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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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prächtigen Jungen, Gott sei gepriesen. Sein Name ist Edward.»
    «Alfred tut gut daran, sie auf andere Gedanken zu bringen», sagte ich.
    Willibald lächelte. «Ihr werdet also zu ihm gehen?»
    Ich berührte Brida, die sich neben mich gesetzt hatte, und sagte: «Wir gehen.» Willibald schüttelte den Kopf, verzichtete aber darauf, mir einreden zu wollen, dass es besser sei, Brida zurückzulassen.
    Warum folgte ich der Einladung Alfreds? Weil ich mich langweilte. Weil mich mein Vetter ablehnte. Weil Willibalds Worte vermuten ließen, dass Alfred keinen Gelehrten, sondern einen Kämpfer aus mir machen wollte. Ich ging, weil das Schicksal unser Leben lenkt.
    Wir brachen frühmorgens auf. Es war Spätsommer, ein leichter Regen fiel auf dicht belaubte Bäume. Die Wachteln schlugen, als wir über A Ethelreds Felder ritten, auf denen Roggen und Hafer gedieh. Nach wenigen Meilen hatten wir das Niemandsland an der Grenze zwischen Mercien und Wessex erreicht. Auch hier waren früher die Felder bestellt worden, doch die Dänen hatten die Region in dem Sommer nach ihrer Niederlage bei A Escs Hügel verwüstet. Alfred wollte, dass die Bauern zurückkehrten und das Land bebauten, doch die Dänen drohten jedem, der sich hier niederließ, mit dem Tod. Sie wussten so gut wie Alfred, dass sich diese Bauern unter den Schutz von Wessex stellen, dass sie Westsachsen werden und die westsächsische Streitmacht verstärken würden. Für die Dänen aber existierte Wessex nur, weil sie es noch nicht eingenommen hatten.
    Und doch war das Land nicht völlig menschenleer. In den Dörfern lebten ein paar Menschen, und die Wälder waren voller Gesetzloser. Zum Glück gerieten wir ihnen nicht in die Quere, denn Brida hatte einen Teil von Ragnars Schatz bei sich. Jede Münze war mit einem Lumpenfetzen umwickelt, um zu verhindern, dass sie in ihrem Lederbeutel aneinander klirrten.
    Gegen Abend hatten wir die Grenze nach Wessex überschritten. Wir kamen wieder an belebten Ortschaften vorbei und sahen gut bestellte Felder. Kein Wunder, dass die Dänen dieses Land wollten.
    Alfred hielt sich in Wintanceaster auf, der westsächsischen Hauptstadt inmitten fruchtbarer Landschaft. Auch diese Stadt war von den Römern gegründet worden, und Alfreds Palast bestand noch zum großen Teil aus den alten Mauern. Sein Vater hatte ein großes Burghaus aus Fachwerk hinzugefügt, und Alfred ließ eine Kirche erbauen, die dieses Haus sogar überragen sollte, doch noch waren die aus Stein gemauerten Außenwände eingerüstet. Als wir ankamen, wurde vor dem Neubau ein Markt abgehalten, und ich erinnere mich, dass mich der Anblick einer so großen Menge, unter der sich kein einziger Däne befand, seltsam anmutete. Zwar sehen Dänen nicht anders aus als wir, doch sooft sie im Norden Englands über einen Markt gingen, wich die Menge auseinander, die Männer verbeugten sich, und es machte sich eine ängstliche Stimmung breit. Nicht so hier. Frauen feilschten um Apfel, Brot, Käse und Fisch, und es gab nur eine einzige Sprache zu hören: die rauen Laute von Wessex.
    Brida und mir wurde ein Quartier im römischen Teil des Palastes eingeräumt. Diesmal versuchte uns niemand auseinander zu bringen. Wir hatten eine kleine, weiß gekalkte Kammer mit einer Strohmatte. Willibald sagte, dass wir dort warten sollten, was wir auch taten, bis uns schließlich langweilig wurde. Wir verließen unsere Kammer und erforschten den Palast. Er war, wie wir feststellten, voller Priester und Mönche, die mit Befremden auf uns reagierten, da wir Reife mit eingravierten Runenzeichen an den Armen trugen. Ich war damals ein Narr, ein tumber Narr, der nicht höflich genug war, die Armreife abzulegen. Gewiss, auch manche Engländer, vor allem Krieger, trugen ähnlichen Schmuck, doch nicht in Alfreds Palast. Hier lebten etliche Kämpfer, viele von ihnen waren große Aldermänner, die zu Alfreds Hofstaat gehörten, seine Gefolgsleute anführten und dafür mit Landbesitz entlohnt wurden. Weit größer aber war die Zahl der Priester, und nur einer Hand voll Männer, nämlich der vertrauten Leibwache des Königs, war es erlaubt, im Palast Waffen zu tragen. In Wahrheit glich der Ort weniger einem Königshaus als einem Kloster. In einem Saal waren zwölf Mönche tagtäglich damit beschäftigt, Bücher zu kopieren, unermüdlich kratzten dort Gänsekiele über Pergament. Es gab drei Kapellen, eine stand am Rande eines blumengeschmückten Hofes, der wunderschön anzusehen war und einen herrlichen Duft

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