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Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur (German Edition)

Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur (German Edition)

Titel: Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Roth
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eigenen Friedhof für seine Fans, mit allem Drum und Dran. Bestattungen im HSV-Sarg, begleitet von der Stadionhymne. Die Zeit berichtete am 16. April 2009, als die Bauarbeiten auf dem Altonaer Friedhof in Hamburg nach zweijähriger Planungsphase begannen, über das Projekt. »Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das etwas Gutes wird«, äußerte sich Lars Rehder, Geschäftsmann, Friedhofsgärtner und Mitglied im Vorstand des Bundes- und Landesverbandes der Friedhofsgärtner. Er kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit und die Friedhofsgenossenschaft Hamburg. Ein Fußballtor bildet den Eingang zu dem Fan-Friedhof; die Gräber sind im Halbrund angeordnet wie eine Tribüne. Ein Platz für 25 Jahre kostet rund 2 500 Euro, alle Grab- und Friedhofskosten inklusive.
    In Argentinien können sich die Fans von Boca Juniors schon lange auf einem eigenen Friedhof bestatten lassen, in England darf die Asche auf dem Rasen des Heimatvereins verstreut werden.
    Das Konzept scheint vor allem Jugendliche anzusprechen. »Eine großartige Sache«, kommentierte der Fanbeauftragte des HSV. Für Sarg, Urnen und weitere Bestattungsgegenstände hat der HSV Lizenzen an Bestattungsinstitute vergeben. Sie werben mit der Themenbestattung »Schlusspfiff« oder gewähren HSV-Mitgliedern einen Rabatt von zehn Prozent. Sie bieten Stoffdekorationen im HSV-Design, verschiedene Kondolenzdecken und weitere Optionen für die Gestaltung der Bestattung und der Trauerfeier.

Digitale Ewigkeit
    Was aus unseren materiellen Werten wird, können wir im Testament bestimmen, ansonsten greifen die geltenden Nachlassregelungen. Aber was wird aus den vielen Homepages, den Facebook- und Twitter-Accounts von Verstorbenen? In den USA gibt es inzwischen das Berufsbild des digitalen Bestatters, der sich um das digitale Erbe einer verstorbenen Person kümmern. Dort kann man Passwörter und Anweisungen hinterlegen und bestimmen, was im Todesfall gelöscht werden und was erhalten bleiben soll. Zwei Vertrauenspersonen müssen bestätigen, dass ein Mensch gestorben ist, dann beginnt die digitale Bestattung. Es ist sogar möglich, selbst sicherzustellen, dass man im Netz kein Nachleben als Untoter führt. Dazu vereinbart man mit einem Provider ein Passwort, das man in bestimmten Abständen eingeben muss. Bleibt es aus, wird das Programm gestartet, dass sämtliche persönlichen Accounts des Kunden löscht. Twitter und Facebook bieten Hinterbliebenen Hilfe beim Löschen der Profile an; einige Betreiber sozialer Netzwerke setzen nicht auf Standardverfahren, sondern überlassen es den rechtlichen Erben, nach Vorlage der Sterbeurkunde zu entscheiden, was aus dem Account werden soll.
    Die neuen Medien werfen neue Fragen auf. Auch Fragen danach, wie Erinnerung sich verändert und was Unsterblichkeit heißt: ein Fotoalbum anzulegen, Erinnerung zu sammeln, eine Art lebendiger digitaler Gedenkstätte einzurichten.

Der letzte Tag – und ein Koffer
    Es ist eine Übung, die sich, wie der berühmte Fragebogen des Marcel Proust, für eine Annäherung an die eigenen Wünsche und Werte eignet. »Was würden Sie tun, wenn Sie wüssten, dass Ihr Leben in 24 Stunden endet?«, fragte das Magazin Cicero in jeder Ausgabe eine prominente Persönlichkeit. Geantwortet haben unter anderem Harry Rowohlt, Ursula von der Leyen, Anselm Grün, Arend Oetker und Kathrin Schmidt, die für ihren Roman Du stirbst nicht mit dem Deutschen Buchpreis 2010 ausgezeichnet wurde. Sie schloss mit dem Tod gewissermaßen schon einmal Bekanntschaft, als sie nach einer schweren Krankheit neu laufen, sprechen und sich orientieren lernen musste. Sie wünschte sich einen starken schwarzen Kaffee am Morgen, sie wünschte sich, ihre fünf Kinder um sich zu versammeln und am Ende Bachs Cello-Suite Nr. 2 auf der Terrasse ihres Hauses zu hören. Wir müssen nicht prominent sein oder auf einen Anruf der Cicero -Redaktion warten. Was würden wir uns wünschen? Oder mitnehmen?
    »Ein Koffer für die letzte Reise« war ein Projekt, bei dem wir im Jahr 2005 insgesamt 103 Bürger aus allen Teilen des Landes – Frauen, Männer, Künstler, Handwerker, Prominente und Nicht-Prominente – gebeten hatten, einen Koffer mit dem zu füllen, was sie auf der Reise aus ihrem Leben begleiten sollte. Was ist den Menschen wirklich wichtig? Das Ergebnis, das Philipp Engel in seinem Film Einmal Jenseits und zurück vorgestellt hat, zeigt ein faszinierendes Bild davon, was Menschen bewegt, wenn sie sich mit Endlichkeit und Vergänglichkeit

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