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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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ins Zimmer, und ein Schwarm von Fliegen erhob sich von den Leichen.
    Die Frau war weiß, möglicherweise um die dreißig, möglicherweise Ronda Jeffries. Es war schwer zu sagen, denn der größte Teil ihres Gesichts war nicht mehr da. Sie trug hauchzarte, blutverkrustete Unterwäsche. Eine Brust hing heraus, und die Haut war eher grau als weiß. Ihr Gesicht war zerschlagen, der Kiefer an mindestens zwei Stellen gebrochen, das linke Auge quoll aus der zerschmetterten Höhle. Ihr Oberkörper wies zum Flur, die Beine zum Bett. Ein Arm lag angewinkelt über dem Kopf, und an der Hand waren zwei Finger offenkundig gebrochen.
    Der männliche Schwarze war nicht so schrecklich entstellt. Im Leben musste er groß gewesen sein, aber er war es nicht mehr. Er war verkleinert. Eingeschlossene Faulgase blähten seinen Bauch und ließen seine Arme und Beine ungewöhnlich klein aussehen. Sein Schädel war rechts eingeschlagen, was dem Gesicht ein schlaffes und unfertiges Aussehen verlieh. Er lag nackt auf einem Sessel, als habe er sich einfach dort hingesetzt.
    Hunt griff zum Lichtschalter und knipste die Deckenlampe an. Sie ließ alles noch schlimmer aussehen, die Gewalt noch umfassender. Hunt spürte, wie die anderen Cops hinter ihm herankamen. »Niemand geht rein«, sagte er.
    Er achtete sorgfältig darauf, wohin er trat, kniete neben der Frau nieder und betrachtete die Leiche von Kopf bis Fuß. Sie hatte pedikürte Zehennägel; Akrylperlen waren in den knallroten Nagellack geklebt. Schwielen an den Fußsohlen. Die Beine bis zu den Knien rasiert. Künstliche Nägel, fast zwei Zentimeter lang, saßen wie Dornen auf den Fingern. Keine sichtbaren Narben oder Tattoos. Zweiunddreißig schien ungefähr das richtige Alter zu sein.
    Er ging zu dem toten Mann hinüber, hockte sich vor den Sessel und untersuchte ihn. Schwarz. Vielleicht Mitte vierzig. Kräftig. Vielleicht eins fünfundachtzig. Alte OP-Narben an beiden Knien. Kein Schmuck. Goldfüllungen in den Zähnen. Unrasiert.
    Hunt stand auf und sah sich um: Arbeitsstiefel vor dem Wandschrank, Jeans, Satinslips, rot wie kandierte Äpfel. Den Hohlblockstein fand er neben dem Bett. »Yoakum.« Er winkte, und Yoakum kam heran. Hunt deutete auf den Hohlblockstein. Die eine Seite war mit geronnenem Blut verschmiert. »Ich glaube, das ist die Mordwaffe.«
    »Sieht so aus.«
    Hunt richtete sich auf. »Moment mal.« Er trat um die Füße des Toten herum und über den Arm der Frau hinweg. Die anderen Cops drängten sich in der offenen Tür, aber Hunt beachtete sie nicht. Er ging an der Tür in die Knie und strich mit den Fingern über den Teppichboden. Parallele Kerben waren dort, so lang wie ein Hohlblockstein. Als er aufstand, sah er Cross an der Tür.
    »Was kann ich tun?«, fragte Cross. »Sperren Sie den Vorgarten und die Straße mit Flatterband ab. Rufen Sie die Spurensicherung und den Arzt.« Hunt rieb sich das Gesicht. »Und treiben Sie eine Cola Light für mich auf.« Er hielt Cross am Ärmel fest, als der sich abwandte. »Nicht aus dem Kühlschrank hier im Haus. Und räumen Sie den Hausflur.«
    Hunt sah zu, wie der Flur sich leerte, spürte Yoakum hinter sich und drehte sich um. Vor diesem Bild des gewaltsamen Todes sah sein Freund aufgewühlt und sehr lebendig aus. Hunt schaute an ihm vorbei und sagte dann mit gedämpfter Stimme: »Ich weiß, es ist noch früh, aber ich glaube nicht, dass es mit Vorsatz passiert ist.«
    »Weil?«
    Hunt schnippte mit dem Finger zum unteren Rand der Tür. »Die Kerben im Teppich. Sieht aus, als hätten sie den Hohlblock als Türstopper benutzt.« Er zuckte die Achseln. »Ein Mörder mit einem Plan bringt normalerweise eine Waffe mit.«
    »Vielleicht. Vielleicht wusste er aber auch, dass der Stein da sein würde.«
    »Zu früh«, sagte Hunt zustimmend. »Sie haben recht.«
    »Und wie geht's weiter?«
    Hunt deutete mit der flachen Hand ins Zimmer. »Versiegeln Sie das Zimmer, bis die Spurensicherung hier ist. Befragen Sie die Anwohner. Und lassen Sie einen Leichensuchhund kommen, für alle Fälle.« Hunt verstummte und drehte sich zum Flur um. »Verdammt!« Das kam aus dem Bauch wie eine Explosion. Er schlug mit der Faust gegen die Wand und stapfte ins Wohnzimmer. Als Yoakum hereinkam, stand Hunt da und presste beide Handflächen an den Rahmen der Haustür. Mit dumpfem Geräusch ließ er die Stirn gegen die Tür prallen. »Verdammt.« Er schlug den Kopf noch härter an das Holz.
    »Wenn Sie bluten wollen«, sagte Yoakum, »da gibt's bessere

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