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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Kotflügel. Informieren Sie die Zentrale, dass er im Zusammenhang mit dem Mord an David Wilson gesucht wird, aber möglicherweise auch etwas mit der Entführung Tiffany Shores zu tun hat. Bei der Festnahme ist vorsichtig vorzugehen. Wir müssen ihn vernehmen. Geben Sie das raus.«
    Cross zog sein Funkgerät hervor und gab die Fahndungsmeldung durch.
    Hunt wartete, und eine neue Woge des Zorns durchströmte ihn. Das vergangene Jahr hatte ihn verschlissen, ihn nachlässig gemacht. Das mit dem Fluss hätte er sehen müssen — diese Biegung —, bevor ein Grünschnabel von Detective ihn darauf hinwies. Aber jetzt war es passiert. Jetzt ging es um das Mädchen, und sie mussten handeln. Also beließ er es dabei und konzentrierte sich. Tiffany war seit weniger als einem Tag verschwunden — seit acht, fast neun Stunden. Diesmal würde er das Kind nach Hause bringen. Er ballte die Fäuste und schwor es sich.
    Diesmal würde es anders laufen.
    Sein Blick fiel auf Johnnys Fahrrad, und er hörte die Stimme des Jungen in seinem Kopf.
    Versprochen?
    Er griff nach der großen braunen Feder, die unter dem Fahrradsattel hing. Sie sah zerfranst und traurig aus und fühlte sich grob an. Er strich sie glatt.
    Versprochen.
    Hinter ihm ließ Cross das Funkgerät sinken. »Erledigt.«
    Hunt nickte nur.
    »Was haben Sie da?«
    Hunt ließ die Feder los. Sie baumelte kurz an der Schnur und blieb dann an dem nassen Metall kleben. »Nichts«, sagte er. »Eine Feder.« Cross kam heran und nahm die Feder in die Hand. »Das ist eine Adlerfeder.«
    »Woher wissen Sie dass?« Verlegen zuckte Cross die Achseln. »Ich bin in den Bergen geboren. Meine Großmutter war eine halbe Cherokee. Sie hatte es mit diesem Totem-Kram.«
    »Totem-Kram?«
    »Sie wissen schon. Rituale und heilige Pflanzen.« Er hob die Hand und deutete auf den Fluss. »Der Fluss für die Reinheit. Schlangen für die Weisheit. Solches Zeug.« Wieder zuckte er die Achseln. »Ich hab das immer für Blödsinn gehalten.«
    »Totem?«, wiederholte Hunt.
    »Ja.« Cross zeigte auf die Feder. »Das ist ein guter Zauber.«
    »Was für ein Zauber?«
    »Er gibt Kraft. Macht.« Es blitzte, und er ließ die Feder los. »Nur Häuptlinge tragen Adlerfedern.«

ACHT
    J ohnnys Mutter war auf dem Rücksitz des Streifenwagens gegen seine Schulter gesunken. Wenn sie schnell durch eine Kurve fuhren, rollte ihr Kopf hin und her, und auf unebenen Strecken hüpfte er. Der Fluss lag hinter ihnen, der Tote auch, und mit ihm das, was von Johnnys Vertrauen in die Weisheit der Polizei noch übrig war. Hunt hatte nicht in Betracht ziehen wollen, dass es immer noch um Alyssa gehen könnte, und darüber war Johnny sehr wütend gewesen.
    Vielleicht!
    Er hatte es laut gesagt und noch einmal wiederholt, als Hunts Blick sanft wurde.
    Vielleicht doch!
    Aber Hunt war beschäftigt und hatte seine eigenen Ideen. Als Johnny hartnäckig geblieben war, hatte er kurz angebunden reagiert, hatte die Diskussion beendet und sie nach Hause geschickt.
    Hör auf damit, hatte er gesagt. Das ist nicht dein Problem. Aber da irrte der Cop sich. Johnny spürte es im Herzen. Es war sein Problem.
    Der Streifenwagen hielt in der Einfahrt. Der Regen hämmerte auf das Blechdach, und Johnny betrachtete das Haus und das Licht, das in dem kleinen, schlammigen Vorgarten versickerte. Drinnen bewegten sich Schatten. Kens Wagen stand in der Einfahrt, und der von Onkel Steve war auch da. Die Tabletten hatten seine Mutter ausgeschaltet. Ihre Augen waren geschlossen, leise Geräusche kamen aus ihrem Mund. Johnny zögerte, und der Polizist auf dem Fahrersitz drehte sich um. Sein Gesicht erschien verzerrt hinter der gläsernen Trennscheibe, die von Handabdrücken und getrockneten Speicheltropfen übersät war. »Alles okay mit ihr?«, fragte er.
    Johnny nickte.
    »Tja, dann war's das, Kleiner.« Der Polizist zögerte und betrachtete Johnnys Mutter. »Braucht sie irgendwelche Hilfe?«
    Johnnys Abwehrmechanismus schaltete sich ein. »Ihr fehlt nichts.«
    »Na, dann los.«
    Johnny schüttelte die Schulter seiner Mutter. Ihr Kopf rollte schlaff hin und her, und er rüttelte kräftiger. Als sie die Augen öffnete, drückte er ihren Arm. »Wir müssen aussteigen«, sagte er. »Wir sind zu Hause.«
    »Zu Hause«, wiederholte sie.
    »Ja. Zu Hause. Lass uns aussteigen.« Johnny öffnete seine Tür, und das Regengeräusch veränderte sich: Aus dem metallischen Prasseln wurde ein dumpfes Rauschen. Regenschleier wehten auf nasse Erde und herabhängende Blätter.

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