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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Freemantle.
    »Was steht da?«, fragte Jack.
    Johnny versuchte es zu entziffern. Die Schlagzeile war gut lesbar: »Kleinkind stirbt in heißem Auto.«
    »Die Kleinen sind ein Geschenk.« Freemantle legte den Kopf schräg. »Das letzte wirklich Wahre.«
    »Sie haben seine Tochter im Auto gelassen.« Johnny kniff die Augen zusammen. »Sie haben in irgendeiner Bar am Strand getrunken und sie im Auto gelassen.«
    »Meine Frau«, sagte Freemantle. »Und ihr Freund.«
    »Es gab eine Untersuchung. Die Polizei kam zu dem Schluss, dass es ein Unfall war.«
    »Sie haben sie ohne einen Prediger begraben, haben sie einfach unter die Erde gebracht, zusammen mit Leuten ohne Namen und Familie. Meine Frau hat's mir nicht mal geschrieben. Ich war nicht da, um Abschied zu nehmen.« Er schwieg kurz. »Sofia ist unter die Erde gekommen, ohne dass ihr Daddy ihr auf Wiedersehen gesagt hat.« Seine Stimme brach.
    »Wer hat Ihnen das geschickt?« Johnny hielt den Ausschnitt hoch. Er stammte aus einer Zeitung an der Küste.
    Aber Freemantle war schon wieder weit weg. Sein Blick ging ins Leere, und seine Hände lagen aufwärts gewandt auf den Knien. »Ich hab meinem Baby ein Bild dagelassen, damit sie mich nicht vermisst. Ich hab's in ihren Schrank gemalt, damit sie es jeden Tag sehen konnte und nicht traurig sein musste, weil ihr Daddy nicht da war. Sie hat gern in dem Schrank gespielt. Sie hatte eine Puppe mit kleinen weißen Schuhen.« Er hob die Hand und hielt Daumen und Zeigefinger zwei Zentimeter weit auseinander. »Sie hatte bunte Malkreide und einen Zeichenblock, den ich ihr mal aus dem Laden mitgebracht hatte. Darum hab ich uns im Schrank an die Wand gemalt. Weil sie sich darin so wohlfühlte, weil es ihr Spielplatz war.« Er ließ den großen Kopf hängen. »Aber ein Bild kann für niemanden sorgen. Ein Bild kann nicht auf ein kleines Mädchen aufpassen.«
    »Das tut mir leid.« Johnny meinte es ehrlich.
    »Wer hat Ihnen den Ausschnitt geschickt?«, fragte Jack.
    Freemantle strich sich mit den Fingern durch das schmutzige Gesicht. »Eine Nachbarin, die selber zwei Babys hat. Sie konnte meine Frau nie leiden. Sie hat erfahren, was passiert war, und hat es mir ins Gefängnis geschickt. Darum bin ich weggelaufen. Damit ich am Grab meiner Kleinen stehen und sehen konnte, dass alles gut und richtig gemacht worden war. Aber da war nur ein Haufen nackte Erde. Keine Blumen, kein Stein. Ich hab mich hingesetzt und die Hand auf die Erde gelegt. Und da hat Gott es mir gesagt.«
    »Was hat er Ihnen gesagt?«
    »Er hat gesagt, ich soll sie umbringen.«
    Die Jungen sahen einander an, und beide dachten das Gleiche.
    Er ist wahnsinnig.
    Total durchgeknallt.
    »Gott hat mir gesagt, ich soll mein Baby herbringen.« Freemantle blickte auf, und neues Leben regte sich in der Wüste seines Gesichts. »Die Kleinen sind ein Geschenk.« Er formte eine Schale aus seinen lädierten Pranken. »Das letzte wirklich Wahre. Darum hat Gott mir gesagt, ich soll dich aufheben.«
    »Was?«
    »Das Leben ist ein Kreis. Er hat gesagt, das soll ich dir sagen.«
    »Johnny ...«, flüsterte Jack. Johnny hob die Hand.
    »Gott wollte, dass du mir das sagst?«
    »Jetzt weiß ich es wieder.«
    »Was bedeutet das?«
    »Johnny ...« Jacks Stimme klang panisch. Johnny riss den Blick von Freemantle los. Sein Freund war bleich und starr vor Schrecken. Johnny folgte seinem Blick und sah den Haufen von schmutzigem Stoff vor dem Ofen. Fetzen von der Hose. Der verknotete Stoffstreifen von dem entzündeten Finger. Jack zeigte hin, und Johnny sah es. Ein Namensschild war an den Stoff genäht, den Freemantle als Verband benutzt hatte. Ein Namensschild. Ein Name.
    Alyssa Merrimon.
    Blutbefleckt.
    Johnny sah Freemantle an, und der malte mit dem Finger eine Figur in die Luft. »Ein Kreis«, sagte er. Und Johnny zog den Revolver.

EINUNDVIERZIG
    H unt kam spät nach Hause. Das Essen in der Tüte war kalt geworden, doch Allen sagte nichts. Sie aßen in der Küche, zusammen, aber stumm, und die Anspannung zwischen ihnen war mit Händen zu greifen. Vor der Zimmertür seines Sohnes entschuldigte sich Hunt. »Es ist einfach dieser Fall«, sagte er.
    »Na klar.« Hunt sah zu, wie sein Sohn die schmuddeligen Schuhe abstreifte. »Es ist bald vorbei.«
    »In drei Monaten fängt das College an.« Der Junge zog sein Hemd aus und warf es zu den Schuhen. Feine Haare wuchsen auf seiner Brust und ragten aus der Mulde unter seinem Hals. Sein Sohn war fast erwachsen, begriff Hunt, so nah daran, ein Mann zu

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