Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben Zimmer 18 und du

Das Leben Zimmer 18 und du

Titel: Das Leben Zimmer 18 und du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
Vom Netzwerk:
riesigen Gummiball zwischen meinen gespreizten Beinen in die Luft halte.
    „So, und jetzt den Ball gaaaaanz langsam wieder zu Boden lassen.“ Die Therapeutin steht mit vor der Brust verschränkten Armen neben der Tür und betrachtet die hechelnden Patienten auf den Sportmatten vor sich. „Prima. Und jetzt – Ausatmen und entspannen.“
    Entspannen. Aber sicher doch. Nichts könnte entspannender sein als der aussichtslose Kampf mit einem überdimensionalen Gummiball.
    Was ist nur los mit ihm? Habe ich mich so in der Intensität unseres Gesprächs getäuscht? Habe ich seine Offenheit falsch gedeutet und bin mit meinen Worten über den Todestag seiner Frau womöglich zu weit gegangen? Aber er selbst war es doch, der davon angefangen hat.
    Oder?
    „Alle entspannt? Super. Dann geht es jetzt weiter mit der nächsten Übung. Winkeln Sie Ihre Beine an – ja, genau so - und legen Sie sie auf den Ball. Schauen Sie, wie Teresa es macht.“
    Es ist nichts geschehen. Gar nichts. Wir haben nur geredet. Wie Freunde. Also gibt es weder einen Grund, enttäuscht zu sein, noch den Anlass für ein schlechtes Gewissen. Es ist, wie es ist.
    „Und jetzt für mindestens eine Minute in dieser Position verharren.“
    In dieser Position verharren. Sicher. Wenn dieser Gedanke nur für alle Lebenslagen umsetzbar wäre. So leicht. So bedingungslos. Stattdessen erwische ich mich immer wieder bei der Frage, welche Position genau eigentlich meine ist. Was erhoffe ich mir von dem Kontakt zu Bastian? Und warum beschäftigt er mich derart beständig? Immer wieder. Immer noch.
    David. Sollte es mich beruhigen oder enttäuschen, dass er die Veränderung meines Verhaltens noch immer nicht bemerkt hat?
    Die Wahrheit ist vermutlich, dass er sich das Recht auf meine Enttäuschung verspielt hat. Enttäuschungen verblassen, wenn die Erwartungen verschwinden. Aber warum? Er hat es doch niemals böse gemeint, wenn er mich und meinen Zustand ignorierte. Vermutlich wusste er sich nur einfach nicht anders zu helfen.
    Ist es nicht eher so, dass er so ist, wie er immer war und ich erst jetzt merke, dass ich ein Problem damit habe? Weil ich schwach bin? Weil ich mich nach Verständnis sehne?
    Nein. Genug gegrübelt. Genug gezweifelt. Zumindest für diesen Moment.
    „So. Und jetzt schieben Sie den Ball zur Seite und entspannen Sie Ihre Beine.“ Sie betrachtet uns wie eine Lehrerin ihre Erstklässler. „Das machen Sie toll. Ganz toll!“

    *

    Statusmeldung, 18. März 2013

    Danke all denen, die mir mit ihren Nachrichten und einfach mit ihrem Dasein gerade ein bisschen Normalität zurückgeben. Ich nehme mir zwar gerade Abstand von vielem, aber ich merke auch, dass eure Nachrichten auf Facebook oder auch der Kontakt auf anderem Wege, zwischendurch wichtig für mich sind, damit die Welt da draußen nicht in Vergessenheit gerät. Danke für eure Nachrichten, auch wenn ich gerade nicht auf alle antworte.

    *

    Statusmeldung, 20. März 2013

    Liebe Freunde, auch heute früh wage ich einen Blick in die echte Welt und möchte euch von einem kleinen Erfolg berichten: In der Therapiegruppe hier in der Klinik werden wir zum Anfang jeder Woche gebeten, uns ein Wochenziel zu setzen und meines war, wenigstens ein bisschen an meinem Manuskript zu arbeiten. Natürlich will und werde ich mein altes tägliches Seiten-Pensum auch in Zukunft nicht erreichen, aber ich habe es tatsächlich geschafft, gestern drei Seiten zu schreiben. Ein kleiner und doch für mich so großer Erfolg. Zu viel Arbeit tut nicht gut, das weiß ich ja inzwischen, aber wenn ich gar nicht schreibe, fehlt mir ein wichtiger Bestandteil meines Lebens - und den habe ich mir gestern zumindest zeitweise zurückgeholt. Große Erleichterung.

    Kapitel 12 – Schicksal

    6. April 2013

    Lieber Hauke,
    es tut mir so leid, dass ich mich erst jetzt wieder bei dir melde. Unsere Freundschaft ist mir nach wie vor unheimlich wichtig und ich vermisse unsere Telefonate und Mails sehr. Aber seit unserem letzten Telefonat, das wir geführt haben, als ich noch in der Klinik war, hatte ich einfach keine Minute den Kopf frei, um dir zu schreiben. Denn eines wusste ich: WENN ich dir schreibe, will ich dir auch ALLES schreiben. Sicher hast du dich gefragt, was es in Sachen Bastian Neues gibt, aber die Wahrheit ist, dass diese Frage gar nicht so leicht zu beantworten ist.
    Ach, Hauke, es hat sich einfach so unendlich viel getan, dass ich gar nicht gewusst hätte, wo ich anfangen soll. Im Grunde weiß ich immer noch nicht, wo ich

Weitere Kostenlose Bücher