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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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State Police Wilsons Kennzeichen. Sagen Sie denen, es geht um den Fall Shore. Die Vermisstenfahndung haben sie schon.« Der Cop verschwand, um die Meldung durchzugeben. Yoakum wandte sich zu Hunt um. »Und jetzt?«
    Hunt drehte sich langsam um sich selbst und betrachtete die Fotos von David Wilson und seiner Sammlung hübscher Frauen. »Schlafzimmer. Keller. Dachboden. Zeigen Sie mir alles.«

ZWÖLF
    L evi bewegte sich vorsichtig über Schlamm und glitschige Steine. Der Fluss warf Lichtstückchen herüber, die ihn an etwas aus seiner Kindheit erinnerten. Ein Rhythmus lag darin, ein Muster wie bei dem Kaleidoskop, das sein Daddy ihm geschenkt hatte, bevor ihn ein Jahr später der Krebs holte. Der Pfad krümmte sich steil bergauf, und Levi hielt sich mit der freien Hand an Wurzeln und Sprösslingen fest, um sich auf dem schlüpfrigen Lehm hochzuziehen. Er grub die Kanten seiner Sohlen in den Boden, um besseren Halt zu finden. Als er oben auf der flachen Wegstrecke angekommen war, blieb er stehen, rang nach Atem, und als er weiterging, erloschen die Lichter des Flusses hinter Weiden und Eschen, Amberbäumen und langfingrigen Kiefern. Es wurde stockdunkel, und dann sah er die Gesichter. Er sah seine Frau, die ihn auslachte und plötzlich nicht mehr lachte, ihr Gesicht rötlich-schwarz und nass, fast von allein. Er sah den Mann, der bei ihr war, und auch dessen Gesicht war plötzlich nicht mehr in Ordnung, sondern rot und verbeult und auf einer Seite platt.
    Und diese Geräusche.
    Levi versuchte, nicht mehr zu denken. Er wollte sich die Bilder aus dem Kopf waschen, wollte Wasser in ein Ohr pumpen und es schmutzig zum anderen hinausspülen. Er wollte leer sein, wollte Platz für Gott machen, damit er sprechen konnte. Dann war Levi glücklich, selbst wenn es nur ein einziges Wort war, das unaufhörlich wiederholt wurde. Selbst wenn es nur ein Name war, der in seinem Kopf erklang wie eine Kirchenglocke.
    Sofia.
    Levi hörte ihn wieder.
    Ihren Namen.
    Er ging weiter und fühlte warmes Wasser auf seinem Gesicht.
    Er ging noch eine ganze Meile, bis er begriff, dass er weinte. Es war ihm egal. Niemand konnte ihn hier draußen sehen, nicht seine Frau und nicht die Nachbarn, keiner von denen, die Witze rissen, wenn jemand Dinge sagte, die Levi nicht verstand, und die lachten, wenn er still wurde, weil er ein totes Tier am Straßenrand gefunden hatte. Er ließ die Tränen laufen. Er hörte auf Gott und ließ die Tränen heiß über sein zerstörtes Gesicht laufen.
    Er versuchte sich zu erinnern, wann er das letzte Mal geschlafen hatte, aber er konnte es nicht. Die Woche, die hinter ihm lag, war eine bunte Kette von verschwommenen Bildern. In der Erde graben. Gehen.
    Was er da getan hatte ...
    Diese Sache.
    Levi schloss die Augen. Er war so müde, und als sein Fuß abrutschte, fiel er in den glitschigen Lehm. Er landete auf dem Rücken und rutschte die Böschung hinunter, über Steine hinweg, die seine Haut aufschürften und tief hineinschnitten. Er schlug mit dem Kopf gegen etwas Hartes und sah einen hellen Lichtblitz. Schmerz explodierte in seiner Seite und durchbohrte ihn mit furchtbarer, schartiger Rohheit. Er fühlte, wie etwas zersplitterte, etwas riss heftig an ihm, und er begriff, dass die Kiste fort war. Er ruderte mit den Armen, streifte ein Stück Plastik und spürte, wie sie davonglitt.
    Sie war im Fluss.
    Allmächtiger Gott, sie war im Dunkeln verschwunden.
    Levi starrte hinaus auf schwarzes Wasser und kleine Lichtpünktchen. Seine großen Hände ballten sich zur Faust.
    Levi konnte nicht schwimmen.
    Einen Augenblick lang dachte er besorgt darüber nach, aber er war im Wasser, bevor Gott ihm sagte, er solle springen. Mit weit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen stürzte er sich hinein, und schmutziges Wasser drang ihm in den Mund. Spuckend tauchte er auf und ging gleich wieder unter. Seine Hände klatschten laut auf die Oberfläche, das Wasser quoll schnell und kalt zwischen seinen Fingern hindurch. Er strampelte und würgte und dachte, er müsse sterben, doch dann merkte er, dass er stehen konnte. Das Wasser reichte ihm bis an die Brust. Er richtete sich auf, kämpfte sich flussabwärts und brach durch die Lichtscherben, bis er sein Paket sah, das hinter einem umgestürzten Baumstamm träge kreiselte.
    Er wuchtete es ans Ufer, kroch die Böschung hinauf und ignorierte den Schmerz, der ihn zu lähmen drohte. Wieder dachte er an seine Frau.
    Sie hätte nicht tun sollen, was sie getan hat. Er krümmte sich um das

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