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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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zusammen und schaute das Haus an. Er roch die Fäulnis in den Laibungen und den unteren Verkleidungsbrettern, sah die Risse in den Fliegengittern und die Sprünge in den Fensterscheiben. Er dachte an das Haus, in dem Katherine gewohnt hatte, als Alyssa ihr geraubt wurde; er sah Katherines dunkle Augen und ihr herzzerreißendes Vertrauen darauf, dass Gott ihr das Kind zurückbringen würde. Oft hatte sie an einem nach Süden gerichteten Fenster gebetet, und ihre makellose Haut war im Licht so rein erschienen, dass sie wie ein Engel ausgesehen hatte. Und Ken Holloway war die ganze Zeit da gewesen, mit einem Lächeln, mit Geld, mit Unterstützung. Das hatte einen Monat gedauert. Als sie zu Staub zermahlen war, hatte er sich wie ein Geier auf sie gestürzt. Jetzt war sie drogensüchtig. Und Hunt war ziemlich sicher, dass er wusste, wer dafür verantwortlich war.
    »Ich hasse diesen Kerl.« Sein Blick ging in weite Ferne. »Ich hasse ihn so sehr, dass ich ihn umbringen könnte.« Taylor schaute weg. »Das hab ich nicht gehört.«
    Hunt spürte, wie sich seine Schultern hoben und ihm das Blut ins Gesicht stieg. »Vergessen Sie's.«
    Taylor starrte ihn an. »Ehrlich?«
    »Ja. Ehrlich.«
    »Gut.« Sie nickte.
    Hunt schaute die Straße hinauf. »Das muss ein Witz sein.«
    Ken Holloways weißer Escalade bremste auf der Straße ab, und ein Rad rutschte in den Graben, als er in die Einfahrt einbog. Einen Augenblick lang blieb der Wagen stecken, dann heulte der Motor auf, und der Reifen arbeitete sich heraus. Eine frische Kerbe schimmerte schwarz am Rand des Grabens. Lehmklumpen und Grasbüschel hingen rechts unten am Chassis. Hunt sah Holloways Gesicht hinter der Scheibe, rot und mit zusammengebissenen Zähnen. Neben ihm saß ein resigniert aussehender Mann, den Hunt ein- oder zweimal im Gericht gesehen hatte: ein Rechtsanwalt von einigem Talent. Sein Gesicht leuchtete fahl und feucht hinter dem Fenster. Er stemmte die Tür auf und betrachtete die Umgebung des Wagens mit Abscheu: das Haus, den Schlamm, die Polizisten. Als er ausstieg, tat er es so geziert, wie Hunt es nur jemals erlebt hatte.
    Hunt trat in den Vorgarten hinunter, und Officer Taylor blieb an seiner Seite. Holloway trug ein rosa Hemd, das in eine neue Jeans gestopft war, dazu Stiefel, die mehr gekostet hatten als Hunts Dienstwaffe. Er war groß und breit und wog sicher an die hundert Kilo. In seinem Zorn wirkte er riesig und bedrohlich. Er schleifte seinen Anwalt durch den Schlamm. »Sagen Sie's ihnen.« Er streckte den Zeigefinger aus, und ein Kupferarmband baumelte an seinem Handgelenk. »Sagen Sie denen, wie es läuft.«
    Der Anwalt zog sein Jackett zurecht. Er hatte eine rosige Haut, manikürte Fingernägel und eine Stimme, die dazu passte. »Ich weiß nicht genau, warum ich hier bin«, sagte er. »Ich habe Ihnen doch schon erklärt —«
    Holloway schnitt ihm das Wort ab. »Sie sind mein Anwalt. Ich bezahle Sie. Jetzt sagen Sie's ihnen.« Der Anwalt schaute von Holloway zu den Cops hinüber. Er zupfte die Manschetten seines Hemds unter dem Ärmel hervor, als sei er vor Gericht. »Mr. Holloway ist der Eigentümer dieses Anwesens. Er wünscht Zugang zu seinem Eigentum.«
    »Er verlangt Zugang«, korrigierte Holloway. »Das ist mein Haus.« Hunt blieb ruhig. »Als ich das letzte Mal hier war, haben Sie gesagt, Sie seien Gast in diesem Haus.«
    »Wortklaubereien. Das Haus gehört mir.«
    »Aber Katherine Merrimon ist die rechtmäßige Mieterin.«
    »Mr. Holloway berechnet ihr einen Dollar im Monat«, sagte der Anwalt. »Da kann man sie kaum als Mieterin bezeichnen.«
    »Miete ist Miete.« Hunt musterte den Anwalt. »Das wissen Sie doch.«
    »Gleichwohl hat er das Recht, sein Anwesen zu inspizieren.«
    »Zu einer vernünftigen Zeit und mit Voranmeldung«, sagte Officer Taylor. »Nicht mitten in der Nacht. Wenn er Mrs. Merrimon anrufen möchte, darf er es gern tun.«
    »Sie geht nicht ans Telefon«, sagte der Anwalt.
    Holloway trat vor. »Ich will diesen Jungen sehen. Er hat wertvolles Privateigentum beschädigt und muss dafür zur Verantwortung gezogen werden. Ich will nur mit ihm sprechen.«
    »Ist das wahr?« Hunt konnte weder seine Abneigung noch seinen Ekel verbergen.
    »Selbstverständlich. Was glauben Sie?«
    »Und wenn ich Ihnen sage, dass er nicht hier ist?« Hunt trat ebenfalls vor und blieb zwei Handbreit vor dem Mann stehen. Er wusste, dass Holloway jähzornig war. Er wusste es. Jetzt wollte er es sehen.
    Er sehnte sich danach.
    Holloways Augen wurden

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