Das leere Grab
Rädern gemeine Fallen. Ein Schlagloch folgte auf das andere, sie wurden ständig durchgerüttelt, schlimmer als beim heftigsten Erdbeben, das Justus je erlebt hatte – und er hatte inKalifornien schon viele erlebt.
»Das ist keine Straße«, wiederholte er leise, während er sich angestrengt auf die vor ihm liegende Wildnis konzentrierte. »Das ist keine Straße.« Ein umgestürzter Baum hing bedrohlich dicht über dem Auto, doch es reichte noch, um darunter durch zu fahren. Dahinter tauchte plötzlich ein flacher Flusslauf auf. Der Bach, vermutlich ein Seitenarm des Río Caroní, kreuzte ihren Weg. Justus trat auf die Bremse. »Das ist keine Straße«, brüllte er, »das ist ein Abenteuerspielplatz! Bin ich hier in einer Zigarettenwerbung, oder was?«
J.J. lächelte. »Ich kann mich nur wiederholen: Ruhe bewahren. Wir haben keine Wahl, wenn wir nach Suerte wollen.«
Justus grinste gequält. »Na schön.« Während er Gas gab, betete er zu sämtlichen Urwaldgöttern, das Wasser möge wirklich so flach sein, wie es aussah. Die Räder verschwanden sofort in der braunen Brühe und Wasser sickerte durch den Türspalt ins Innere des Wagens. Doch nach wenigen Metern hatten sie es geschafft: Das Auto rollte das andere Ufer empor. »Den Göttern sei Dank!«
Einige hundert Meter weiter hatten sie weniger Glück: Der Jeep holperte über eine hohe Wurzel und die Vorderräder stürzten in ein tiefes, schlammiges Erdloch. Sie steckten fest. Justus gab langsam Gas, doch hier nutzte ihm der Allradantrieb nichts: Die Vorderräder rührten sich nicht, und die Hinterräder gruben sich langsam immer tiefer in den Morast. »Und was jetzt?«
J.J. hob beruhigend die Hand. »Ich sehe mir das mal an.« Er stieg aus und kletterte vorsichtig um das Auto herum. Doch schon nach wenigen Augenblicken kam er zurück.
»Wie sieht’s aus?«
»Hoffnungslos. Wir müssten den Wagen anheben, um ihn zu befreien, und das schaffen wir nie zu zweit. Versuch es noch mal mit dem Antrieb.«
Diesmal gab Justus Vollgas, erreicht jedoch außer einem schrillen Aufheulen des Motors gar nichts. Sie stiegen beide aus und begannen die Vorderräder mit den Händen freizuschaufeln. Aber je mehr Erde sie wegschafften, desto tiefer rutschte der Jeep. Justus war am ganzen Körper schlammverschmiert und der Schweiß drang ihm aus allen Poren. Erschöpft lehnte er sich an die heiße Motorhaube. Dann schlug er wütend auf sie ein. »Das ist keine Straße!«, schrie er und irgendwo flogen ein paar Vögel erschrocken auf.
Plötzlich bemerkte er, wie laut es um ihn herum war. Der Urwald war voller Leben: Vögel und andere Lebewesen gaben unheimliche Laute von sich. Er sah sich um. Überall schien es zu rascheln und zu huschen. Ganz in seiner Nähe wand sich eine kleine grüne Schlange um einen Ast und starrte zu ihm herunter.
»Nur keine Panik«, sagte J.J., der Justus’ ängstlichen Blick bemerkt hatte. »Die ist nicht giftig.«
»Könnten wir uns trotzdem wieder in den Wagen setzen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, kletterte Justus zurück hinter das Lenkrad. Jason folgte ihm. »Was machen wir jetzt?«, fragte der Erste Detektiv niedergeschlagen. »Wir sind mitten im tropischen Regenwald gestrandet, verschollen in der Wildnis. Wir sind schon über zwanzig Meilen von Canaima entfernt. Zu Fuß würden wir einen ganzen Tag brauchen, um zurückzukehren. Und es wird in wenigen Stunden dunkel. Wir können es unmöglich riskieren, in der Nacht zu wandern. Schon gar nicht, wenn wir von einer ganzen Schar giftiger Schlangen, Spinnen und Skorpione umgeben sind. Ganz abgesehen davon, dass ich mir Lustigeres vorstellen kann, als nachts durch den Urwald zu laufen. Ist hier in der Nähe vielleicht eine Siedlung?«
J.J. warf einen Blick auf die Karte und schüttelte den Kopf. Seine Gelassenheit war verschwunden.
»Und was macht ein erfahrener Südamerika-Reisender wie du in solchen Situationen?«
Jason grinste schief. »Verzweifeln?«
Begegnung im Dschungel
»Wir haben den ganzen Nachmittag bei Mr Hitfield verbracht«, resümierte Peter, »aber genutzt hat es nichts. Was schlägst du jetzt vor?«
Bob zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ich hatte eigentlich gehofft, dass er uns weitere Informationen geben könnte. Aber das war wohl ein Fehlschlag. Na ja, immerhin haben wir jetzt Abzüge der Fotos von Mrs Jonas.«
»Ob wir die Onkel Titus zeigen sollten?«, fragte Peter. »Er kann sich an sie sicher besser erinnern als Justus.«
Bob runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht.
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