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Das leere Land

Das leere Land

Titel: Das leere Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kohl
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sich alles in ihrem Kopf, das dreckige Zimmer, das Matratzenlager, die feuchten Decken, und dann würd ihr der eine die Hose und die Unterhose hinunterziehen und der andere würd ihr Gin über die Fotze schütten, einen richtig großen kräftigen Schluck aus der Flasche, und dann leckt der eine den Gin weg und dann der andere, und dann stecken sie ihre stinkigen Schwänze hinein. Kannst du dir so was vorstellen?
    Nein, sagte ich leise.
    Und dann stell dir vor, die geht zur Polizei. Was denkst du, dass passiert?
    Die würden sich die Typen holen.
    Genau. Und dann?
    Dann würden die bestraft.
    Du hast keine Ahnung, sagte sie. Bei der Polizei würden sie nur lachen, weil sie der nicht glauben. Bei dieser Vorgeschichte! Solche wie dich kennen wir, würde der fette Polizist zischen, mit seinem Mund so nahe an ihrem Ohr, dass sie beinahe kotzen muss von seinem Thunfischdosen- und Zigaretten-Mundgeruch. Dann würde es einen halben Tag dauern, bis endlich eine Beamtin aufzutreiben wäre, bei der sie ihre Aussage machen kann. Und bei Gericht wäre sie die Angeschissene.
    Glaub ich nicht.
    Ist aber so. Die Richterin würde nur wissen wollen, wer den blauen Fleck gemacht hat auf dem Arm von der. Das ist nicht von den zwei Dreckskerlen, würde die sagen, das ist von meinem Freund, wir haben herumgebalgt, und auf einmal ist er kurz wütend geworden, manchmal rastet mein Freund einfach aus, tut ihm gleich leid, ich liebe dich doch, sagt er dann und küsst die Stelle, ist wieder gut, oder? Schon gut, ja, es ist wieder gut. Die würde natürlich nicht sagen, wie das war mit dem Fleck, sie will doch ihren Freund nicht mit hineinziehen, liebt ihn doch, hat ihn zumindest damals geliebt.
    Du hast einen Freund?
    Die Richterin würde die anschreien. Dass ihre Glaubwürdigkeit insgesamt doch eine sehr fragwürdige ist, würde sie brüllen. Und die könnte noch so sehr stottern und stammeln wie so ein kleines liebes Mädchen, dass das mit den zwei Arschlöchern doch Monate her ist, während der blaue Fleck ganz frisch ist, und dass das alles dem Gericht doch egal sein kann. Die Glaubwürdigkeit!, würde die Richterin bellen. Aber die würde trotzdem nichts sagen. Da würde die Richterin einen Strafantrag gegen die stellen. Und den zwei Typen würde nichts passieren. War keine Vergewaltigung, würde die Richterin sagen. Ich war nicht glaubwürdig. Jetzt habe ich selbst die Verhandlung, in vier Wochen.
    Möchtest du reden darüber, wollte ich sagen, es kam mir so vertrottelt vor, dass ich schwieg.
    Macht dich das geil, wenn du dir vorstellst, wie man Schnaps weg leckt da unten?, fragte sie. Fragst du dich, wie sich das anfühlt? Ob da Haare sind? Oder alles schön glatt und rosig?
    Da sind Haare, dachte ich. In das Handy sagte ich, armes armes Kind, begann zu stottern, nie würde ich das tun, was du anscheinend denkst, dass ich würde, und dann fragte ich, wie ich ihr helfen könne. Hol mich ab, sagte sie, ich brauche einen Platz zum Schlafen. Ob es in Ordnung sei, wenn sie wieder im Auto, fragte ich, klar, sagte sie. Dann schwiegen wir. Du hast nicht viel Schönes erlebt, oder?, fragte ich nach einer Weile.
    Doch, sagte sie. Ganz klein als ich noch war, da war es schön. Ich hatte dieses Vieh aus Plastik und Plüsch, das von einem lernte. Wenn du in die Hände klatschst, wird das Vieh wach, schlägt die Augen auf, beginnt zu plappern. Ich redete mit ihm, und das Vieh merkte sich meine Wörter und benutzte sie beim nächsten Mal. Hat nicht eigentlich geantwortet, aber hat mir zugehört, hat das aufgenommen, was ich sagte, war ihm wichtig, das hat es sich gemerkt.
    Schön, sagte ich.
    Die Mara von Stiege vier hatte auch so ein Vieh. Manchmal stellten wir sie einander gegenüber, ich oder Mara klatschte in die Hände, die Viecher wurden wach, ich oder die Mara sagte ein Wort, die Viecher begannen zu plappern, wenn der eine was sagte, antwortete der andere und merkte sich das vom anderen, und dann der andere das gleiche, so ging das hin und her. Wenn wir sie nicht stoppten, plapperten sie, bis die Batterien leer waren, immer schneller und hektischer. Maras Vieh wollte meines überbrüllen und meines das von Mara. Wir sind dagesessen und brauchten nichts zu sagen, haben ja die Viecher miteinander geredet.

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    Ich habe ein klein wenig den Eindruck, wenn ich ihre Arbeitsproben so durchlese, dass Sie ein Problem mit Helden haben, sagte der Sprecher meiner Auftraggeber. Als würden Sie sie gerne von ihren Podesten schmeißen. Oder zumindest an die

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