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Das letzte Experiment

Das letzte Experiment

Titel: Das letzte Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Leute heutzutage doch der Polizei beitreten wollen. Und dabei gab es bis jetzt nicht mal eine Rekrutierungskampagne.»
    «Wir brauchen Leute, denen wir vertrauen können, Herr Gunther. Gute Männer, die bereit sind, sich mit Leib und Seele dem Kampf gegen Judentum und Bolschewismus zu widmen. Und nicht nur gegen Juden und Bolschewisten. Es ist von größter Bedeutung, dass auch die Macht der SA beschnitten wird. Das ist der Punkt, bei dem Sie jetzt ins Spiel kommen.»
    «Ich? Ich wüsste nicht, wie ich Ihnen nützlich sein könnte. Ich mag nicht mal die Politische Polizei, die wir jetzt schon haben.»
    «Sie sind bei der Kripo wohlbekannt als ein Mann, der eine Abneigung gegen die SA hegt.»
    «Jeder bei der Kripo hegt eine Abneigung gegen die SA. Zumindest jeder, der auch nur einen verdammten Pfifferling wert ist.»
    «Genau danach suche ich. Wir brauchen Männer, die keine Angst haben, wenn wir uns der SA entledigen wollen. Männer wie Sie.»
    «Ich sehe Ihr Dilemma. Sie brauchen die SA, um die Wähler einzuschüchtern. Sobald Sie gewählt worden sind, brauchen Sie jemanden, der die SA wieder in ihre Schranken weist.» Ich grinste. «Eines muss man Ihnen lassen. Es gibt Sophismus und Nationalsozialismus. Hitler schreibt ein ganz neues Kapitel in dem Teil des Wörterbuchs, das sich mit Scheinargumenten und schmutzigen Tricks befasst.» Ich schüttelte entschieden den Kopf. «Nein, Herr Diels. Ich bin nicht Ihr Mann und werde es niemals sein.»
    «Es wäre eine rechte Schande, wenn die Berliner Polizei einen Beamten von Ihren Fähigkeiten verlöre, Herr Gunther.»
    «Das wäre es, nicht wahr? Aber so ist das Leben.»
    Die dritte Schwedin kam vom «Nasepudern» zurück. Wie ihre beiden Freundinnen auch war sie so nackt wie eine Hutnadel ohne Hut. Offensichtlich gelangweilt erhoben sich die beiden anderen vom Tisch und gingen zu ihr. Sie legten die Arme um sie und begannen langsam zu lautloser Musik zu tanzen. Sie erinnerten mich an die drei Grazien.
    «Sie sind tatsächlich Touristinnen, wissen Sie?», sagte Diels. «Keine Kokotten oder Halbseidenen oder wie Sie bei der Polizei sie nennen. Nichts weiter als drei junge Frauen aus Schweden, die sich wie echte Berlinerinnen fühlen und aus reinem Übermut einmal nackt herumlaufen wollten.» Diels seufzte. «Ich halte es für eine ausgemachte Schande, wenn diese Art von Clubs erst alle geschlossen werden. Doch die Dinge müssen sich ändern. Es kann nicht mehr so weitergehen wie bisher. Das Laster, die Prostitution, die Drogen. Es korrumpiert uns alle.»
    Ich zuckte die Schultern.
    «Sie sind Polizist», sagte er. «Ich dachte, Sie würden mir wenigstens in dieser Beziehung zustimmen.»
    Zwei Mitglieder der Kapelle kamen zurück und spielten leise auf, worüber die Schwedinnen sich freuten.
    «Sie kommen nicht aus Berlin, nicht wahr, Herr Diels? In Berlin gibt es ein Sprichwort, das besagt, den Schnurrbart eines anderen in Ruhe zu lassen, selbst wenn er in seine Kaffeetasse hängt. Das ist der Grund, aus dem die Nazis in dieser Stadt niemals besonders erfolgreich sein werden. Weil die Nazis einfach nicht die Finger von anderer Leute Schnurrbart lassen können.»
    «Das ist eine ungewöhnliche Haltung für einen Polizeibeamten. Wollen Sie denn nicht zum Polizeirat oder gar zum Direktor aufsteigen? Das könnten Sie nämlich, wissen Sie? Noch in der gleichen Minute, in der diese Wahl vorüber ist. Hinterher will uns jeder helfen – Sie hingegen sind in der Position, uns
jetzt
zu helfen. Wo es wirklich darauf ankommt.»
    «Ich sagte es bereits. Ich bin nicht daran interessiert, Teil Ihrer erweiterten Politischen Polizei zu sein.»
    «Davon rede ich gar nicht. Ich will damit sagen, dass Sie in Ihrer Abteilung IV bleiben könnten. Dass sie weiterhin das tun könnten, was Sie gegenwärtig tun. Sie sind schließlich kein Kommunist oder dergleichen. Bei der Eisernen Front drücken wir gern ein Auge zu.» Er zuckte unschuldig die Schultern. «Nein, Sie müssten uns lediglich einen Gefallen erweisen, weiter nichts.»
    «Was für einen Gefallen?», erkundigte ich mich, plötzlich hellhörig geworden.
    «Wir möchten, dass Sie den Fall Anita Schwarz fallenlassen.»
    «Ich bin Polizeibeamter, Herr Diels. Ich kann das nicht tun. Ich wurde angewiesen, einen Mord zu untersuchen, und es ist meine Pflicht, diese Aufgabe nach besten Kräften auszuführen.»
    «Sie wurden von Leuten angewiesen, die nicht mehr lange auf ihren Posten sitzen. Abgesehen davon wissen wir beide, dass in dieser

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