließlich sind wir seit vierzehn Jahren zusammen und seit fast fünf Jahren verheiratet. Das ist nichts, was man einfach so wegwischt. Aber die Wahrheit ist, dass ich ihm so oft gesagt habe, wie es in mir aussieht, auch unter Tränen, und nichts davon jemals wirklich bei ihm ankam. Ich möchte dieses Wissen verdrängen und doch holt es mich immer wieder ein. Vielleicht war ich ihm einfach zu anstrengend, mag sein, aber kann das immer die Entschuldigung für alles sein? Ich würde ihn nie betrügen, das war mir immer klar. Und im Grunde spielt es auch kein Rolle, denn zwischen Bastian und mir ist ja nichts, nur eben … aber eins nach dem anderen. Ich will nicht schon wieder vorgreifen.
    Wo war ich?
    Ach ja, meine Angst vor dem Abbruch unseres Kontaktes, denn neben den normalen Nachrichten telefonierten wir auch hin und wieder. Vordergründig waren es Fragen zu Situationen in der Therapie, die ich mit ihm auswerten wollte – und im Prinzip stimmte das auch. Die Wahrheit war aber, dass es mir vor allem darum ging, seine Stimme zu hören, seine Meinung zu erfahren, einfach zu wissen, wie es ihm geht. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon längst verdrängt, dass er ganze 18 Jahre älter als ich ist. Er ist einfach nicht wie andere in seinem Alter, im Gegenteil, sogar sehr viel jünger in der Art und Weise, wie er das Leben lebt, gleichzeitig aber auch mit einer solch emotionalen Intelligenz ausgestattet (da ist er wieder, unser Lieblingsbegriff ;-)), die mich von Anfang an beeindruckt hat.
    Umso glücklicher war ich, als er mit anbot, gemeinsam mit mir Joggen zu gehen, nachdem ich ihm erzählt hatte, dass ich unbedingt etwas abnehmen wollte, mich vor allem aber (wegen der Krankheit) viel mehr an der frischen Luft bewegen wollte. Bastian ist Trainer einer Fußballmannschaft und kennt sich damit aus, andere zu motivieren. Außerdem ist er im Gegensatz zu mir unheimlich sportlich. Da passte es ganz gut, dass ich ohnehin auf den Rat der Ärzte hören und mehr für meine Gesundheit tun wollte.
    Das mit dem Joggen wollten wir dann dauerhaft anpacken, ich erzählte sogar David davon. Anfangs fand er das Ganze zwar schon seltsam, aber er glaubte mir auch, dass er sich keine Sorgen machen muss. Ich meine, ich wusste ja auch von Anfang an, dass ich David nicht mit Bastian betrügen würde. Mir war zwar klar, dass ich mich instinktiv darum bemühte, in Bastians Nähe zu sein bzw. Kontakt mit ihm zu haben, gleichzeitig wusste ich aber auch, dass ich es einfach auch deshalb tat, weil es MIR guttat. Weil es sich richtig anfühlte. In jeder Hinsicht. Und weil ich davon überzeugt war, dass es für David keinen Grund zur Sorge gab. Und wer

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