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Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Fux
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hell, sein Haar rotblond und fein gelockt.
    Fast wie ein Engel aus dem Alten Testament, dachte Anna. Während er seinen Löffel mechanisch immer wieder in den Eintopf tauchte, starrte er zu Anna und Line herüber. Anna wurde unter seinem stieren Blick mulmig.
    »Wer ist das?«, fragte sie leise ihre Tischnachbarin zur Rechten, die sich ihr als »Schwester Gertrud von der Frauenstation« vorgestellt hatte. Sie war eine kräftige Person Mitte vierzig mit drallen Armen und freundlichen Fältchen.
    »Oh, das ist Fritz, vor dem solltet ihr euch in Acht nehmen.« Anna wurde noch unbehaglicher.
    »Er ist ein bisschen plemplem, wisst ihr.« Gertrud wedelte vielsagend mit der Hand vor ihrem Gesicht. »Eigentlich gehört er eher zu den Patienten als zu uns, finde ich. Aber heutzutage ist man ja froh um jeden kräftigen Mann, den man kriegen kann.«
    »Und warum sollen wir uns vor ihm in Acht nehmen?«
    »Man hat ihn mal erwischt, wie er die jüngeren Patientinnen begrabscht hat. Jetzt darf er nur noch bei den Männern arbeiten.«
    Eine gute Stunde später lagen die Mädchen müde in ihren klammen Betten. Anna freute sich, dass sie und Line das Zimmer teilen sollten.
    »Und dein Papa ist wirklich Obersturmbannführer?«
    »Hör bloß auf.«
    »Wieso denn?«
    »Seit er ein hohes Tier bei der SS ist, hab ich keine Freunde mehr. Die einen biedern sich bloß an, und der Rest geht in Deckung, wenn ich komme.«
    »Ach so. Verstehe.«
    Ein blasser Arm streckte sich in die Dunkelheit zwischen den beiden Betten.
    »Vielleicht können wir ja trotzdem Freundinnen sein?«, flüsterte Line.
    »Klar«, sagte Anna und ergriff die weiße Hand.
    Im Morgengrauen holte sie Schwester Helena aus den Betten. »Auf, auf, die Pflicht ruft«, rief sie und klatschte in die Hände. »Meldet euch bei Schwester Clara im Souterrain, die gibt euch eure Arbeitskleidung.« Annas Magen war ebenfalls erwacht und knurrte vernehmlich. »Frühstück gibt es erst, wenn die Patienten versorgt sind.«
    Eine Viertelstunde später standen die Mädchen im großen Schlafsaal der Kinderstation. Hier drängten sich dicht an dicht vierzig Gitterbetten. Es roch nach einer Mischung aus Desinfektionsmitteln und Urin. Auch viele der größeren Kinder konnten ihre Blase nicht kontrollieren. Anna sog scharf die Luft ein.
    »Mannomann«, sagte Line leise. Die meisten Kinder boten einen erbarmungswürdigen Anblick. Ein kleiner Junge mit einem grotesk verformten Schädel wimmerte leise vor sich hin. Ein Mädchen, das in seinem Bett festgezurrt war, hob rhythmisch den Kopf und ließ ihn wieder in die Kissen fallen. Bei jeder Bewegung stieß sie unentwegt ein leises »Uh, uh« aus. »Zu wenig Sauerstoff bei der Geburt«, sagte Schwester Helena sachlich. Im Bett daneben saß ein etwa achtjähriges Kind aufrecht und riss sich mit lächelndem Gesicht die Haare aus. »Da hat die Mutter in der Schwangerschaft gesoffen«, informierte die Oberschwester die Mädchen.
    »Nicht doch, Hannele«, sagte eine junge Frau in derselben blau-weiß gestreiften Schwesterntracht, die auch Anna und Line trugen. Behutsam strich sie dem Mädchen über den räudigen Kopf. Dann wischte sie sich die Hand an der Schürze ab und trat auf Line und Anna zu.
    »Schwester Ilse, das sind die beiden neuen Hilfsschwestern«, stellte die Bulldogge sie vor: »Anna Florin und Caroline Müller.« Sie gaben einander die Hand. Anna zuckte zusammen, als ein kleiner blond gelockter Junge neben ihr einen spitzen Schrei ausstieß. Als Anna zu ihm hinunterschaute, bemerkte sie, dass eine riesige Gaumenspalte sein Gesicht entstellte. »Das ist bloß Erwin«, sagte Ilse. »Er ist außerdem noch schwachsinnig. Seine Mutter …« Ilse machte eine Handbewegung, als führe sie ein Glas zum Mund.
    Anna bemerkte, dass sie beim Lächeln die Lippen fest aufeinanderpresste. Da sie vorstehende Zähne hatte, gab ihr das ein schafsähnliches Aussehen, das durch die feinen, fast weißblonden Löckchen unterstrichen wurde.
    Gemeinsam machten sie sich ans Werk. Füttern, waschen, windeln. Anna war entsetzt, dass die Kinder nur eine wässrige Grießsuppe bekamen.
    »Schwester, hast du nicht ein Stückchen Brot für mich?«, fragte ein vielleicht vierjähriger Junge mit Wasserkopf.
    »Du weißt genau, dass du nicht betteln darfst, Karl«, fuhr Ilse ihn an. Anna beschloss, am nächsten Tag ein Brötchen für ihn hineinzuschmuggeln.
    »Die brauchen nicht viel, die liegen doch sowieso den ganzen Tag in ihren Betten«, sagte Ilse achselzuckend.
    Trotz

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