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Das letzte Einhorn

Das letzte Einhorn

Titel: Das letzte Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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geben.« Schmendrick blickte verlegen zu Boden. »Zerschlagt mich«, sagte der Schädel, »lasst mich einfach fallen, und ich werde in tausend Stücke zerspringen. Fragt nicht, warum, tut es einfach.« Er sprach sehr hastig, fast flüsternd.
    Molly und Schmendrick sprachen gleichzeitig: »Wie? Warum?« Der Schädel wiederholte seine Bitte. Schmendrick rief: »Was redest du da? Warum in aller Welt sollten wir dich zerbrechen?«
    »Tut es!« beharrte der Schädel. »Tut es schnell!« Das Atmen näherte sich von allen Seiten, aber sie hörten nur ein Paar Füße.
    »Nein«, sagte Schmendrick, »du bist übergeschnappt.« Er wandte sich ab und machte sich auf den Weg zu der düsteren, hageren Uhr. Molly fasste die Lady Amalthea bei der kalten Hand und folgte ihm, sie zog das weiße Mädchen wie einen Papierdrachen hinter sich her.
    »Wie ihr wollt!« rief der Schädel traurig. »Ich habe euch gewarnt!« Und spornstreichs begann er mit einer entsetzlichen Stimme zu schreien, die klang wie Hagelschlag auf Eisen: »Hilfe! Zu Hilfe! Wachen herbei! Einbrecher, Banditen, Strauchdiebe, Entführer, Straßenräuber, Mörder, Rufmörder, Plagiatoren! König Haggard! Heho! König Haggard!«
    Jetzt hörten sie über ihren Köpfen und ringsum trappelnde Tritte und die röchelnden, pfeifenden Stimmen der alten Wächter. Keine Fackeln flammten auf, denn im gesamten Schloss durfte nur auf Haggards ausdrücklichen Befehl Licht gemacht werden, und noch schwieg Haggard. Die drei Diebe standen bestürzt und geschlagen da, starrten mit offenen Mündern den Totenkopf an.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Ich bin eben so – verräterisch. Aber ich habe versucht …« Da erblickten seine erloschenen Augen die Lady Amalthea, und sie wurden wieder weit und hell, obgleich das ganz unmöglich war.
    »O nein«, sagte er sehr sanft, »nein, du nicht. Ich bin untreu, aber nicht so untreu!«
    »Lauft«, rief Schmendrick, so wie er vor langer Zeit der wilden, meerweißen Legende zugerufen, die er soeben befreit hatte. Gemeinsam rannten sie durch die große Halle, während die Wächter hereingepoltert kamen. »Einhorn! Einhorn!« zeterte der Schädel. »Haggard! Haggard! Dort läuft es, *zum Roten Stier hinunter’ Pass auf die Uhr auf! Haggard, wo bist du9 Einhorn. Einhorn!«
    Da durchschnitt die eiserne Stimme des Königs den Tumult. »Narr, Verräter! Du hast es ihnen gesagt!« Seine behänden, verstohlenen Schritte erklangen ganz nah, und Schmendrick machte sich schon zum Kampfe bereit. Doch dann hörten sie ein Grunzen und ein Krachen, ein scharrendes Fallen und dann den knirschenden Aufprall alter Knochen auf altem Stein. Der Zauberer rannte weiter.
    Als sie vor der Uhr standen, gab es wenig Raum für Zweifel oder Zögern. Die Wachen liefen schon durch die Halle, ihre klirrenden Schritte schallten zwischen den Wänden hin und her, während König Haggard sie geifernd und fluchend antrieb. Die Lady Amalthea zögerte keine Sekunde, sie betrat die Uhr und war verschwunden, so geschwind wie der Mond hinter die Wolken tritt, von ihnen verborgen, aber nicht in ihnen, sondern tausend Meilen entfernt und ganz allein. ›Als wäre sie eine Dryade und die Zeit ihr Baum‹, dachte Molly benommen. Durch das trübe, gefleckte Glas konnte sie das Pendel und die Gewichte sehen. Das rostzerfressene Läutwerk schwankte und flimmerte vor ihren Augen. Auf der anderen Seite befand sich keine Tür, durch welche die Lady Amalthea gegangen sein konnte. Es gab nichts als die rostige Straße des Uhrwerks, die ihre Augen in den Regen führte. Die Gewichte trieben wie Seetang hin und her.
    König Haggard schrie: »Haltet sie! Zerschmettert die Uhr!« Molly wollte Schmendrick sagen, sie glaubte jetzt zu verstehen, was der Schädel gemeint hatte, doch der Zauberer war verschwunden und die große Halle des Königs Haggard ebenfalls. Die Uhr war auch nicht mehr da, und sie selbst stand an einem kalten Ort neben der Lady Amalthea.
    Von weit her erklang die Stimme Haggards, weniger hörbar als erinnerlich. Sie wandte ihren Kopf und blickte in das Gesicht des Prinzen Lir. Hinter ihm flirrte ein feiner Nebelschleier wie die Flanken eines Fisches, ohne jede Ähnlichkeit mit einem verrosteten Uhrwerk. Schmendrick war nirgends zu sehen.
    Prinz Lir verbeugte sich vor Molly, sprach aber zuerst die Lady Amalthea an. »Du wärest also ohne mich gegangen. Du hast mir niemals zugehört.«
    Sie antwortete ihm. sie, die weder mit Molly noch mit Schmendrick ein Wort gesprochen hatte. Mit klarer,

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