Das Leben Zimmer 18 und du
wenn ich erst mal Schluss mache. Ich habe dich schon genug verwirrt. Und mich selbst dabei irgendwie auch.
Ich hoffe, dass es dir gut geht und dass wir bei unserem nächsten Telefonat halbwegs normal miteinander reden können – trotz der Dinge, die ich dir heute anvertraut habe.
Bitte entschuldige die Verwirrung. Ich mache es wieder gut … versprochen!
Alles Liebe
Nancy
Kapitel 13 – Kein Grund zur Sorge
Bastian Engermann. Wie gebannt starre ich auf den so vertraut gewordenen Namen, um das Aufleuchten des grünen Punkts nicht zu verpassen.
Seit meiner E-Mail an Hauke habe ich das Netbook nicht mehr aus den Händen gelegt, falle von einer emotionalen Ohnmacht in die nächste.
„Lass uns heute Abend wieder chatten“, hat Bastian nach unserem Spaziergang gesagt.
„Klar“, hab ich geantwortet.
Aber so klar, wie ich die Dinge gern hätte, sind sie schon lange nicht mehr. Mein Kopf fühlt sich an, als läge er in einem Schraubstock. Jeder Atemzug fällt schwer.
Bin ich wirklich bereit für einen Schritt wie diesen? Und wenn nicht, bin ich bereit, die Tatsache zu ignorieren, dass der Schritt unumgänglich ist? Eins ist mir klar: Ein Leben ohne Bastian ist unvorstellbar geworden, gleichzeitig werde ich dieses Geheimnis aber auch nicht mehr lange für mich behalten können.
Mein Herz schlägt mit meinen Emotionen um sich.
David sitzt unten im Wohnzimmer und sieht fern. Keine ungewöhnliche Situation, auch früher habe ich mich meist nach oben zurückgezogen, um zu schreiben, während er unten ferngeschaut hat. Dass diesmal alles anders ist, ahnt er nicht. Wie auch?
Ich muss es Bastian sagen. Ich fühle, dass ich es ihm sagen muss. Aber wie soll ich das anstellen? Schreiben? Einfach so?
Der grüne Punkt. Endlich.
6. April 2013, 19.48 Uhr
Bastian Engermann:
hallo schatz wie geht es dir gut nach hause gekommen
Schatz. Auch so ein Wort, das er in letzter Zeit gern benutzt. Nur ein Kosename unter Freunden, wie ich vermute und doch sorgt es jedes Mal für ein kurzes Aufleuchten in meinen Augen.
6. April 2013, 19.50 Uhr
Nancy Salchow:
Hallo. Ja, bin gut nach Hause gekommen.
Eine Nachricht, die nicht untypischer für mich sein könnte. Für gewöhnlich beginne ich immer mit mehreren Zeilen, Fragen oder ein paar fröhlichen Smileys. Diesmal jedoch fehlt mir die innere Ruhe für das Vortäuschen falscher Tatsachen. Ich bin viel zu aufgewühlt, viel zu weit neben der Spur, um ihm etwas vorzuspielen. Vielleicht, weil ich längst entschieden habe, es ihm zu sagen? Weil ich längst weiß, dass ich es ihm sagen muss ?
6. April 2013, 19.53 Uhr
Bastian Engermann:
alles okay bei dir du bist so still
6. April 2013, 19.54 Uhr
Nancy Salchow:
Schwer zu sagen. Bist du allein?
6. April 2013, 19.56 Uhr
Bastian Engermann:
natürlich wer soll denn hier sein muss ich mir sorgen um dich machen
6. April 2013, 19.58 Uhr
Nancy Salchow:
Nein, es ist alles gut. Ich muss nur mit dir reden – und ich glaube, das geht am Telefon besser. Kann ich kurz durchklingeln?
6. April 2013, 19.59 Uhr
Bastian Engermann:
natürlich jederzeit das weißt du doch
Ich schiebe das Netbook zur Seite und greife nach meinem Handy. Mit angewinkelten Knien sitze ich auf meinem Bett und starre auf das Display, das mir geradezu erwartungsvoll seinen Namen präsentiert: Bastian.
Mein Daumen wandert zum kleinen grünen Telefonhörer, um dann doch im letzten Moment zu zögern.
Bin ich wirklich stark genug? Kann ich das wirklich schaffen? Hier? Jetzt?
Zweifelnd halte ich den Atmen an, in der Hoffnung, meine Gedanken wenigstens für einen Moment abzuschalten und mache schließlich den allesentscheidenden Klick.
Als ich seine Stimme am anderen Ende der Leitung höre, gerate ich unweigerlich ins Stocken, noch bevor ich etwas sagen kann.
„Alles okay?“, fragt er besorgt. „Warum sagst du denn nichts?“
„Ich … ich weiß nicht, wie …“
Wieder Schweigen.
„Nancy?“
„Ja.“
„Ist alles in Ordnung? Kann ich dir helfen?“
„Nein. Ich meine, ja. Aber es ist … ich weiß nicht, wie …“
„Du wiederholst dich.“
„Ich weiß. Bitte sag du etwas.“
„Hab ich doch grad.“
„Nein, ich meine“, ich suche nach den richtigen Worten, „erzähl mir etwas. Irgendetwas. Ganz egal was. Ich brauche etwas Zeit, um den Mut zu finden, das zu sagen, was ich sagen will.“
„Irgendetwas? Hm.“ Er überlegt kurz. „Na ja, ich war vorhin noch mal bei den Wölfen unten. Und es geht ihnen ausgezeichnet. Mary ist
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