Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
litten anschließend zwei Tage lang unter Durchfall, hervorgerufen von Holunderbeeren und Iriswurzeln, die sie unter den Brei gerührt hatte. Der junge AEthelred suchte ständig Streit mit mir und bekam eines Tages meine Fäuste zu spüren, als ich ihn dabei erwischte, wie er Bridas Hund prügelte. Danach hütete er sich vor mir.
    Mein Onkel hatte ständig etwas an mir auszusetzen. Ich war ihm zu jung, zu groß, zu laut, zu stolz und zu wild.
    Aber ich gehörte nun einmal zur Familie, weshalb er mich ertragen musste, und es kam ihm auch durchaus zupass, dass ich mit Tatwine auf welsche Räuber Jagd machte, die uns allerdings meistens entwischten.
    Als ich einmal von einem solchen Ausritt spätabends zurückkehrte und mein Pferd einem Stallknecht überließ, um möglichst schnell etwas zu essen zu bekommen, fand ich niemand anderen als Pater Willibald im Haus. Auf den ersten Blick erkannte ich ihn so wenig wie er mich. Ich war erhitzt, trug einen Lederumhang, hohe Stiefel, einen Schild und beide Schwerter. Ich sah nur eine Gestalt am Kamin. «Gibt es irgendwas zu essen?», fragte ich, weil ich es mir ersparen wollte, eine Talgkerze anzuzünden und in der Küche nachzuschauen, wo die Mägde schliefen.
    «Uhtred», sagte er. Ich drehte mich um und spähte ins Dunkel. Erst als er wie eine Schwarzdrossel zu zwitschern anfing, erkannte ich ihn. «Ist das Brida an deiner Seite?», fragte der junge Priester.
    Auch sie war in Leder gekleidet und trug ein welsches Schwert am Gürtel. Nihtgenga lief auf Willibald zu, dem er nie zuvor begegnet war, und ließ sich von ihm streicheln. In diesem Augenblick kamen auch Tatwine und die anderen Kämpfer polternd herein, doch Willibald nahm keine Notiz von ihnen. «Ich hoffe, es geht dir gut, Uhtred.»
    «Ja, durchaus», erwiderte ich. «Und Euch, Pater?»
    «Bestens.»
    Er lächelte und schien zu erwarten, dass ich ihn fragte, weswegen er gekommen sei, doch ich gab mich gleichgültig und fragte stattdessen: «Hattet Ihr noch Ärger, weil wir Euch entwischt sind?»
    «Zugegeben, Lady A Elswith war sehr wütend», antwortete er. «Alfred aber blieb ruhig, jedenfalls mir gegenüber.
    Seinen Unmut musste Pater Beocca über sich ergehen lassen.»
    «Beocca? Warum?»
    «Weil Beocca ihm eingeredet hatte, dass du den Dänen entkommen wolltest, was aber gar nicht der Fall war. Sei's drum.» Er lächelte. «Jetzt hat Alfred mich nach dir losgeschickt.»
    Ich ging neben ihm in die Hocke. Obwohl dem Kalender nach noch Sommer herrschte, waren die Nächte schon überraschend kalt, und so warf ich einen Holzscheit in die Glut. Funken sprühten, und eine Rauchwolke stieg zu den hohen Deckensparren auf. «Alfred hat Euch geschickt», sagte ich mit flacher Stimme. «Will er mir immer noch das Lesen beibringen?»
    «Er will Euch sehen, Herr.»
    Argwöhnisch blickte ich zu ihm auf. Ich nannte mich zwar selbst einen Herrn, weil ich von Geburt einer war, hatte mir aber die Vorstellung der Dänen zu Eigen gemacht, dass Stand und Würde eines Herrn nicht erblich waren, sondern erworben werden mussten, und das hatte ich noch nicht. Trotzdem zollte mir Willibald Respekt. «Warum will er mich sehen?», fragte ich.
    «Er möchte mit Euch reden», antwortete Willibald. «Anschließend könnt Ihr tun und lassen, was Ihr wollt.»
    Brida brachte mir ein Stück hartes Brot und Käse. «Worüber will er mit mir reden?», fragte ich. «Über Gott?»
    Der Priester seufzte. «Alfred ist seit zwei Jahren unser König. Sein ganzes Denken kreist zum einen um Gott, zum anderen um die Dänen. Ich glaube, er weiß sehr wohl, dass Ihr ihm, was Gott angeht, nicht helfen könnt.» Ich lächelte, A Ethelreds Hunde waren von dem Lärm Tatwines und seiner Männer, die sich auf dem hohen Podest schlafen legten, geweckt worden. Einer der Hunde kam, vom Käse angelockt, auf mich zu. Ich kraulte ihm das raue Fell und dachte an Ragnar, den Hundefreund. Er war jetzt in Walhalla, wo er nach Herzenslust schmausen, trinken, huren und über die Stränge schlagen mochte, und ich wünschte ihm, dass es im Himmel der Nordmänner auch Hunde gab, Eber so groß wie Ochsen und Speere so scharf wie die Messer zum Bartscheren. «An Eure Reise zu ihm wäre nur eine einzige Bedingung geknüpft», fuhr Willibald fort. «Ihr müsstet Brida zurücklassen.»
    «Zurücklassen?», vergewisserte ich mich.
    «Lady A Elswith besteht darauf», sagte Willibald.
    «Besteht darauf?»
    «Sie hat vor kurzem einen Sohn zur Welt gebracht», berichtete Willibald. «Einen

Weitere Kostenlose Bücher