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Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Hand.
    „Nee, das ist ‘ne Plakette. Mit
noch allerhand dran. Nachher, bei Licht, werde ich’s mir ansehen.“
    Er steckte es ein. Gemeinsam
machten sich die drei auf den Rückweg.
    Als sie das Gasthaus erreicht
hatten, setzten sie sich unter den Baum, an den sie ihre Räder gekettet hatten.
    Im Gasthaus war Hochbetrieb.
Die Zelter, die bei Tagesgrauen weitersuchen wollten, versorgten sich jetzt mit
Bier oder Wein. Laute Stimmen drangen durch die geöffneten Fenster in die
Nacht. Ein paar Männer, die schon über den Durst getrunken hatten, malten sich
aus, was sie mit dem Finderlohn machen würden.
    Einige Zeit später tauchte
Gröbl auf. Er hinkte und stützte sich auf sein Gewehr wie auf einen Krückstock.
    Er verschwand hinterm Gasthaus,
wo immer noch zwei Polizeifahrzeuge standen. Schließlich kam er mit drei
Uniformierten zurück. Sie hatten Handscheinwerfer. Offenbar wollte man jetzt
das Reh holen. Der Ton, in dem die Beamten mit Gröbl redeten, war nicht sehr
freundlich. Sie mißbilligten seinen erfolglosen Alleingang.
    Grinsend beobachteten das die
drei Freunde. Dann schwangen sie sich auf ihre Drahtesel und fuhren zur Stadt
zurück.

6. Der verräterische
Schlüsselanhänger
     
    Klößchens Bude im Elternhaus
war ein Prachtzimmer: Groß, mit zwei Fenstern zum Garten, ausstaffiert mit
schicken Möbeln im Kajütstil, und die Schränke und Fächer voll mit nützlichem
und nutzlosem Kram. Auch Bücher standen massenhaft in den Regalen. Klößchen
hatte noch längst nicht alle gelesen. Außerdem las er immer wieder dieselben.
    Unterm Fenster war ein zweites
Bett aufgeschlagen — für Tarzan. Beide Nachttischlampen brannten. Freilich —
Tarzans Lampe stand auf einem Hocker. Aber wen störte das!
    Die Köchin hatte für beide
Jungs gesorgt.
    Als sie vor einer Viertelstunde
verstohlen heimgekommen waren, hatten sie Betthupferl auf dem Kopfkissen
vorgefunden. Für Tarzan eine Schale mit Obst. Für Klößchen einen Querschnitt
durch das Programm der berühmten Sauerlich-Schokoladen. Verkauft wurden sie
allerdings unter appetitlichen Phantasienamen. Denn Sauerlich und Schokolade —
das paßt nicht zusammen.
    Tarzan lag bereits im Bett, biß
krachend in einen Treibhausapfel und dachte über den Wilddieb nach.
    Warum macht jemand sowas? Ist
es Leidenschaft, wie es ja auch Jagdleidenschaft gibt? Eine verkorkste Form von
Abenteuerlust? Oder ist ein Wilddieb nur ein schäbiger Fleischjäger? Ein
Selbstversorger mit nächtlichem Freizeithobby?
    Klößchen hatte seinen braunen
Pyjama an, den er gern trug, weil Schokoladenflecken darauf nicht auffielen. Er
saß auf der Bettkante und durchwühlte die Taschen seiner Jeans.
    „Herrjeh, wo habe ich’s denn?“
    „Was suchst du?“ fragte Tarzan.
    „Die Plakette.“
    „Was?“
    „Das Ding, das ich im Moor
gefunden habe. Da ist es.“
    Er hielt hoch, was er im Dunkel
der Nacht für eine Plakette gehalten hatte.
    Es war eine Silbermünze, größer
als ein Fünfmarkstück und bedeutend schwerer. Ein kurzes Kettchen hing als
Schlinge daran. Man konnte es loshaken und Schlüssel auf die Kette reihen. Es
war ein Schlüsselanhänger. Zwei blitzblanke Sicherheitsschlüssel hingen daran.

    Tarzans Augen wurden schmal.
„Gib mal her!“
    Klößchen warf es ihm zu. „Da
hat jemand seinen Schlüsselanhänger verloren. Fünf Mark wären mir lieber.“
    Tarzan starrte darauf. „Mensch,
Willi!“ flüsterte er. „Du Glückspilz! Das ist vielleicht ein Ding!“
    „Was?“
    „Du hast das Rätsel gelöst!“
    „Ach? Und der einzige, der
nichts davon weiß, bin ich.“
    „Weißt du, wem das gehört?
Funke! Dem Kräutersammler! An seinem Gürtel habe ich’s gesehen.“
    „Na, und?“
    „Ja, begreifst du denn nicht?“
    „Funke hat seinen
Schlüsselanhänger verloren. Das begreife ich.“
    „Aber er ist der Wilddieb!“
    „Wieso?“
    „Willi! Nun zähl’ mal bis drei!
Ich kannte Funke nicht, habe ihn vorher nie gesehen. Wann also kann ich dieses
Ding bei ihm bemerkt haben. Nur heute! Da war’s später Nachmittag. Da hatte
er’s noch. Da kam er bereits vom Kräutersammeln, denn sein Rucksack war voll.
Außerdem machte er Feierabend, trank Bier, ruhte aus. Garantiert ist der nicht
noch mal bis zu unserer Baumgruppe gelatscht. Was ergibt sich daraus? Verloren
hat er’s vorhin. Gleichsam vor unseren Augen. Nur sehen konnten wir nichts,
weil’s zu dunkel war. Der Kräutersammler Funke, Willi, ist der Wilddieb. Als er
mit dem gewaltigen Sprung aus dem Lichtschein hechtete,

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