Das Leben Zimmer 18 und du
jetzt?“, fragt Bastian.
„Ich fahre gerade an der Gärtnerei vorbei.“
„Dann dauert es ja nicht mehr lang.“
„Oh Bastian, ich weiß nicht, was ich tun soll. Wie soll ich das alles nur durchstehen?“ Meine Hände umklammern das Lenkrad, während Enrique Iglesias im Radio wehleidig den Heldenstatus besingt. „Ich kann ihn nicht verlassen!“
„Und das wirst du auch nicht.“ Seine Stimme wirkt ruhig und gefestigt. „Wir werden das schon wieder hinbekommen, keine Angst. Und noch ist doch gar nichts geschehen, also kein Grund zur Sorge.“
Kein Grund zur Sorge.
Ja. Kein Grund zur Sorge.
*
Er öffnet die Tür, als wäre es das Normalste auf der Welt. Sein Blick strahlt eine Ausgeglichenheit aus, die mein Herz augenblicklich ruhiger schlagen lässt. Nur das Zittern will einfach nicht aufhören.
„Komm erst mal rein“, sagt er ruhig, während er die Tür hinter mir schließt.
Ich streife meine Schuhe ab und stürme im Mantel ins Wohnzimmer, wo ich mich wie fröstelnd aufs Sofa fallen lasse.
Bastian setzt sich direkt neben mich und greift nach meinen zitternden Händen, um sie sofort mit seinen zu umschließen. Eine simple Geste, die mich rührt.
Ich schaue auf, bis unsere Blicke einander festhalten.
Haltlos verliere ich mich in seinen Augen. Da ist es wieder, das tiefe Eisblau, das jeden Widerstand zwecklos macht. Ob er sich dieser Wirkung bewusst ist? Er macht nicht den Eindruck, sich überhaupt irgendeiner Wirkung bewusst zu sein.
Seine Hände umklammern meine ein wenig fester.
„Ganz ruhig“, sagt er leise. „Es ist alles gut.“
Und plötzlich ist alles wie weggeblasen. Jede Angst, jeder Zweifel. Für den Bruchteil einer Sekunde gibt es nur ihn und mich und die Antwort auf die Frage, wie es soweit kommen konnte. Hier und jetzt weiß ich, warum ich keine Wahl hatte. Warum jeder Funken Verstand dazu bestimmt ist, von den Wellen meiner Gefühle erstickt zu werden.
Er ist die Antwort.
Nur er.
Und mehr gibt es in diesem Moment nicht zu wissen.
Doch meine Angst ist unermüdlich.
Wieder atme ich ein.
Aus.
Ein.
Aus.
„Nein“, rufe ich, während ich mich aus seiner Berührung löse und aufspringe. „Ich kann das alles nicht tun. Ich kann ihn nicht hintergehen.“
„Aber das tust du doch gar nicht! Wir sitzen nur auf diesem Sofa. Nicht mehr und nicht weniger.“
„Ich meine ja auch nicht das .“ Ruhelos lasse ich mich wieder aufs Sofa fallen. „Ich meine allein die Tatsache, dass ich einem anderen Mann meine Liebe gestehe. Allein das ist doch schon Verrat. Ich hintergehe ihn.“
„Nein, das tust du nicht.“ Bastian setzt sich erneut neben mich und legt den Arm um meine Schulter. „Du bist durcheinander, das ist alles. Und wie ich schon sagte, vielleicht merkst du in ein paar Tagen schon, dass die Gefühle für mich doch nicht so stark sind, wie du angenommen hast. Schon allein deshalb brauchst du dir keine Schuldgefühle einzureden, denn es ist nichts, absolut nichts zwischen uns geschehen.“
„Körperlich vielleicht nicht“, antworte ich mit zitternder Stimme.
„Du hast ihn nicht betrogen.“ Er zieht die Worte lang wie ein Mantra. „Das darfst du nicht vergessen.“
„Nein, aber …“
„Es gibt kein Aber“, fällt er mir ins Wort. „Und genau deshalb kannst du dich auch vollkommen fallen lassen und langsam ruhiger werden. Du zitterst ja wie Espenlaub.“
Seine Hand auf meinem Oberarm ist warm und schützend.
In diesem Moment weiß ich, dass mir nichts geschehen kann.
„Ich habe ihm vorhin beim Aussteigen noch kurz angerufen“, sage ich.
„Und?“
„Er war nicht mal besorgt, als ich ihm von meiner Panikattacke erzählt habe.“
„Vielleicht weil er den wahren Grund ahnt?“
„Nein, das hätte ich gemerkt“, antworte ich mit gesenktem Blick. „Er weiß, dass ich bei dir bin, weil du dich am besten mit diesen Attacken auskennst. Dass das so konkret nicht stimmt, weiß er zwar nicht, aber …“, ich stocke. „Wir sollten nicht über ihn reden.“
„Du hast recht, das sollten wir nicht.“
Bastian rückt ein Stück zur Seite, bis er mir direkt in die Augen schauen kann. Behutsam sucht er nach den richtigen Worten.
„Weißt du, Nancy“, beginnt er schließlich, „ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich mich nicht gefreut habe, als du mir gestanden hast, was du empfindest. Du bist eine tolle und so wunderschöne Frau.“
Ein vorsichtiges Lächeln kämpft sich auf meine zitternden Lippen.
„Aber ich möchte, dass du
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