Das letzte Gericht - was berühmte Menschen zum Schluss vespeist haben
die eigene Gesundheit ist es Anfang des 16. Jahrhunderts weit förderlicher, den amtierenden Papst selbst zum Essen einzuladen, als sich von ihm einladen zu lassen. Der aus Spanien stammende Pontifex Maximus Alexander VI . steht im Ruf, missliebige Kardinäle und Konkurrenten während päpstlicher Festbankette mittels Gift einfach aus dem Weg zu räumen. Geholfen wird ihm dabei vor allem von seinem Sohn Cesare, dessen Skrupellosigkeit bereits zu Lebzeiten berühmt und berüchtigt ist. Dem Philosophen Niccolo Machiavelli wird Cesare später als Vorbild für den machtgierigen Fürst in seinem Werk »Il Principe« dienen. Cesare ist jedoch nicht das einzige Kind des sinnenfrohen Papstes. Mit seiner langjährigen Mätresse Vanozza deâ Cattanei hat Alexander VI . noch drei weitere Kinder, die im Lateranpalast ein- und ausgehen: Juan, Jofré und Lukrezia. Vor allem Lukrezias libidinöser Lebenswandel wird noch Jahrhunderte später Historiker und Biografen beschäftigen. Anfang des 16. Jahrhunderts sagt man ihr gar ein Liebesverhältnis mit dem eigenen Vater nach, dessen Bindung zum Zölibat denkbar schwach ausgeprägt ist. Die erotischen Ausschweifungen im Palast des als Rodrigo Borgia geborenen Papstes sind selbst für die Kummer gewohnten Römer eine Spur zu heftig. Der feurige Spanier feiert mit seinen Lieblingskindern Cesare und Lukrezia Orgien, wie sie Rom seit der Antike nicht mehr gesehen hat. Bisweilen tummeln sich bis zu fünfzig Kurtisanen im päpstlichen Palast, die zur Freude der geladenen Gäste auf allen Vieren über den Marmorboden kriechen und verstreute Esskastanien mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Körperöffnungen aufsammeln. AnschlieÃend erproben Alexander VI . und seine Getreuen in einem sportiven Wettbewerb ihre erektive Standfestigkeit an den fleiÃigen Kastaniensammlerinnen.
Noch als 70-Jähriger gönnt sich der Pontifex Maximus eine blutjunge Mätresse namens Giulia Farnese, die von den Römern allerdings schon bald ironisch »Sponsa Christi« (Braut Christi) getauft wird. Im April 1500 zirkulieren in Rom Flugblätter, die das ellenlange Sündenregister des christlichen Oberhauptes detailliert aufführen. Alexanders Rivale Giovanni de Medici lässt sich in dieser Zeit gar zu der Einschätzung verleiten: »Jetzt sind wir in den Fängen des vielleicht wildesten Wolfes, den die Welt je gesehen hat.«
Doch auch der wildeste Wolf lebt nicht ewig. Alexanders letzte Stunde schlägt im April 1503. Anlässlich des zehnten Jubiläums seiner Amtseinführung ist der Papst mit seinem Sohn Cesare bei Kardinal Adriano Castellesi da Corneto zu einem Festbankett eingeladen. Es gibt frischen Spargel, Forellenschnitten in Butter mit Krebspastetchen, Wildfasan mit Rahmsalat, Ananas auf Johannisbeer-Mus, warmen Käse und reichlich Wein. Der sagenhaft reiche Castellesi gilt als treuer Unterstützer von Alexanders Nepotismuspolitik. Es ist kaum vorstellbar, dass er dem Papst und seinem Sohn Cesare nach dem Leben trachten könnte. Dennoch leiden Alexander und Cesare schon bald nach dem letzten Bissen unter heftigen Magenschmerzen und müssen sich mehrfach übergeben. Später gesellt sich starkes Fieber dazu. Beide erholen sich zwar wieder, doch nur wenig später erleidet der 73-jährige Alexander einen schweren Rückfall. Wieder quälen schwere Koliken und starkes Fieber seinen geschwächten Körper. In den Abendstunden des 18. August 1503 tut Alexander VI . im päpstlichen Palast seinen letzten Atemzug.
Augenzeugen berichten anschlieÃend von einem seltsamen Aufquellen seines toten Körpers in kürzester Zeit. Zudem verfärbt sich die Leiche unnatürlich schwarz und sondert übelriechende Flüssigkeiten ab. Die Nachricht von der ungewöhnlich raschen Zersetzung des Körpers verbreitet sich wie ein Lauffeuer in ganz Rom und trägt dazu bei, dass der Tod des skrupellosen Papstes mit einem Giftanschlag in Verbindung gebracht wird.
In den folgenden Jahrhunderten wird weiter darüber spekuliert, ob Alexander von Kardinal Adriano Castellesi da Corneto vergiftet wurde, oder ob der Papst den Kardinal vergiften wollte und dabei das Gift versehentlich selbst schluckte. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Alexander VI . an der damals in Rom grassierenden Malaria verstarb und sein letztes Mahl im Haus von Adriano Castellesi da Corneto nur zufällig mit dem Ausbruch der
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