Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
seines vorherigen Trägers geschlagen hatte, von einer Speerspitze durchbohrt, aber von einem tüchtigen Schmied geflickt worden und immer noch viele Silberstücke wert. «Beides stammt von einem Dänen, der an A Escs Hügel gefallen ist», erklärte Alfred. A Elswith beobachtete mich missbilligend.
    «Herr.» Ich kniete nieder und küsste ihm die Hand.
    «Ein Jahr in meinen Diensten», sagte er, «mehr verlange ich nicht von dir.»
    «Ihr könnt Euch auf mich verlassen», erwiderte ich und besiegelte mein Versprechen mit einem weiteren Kuss auf seine tintenfleckigen Knöchel.
    Ich war ganz benommen angesichts dieser beiden seltenen und kostbaren Rüstungsteile, die er mir großzügig überließ, obwohl ich mich ungehobelt verhalten und ein solches Geschenk durch nichts verdient hatte. Aber Großzügigkeit zeichnet eben einen hohen Herrn aus. Ein Herr ist freigebig, denn derjenige, der andere an seinem Reichtum nicht teilhaben lässt, wird die Loyalität seiner Männer einbüßen. Trotzdem hatte ich diese Geschenke nicht verdient und war umso dankbarer. Sie blendeten mich so sehr, dass ich Alfred in diesem Moment für einen großen, guten und bewundernswerten Mann hielt.
    Doch ich hätte eine Weile länger nachdenken sollen. Es stimmte, Alfred war großzügig, im Unterschied zu seiner Frau geizte er nie mit Geschenken. Aber was mochte ihn bewogen haben, einem unreifen Halbwüchsigen wie mir solch eine kostbare Rüstung zu geben? Dass ich ihm nützlich war. Nicht sehr, aber ein wenig. Alfred spielte manchmal Schach, ein Spiel, für das ich keine Geduld aufbrachte.
    Es besteht aus Figuren von hohem Wert und solchen, die weniger wichtig sind. Zu letzteren zählte wohl ich. Besonders wertvolle Figuren waren die Herren von Mercien, mit denen er, wenn er sie schließlich auf seine Seite brächte, die Dänen in Wessex bekämpfen könnte. Gleichwohl blickte er schon über Mercien hinaus auf Ostanglien und Northumbrien. Und außer mir hatte er keinen im Exil lebenden Herren aus Northumbrien. Er ahnte wohl schon eine Zeit voraus, in der er jemanden brauchen würde, der das Volk im Norden davon überzeugte, einem König aus dem Süden Gefolgschaft zu leisten. Wäre ich wertvoller für ihn und imstande gewesen, ihm die Gefolgschaft derer zu sichern, die in der unmittelbaren Nachbarschaft seines Landes lebten, hätte er mir eine westsächsische Frau von hoher Geburt gegeben, denn eine solche Frau ist das größte Geschenk, mit dem ein Herr seine Gunst bezeugt. Doch für seine späteren Pläne mit Northumbrien reichten ein Helm und ein Kettenhemd. Wahrscheinlich traute er mir nicht zu, dass ich in dieser Sache eine entscheidende Rolle würde spielen können, doch sah er den Tag voraus, an dem ich ihm zumindest behilflich sein mochte. Also nahm er mich mit diesem Geschenk für sich ein und machte mir unser Bündnis mit Schmeicheleien schmackhaft. «Von meinen Männern hat noch keiner an Bord eines Schiffes gekämpft», sagte er. «Sie müssen es lernen. Du, Uhtred, obwohl noch jung, hast Erfahrung und verstehst mehr davon als jeder andere. Darum geh und unterrichte sie.»
    Ich sollte seinen Männern überlegen sein? Ich hatte zwar die Windviper gesteuert, aber noch nie an Bord eines Schiffes gekämpft. Davon sagte ich Alfred allerdings kein Wort, nahm stattdessen seine Geschenke an und reiste an die Küste im Süden. So hatte Alfred einen Bauern an den
    Rand gestellt, den er später einmal gewinnbringend einsetzen konnte. Die wichtigsten Figuren auf Alfreds Spielbrett waren natürlich seine Bischöfe, deren Aufgabe darin bestand, die Dänen mit Gebeten aus dem Land zu vertreiben, wofür sie reich belohnt wurden. Aber auch ich konnte nicht klagen. Ich hatte einen eisernen Helm, ein Kettenhemd, und ich sah aus wie ein echter Kämpfer. Alfred gab uns Pferde für unsere Reise und schickte Pater Willibald zur Begleitung mit, nicht, damit er auf uns aufpasste, sondern weil er meinte, dass seine neuen Schiffsmannschaften geistlichen Zuspruch nötig haben würden. Der arme Willibald. Ihm wurde jedes Mal speiübel, wenn die Wellen ein wenig höher schlugen. An seinen Verpflichtungen aber hielt er stets fest, besonders an denen, die er mir gegenüber zu haben glaubte. Wenn Gebete einen Mann zum Christen machen könnten, wäre ich inzwischen mindestens zehnmal heilig gesprochen.
    Dem Schicksal weicht nichts und niemand aus. Im Rückblick erkenne ich die Muster meiner Lebensreise, die in Bebbanburg ihren Ausgang nahm und mich immer weiter nach

Weitere Kostenlose Bücher