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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Chief hob das Schloss hoch und ließ es wieder fallen. Es baumelte hin und her. »Oder Arroganz?«
    »Ist das wichtig?«
    Der Chief zuckte die Achseln. »Und die Waffe?«
    »Unbekannt. Kann sein, dass sie die ganze Zeit im Schuppen war. Sie kann sie auch im Haus gefunden haben. Es war ebenfalls unverschlossen.« Wieder schauten beide in Richtung des Hauses. Zwischen den Bäumen war nichts zu sehen. Aber vor Tagesanbruch, als dort Licht brannte, würde Tiffany es gesehen haben. »Ich vermute, er hatte einen Rausch. Wir haben Alkohol und Drogen gefunden. Nach der Obduktion wissen wir mehr.«
    »Irgendein Hinweis darauf, dass es noch andere Kinder gegeben haben könnte?« Der Chief achtete auf einen professionellen Tonfall.
    »Fragen Sie nach Alyssa Merrimon?«
    »Nicht unbedingt.«
    Der Chief zuckte nicht mit der Wimper, und sein Blick blieb unversöhnlich. Hunt spähte in den Wald hinein. »Wir brauchen den Suchhund. Wenn sie da draußen begraben ist, will ich sie finden.«
    »Ist nicht sehr hell da.«
    Hunts Stimme klang düster. »Ich habe schon angerufen.«

DREIUNDZWANZIG
    H inter den dünnen Wänden eines Hauses, das nicht ihres war, stand Katherine Merrimon vor dem Badezimmerspiegel und starrte hinein. Sie hatte dem Polizisten die Lüge angesehen, hatte sie gespürt wie eine Ohrfeige. Also stellte sie sich die schwierigste Frage selbst.
    War sie eine gute Mutter?
    Die Haut spannte sich über die Knochen ihres Gesichtes, ausgewaschen und zu bleich. Ihr Haar hing schwerer herab, als es sollte, und ihre Finger zitterten, als sie ihre Wange berührte. Sie sah, wie rissig ihre Nägel geworden waren, sah auch die aufgedunsenen dunklen Ringe unter den Augen. Sie suchte nach irgendetwas Vertrautem, aber ihre Augen waren die Augen einer Pappfigur.
    Johnnys Bild kam ihr in den Sinn. Verbunden und bleich vom Blutverlust — und sein erster Gedanke hatte seiner Schwester gegolten.
    Alyssa.
    Der Name tröpfelte über ihre Lippen und hätte sie fast zu Boden geworfen. Sie umklammerte den Rand des Waschbeckens, dann wanderte ihre Hand nach oben und fand den Spiegelschrank. Mit großem Widerwillen öffnete sie ihn. Drei Regale voller Tablettenröhrchen. Orangegelbes Plastik. Weiße Etiketten. Sie griff ein beliebiges Röhrchen heraus: Vicodin. Sie nahm den Deckel ab und ließ drei Pillen in ihre Hand rollen. Die konnten das alles wegnehmen: das Kaleidoskop der Erinnerungen, den Verlust.
    Schweiß rieselte ihr über den Rücken, Ihr Mund wurde schmerzhaft trocken, und sie spürte, wie die Tabletten sich auf ihrer Zunge anfühlen würden: das angestrengte Schlucken, das kurze, bittere Warten. Aber als sie den Blick zum Spiegel hob, sah sie diese leblosen Augen. Verblichen sahen sie aus, wie Kopien von Kopien. Es waren die Augen, die auch Johnny hatte, und sie hatten nicht immer so ausgesehen. Bei ihnen beiden nicht.
    Sie drehte die Hand schräg und ließ die Tabletten fallen. Mit leisem Klappern fielen sie auf das Porzellan. In plötzlicher Hektik wischte sie alle Fläschchen aus dem Schrank, fegte sie ins Waschbecken. Eins nach dem andern riss sie auf und kippte die Pillen in die Toilette. Eine Flasche. Zwanzig. Sie schüttete sie alle aus und spülte die Tabletten weg.
    Schnell.
    Es musste schnell passieren.
    Sie nahm die leeren Fläschchen mit in die Küche, warf sie in den Müll und trug den Sack hinaus. Die Zeit verlor ihre Form, während sie putzte und schrubbte. Die Böden. Den Kühlschrank. Die Fenster. Die Stunden verschwammen in einem heißen Nebel aus Schweiß und Ammoniakgeruch. Sie stopfte die Bettwäsche in die Waschmaschine, goss Schnaps im Unkraut aus und warf die Flaschen in die offene Tonne, wo sie zerbrachen, und sie drehte sich um und holte die nächsten. Am Ende stellte sie sich wieder vor den Spiegel. Das Blut hämmerte in der weichen Haut unter ihrem Kiefer. Sie ließ kochend heißes Wasser aus dem Hahn laufen und schrubbte sich das Gesicht, bis es wehtat, aber die Augen waren immer noch nicht in Ordnung. Sie riss sich die Kleider vom Leib und ging unter die Dusche. Doch es war nicht genug.
    Der Schmutz war innen.
    Johnny erwachte allein in einem fremden Zimmer. Er hörte Schritte vor der Tür, eine gedämpfte Stimme. Ein Arzt wurde über die Lautsprecheranlage ausgerufen, und stückweise kehrte die Erinnerung zurück. Er berührte den Verband auf seiner Brust und fühlte Schmerz, und als er sich aufsetzen wollte, wurde ihm übel. Farbige Zacken blitzten am Rand seines Gesichtsfelds: ein stumpfes Rot hinter

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