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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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die tapfersten Verteidiger sich um und fliehen überstürzt. Eine dichte Traube von schreienden Menschen, die mit ihren Fäusten und ihren Waffen aufeinander einschlagen und sich gegenseitig behindern, verstopft das offene Tor hinter uns. Einige werden zu Tode getrampelt, andere von der Leibgarde des Kaisers, die hinter Konstantin auf das Schlachtfeld drängt, kurzerhand niedergemacht.
    Was für ein entsetzliches Gemetzel!
    Aber was noch schlimmer ist: Uns ist der Fluchtweg abgeschnitten.
    Nur wenige Schritte hinter uns lehnen die ersten Türken mit Mehmeds Schlachtruf »Die Stadt ist unser!« ihre Sturmleitern gegen die Innenmauer.
    Konstantin richtet seinen Blick nach vorn, rückt seinen Helm zurecht und zieht entschlossen sein Schwert, um die Yeniçeriler aufzuhalten.
    Sein Cousin Theophilos brüllt mit sich überschlagender Stimme, er wolle lieber sterben als sich ergeben, und wirft sich todesmutig in den aussichtslosen Kampf.
    »Das Imperium Romanum ist verloren«, sagt Konstantin mit heiserer Stimme und reißt sich die kaiserlichen Insignien von der Rüstung. Er hat Tränen in den Augen. »Es ist vorbei.«
    Mit einem Blick, der mich ins Herz trifft, stürzt er sich ins Getümmel, gefolgt von seinem Cousin Francisco und seinem Freund Ioannis. Er schlägt nach rechts, er schlägt nach links, dann ist er verschwunden.
    Gelähmt vor Entsetzen beobachte ich, wie die vier nacheinander in der wogenden Menge der Yeniçeriler verschwinden und nicht mehr auftauchen. Wie eine eiskalte Faust legt sich die Trauer um mein Herz, das wieder zu flattern und zu schmerzen beginnt. Ich habe plötzlich das Gefühl, zu ersticken.
    Cesare packt mich grob an der Schulter und reißt mich zu sich herum. »Er stirbt, Sandra«, sagt er eindringlich. »Aber du lebst.«
    Ich nicke nur.
    Wie aus weiter Ferne glaube ich den Triumphschrei zu hören, den Mehmed ausstößt, schrecklicher als die Posaunen des Jüngsten Gerichts. Jubel antwortet ihm. Weiß der Padi ş ah, dass der Basileus tot ist? Weiß Mehmed, dass die Stadt und das Reich nun ihm gehören? Aber woher?
    Nein, ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Gestern Abend in der Hagia Sophia die Totenmesse für ein sterbendes Weltreich, heute Morgen Konstantins Tod.
    In diesem Augenblick geht eine Ära zu Ende. Die Vorherrschaft Roms als Caput Mundi, als Hauptstadt der Welt, und die Vormachtstellung des Christentums über den Islam, der schon bald Italien bedrohen wird. Und was kommt dann? Die Türken vor Venedig? Oder vor Wien? Und dann vor den Mauern von Rom? Tommasos Aussage kommt mir in den Sinn: dass Rom auf den Mauern von Byzanz verteidigt wird.
    Die Fahne des Propheten über dem Vatikan, Gott bewahre! Eher errichte ich ein Kreuz in der Moschee in Mekka und erkläre sie damit zur Kathedrale!
    »Sandra!« Cesare schüttelt mich.
    Die Byzantiner fliehen zum Tor. Viele stürzen in den Graben vor der Innenmauer, schaffen es nicht mehr heraus und werden von den Yeniçeriler niedergemacht, andere werden während ihrer Flucht erschlagen und niedergetrampelt. Eine wirbelnde Masse aus Türken ergießt sich in die Stadt.
    Das ist das Ende des tausendjährigen …
    »Sandra, verdammt nochmal!«
    Taumelnd halte ich mich an Cesare fest. »Wo ist Federico?«, schreie ich. »Er ist verschwunden. Ich muss ihn su…«
    »Sandra, komm endlich zur Besinnung! Ich brauche dich!« Cesare packt mich grob an der Hand. »Allora, andiamo! Sandra, jetzt komm endlich!«
    »Und wohin?«, frage ich, ganz benommen von der Trauer um Federico.
    Auch Fra Galcerán und Fra Diniz sind nirgendwo zu sehen. Sind sie gefallen, wie Federico?
    »Wir müssen das Mandylion retten!«

Kapitel 72
    Vor den Mauern von Konstantinopolis
29. Mai 1453
Viertel vor sieben Uhr morgens
    »Sie öffnen das Tor!«
    Ichdeute auf das Charisios-Tor, das von innen aufgeschoben wird. Yeniçeriler keuchen über die Toten hinweg zum Tor, um die Stadt zu erstürmen. Andere stolpern zwischen den Gefallenen umher und schlagen ihnen die Köpfe ab. Geier kreisen über dem nach Tod und Blut stinkenden Schlachtfeld. Und auf den Türmen über uns flattern schon etliche Flaggen mit dem Halbmond.
    Von überall her kann ich den Gesang der heranrückenden Regimenter hören:
    »Allahu ekber, Allahu ekber …«
    Kein noch so leises Kyrie eleison stemmt sich dem türkischen Vormarsch entgegen.
    »Lass uns verschwinden!«, ruft Cesare und winkt mir, ihm zu folgen.
    Wir hetzen nicht nach Süden zum Tor, sondern nach Norden, an der Innenmauer entlang, zu einer

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