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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Boden unter den Füßen. Und so lag die Evangelista meist im Hafen von Hamtun, weil angeblich Reparaturen an ihr vorgenommen werden mussten.
    Nicht so die Heahengel. Ich legte mich in die Riemen, bis alle meine Glieder schmerzten und meine Hände so rau wie Eichenrinde waren, doch das Rudern machte mich auch immer kräftiger. Ich war jetzt groß und stark, herausfordernd und streitlustig, und brannte darauf, gegen ein dänisches Schiff zu kämpfen. Allerdings ging unsere erste Feindberührung schlecht aus. Wir hatten uns von unseren Geleitschiffen Ceruphin und Cristenlic abgesetzt und kreuzten vor den prächtigen Kreidefelsen von Suth Seaxa in der Hoffnung, ein Wikingerschiff in die Falle locken zu können. Der Plan ging auf, doch die Wikinger waren schlauer als wir. Sie hatten ein kleines Schiff, sehr viel kleiner als unseres, und wir folgten ihm gegen die Strömung des ablaufenden Wassers in Richtung Küste. Mit jedem Ruderschlag rückten wir näher heran, doch als die Dänen Ceruphin und Cristenlic am Horizont im Süden aufkreuzen sahen, machten sie kehrt. Ihr Schiff drehte sich wie auf einer Spindel und kam nun, von der Strömung geschoben, auf uns zu.
    «Halt drauf!», brüllte Leofric unserem Steuermann Werferth zu, der sich aber dem Befehl widersetzte und auszuweichen versuchte, weil er keinen Zusammenstoß riskieren wollte. Ich sah das Wikingerschiff näher kommen und die Ruder in den Löchern der Bordwände verschwinden. Es rammte unsere Steuerbordseite. Unsere Ruder brachen, eins nach dem anderen, und so wuchtig schnellten die Schäfte zurück, dass manchem von uns die Rippen eingedrückt wurden. Dann legten vier oder fünf dänische Bogenschützen auf uns an. Ein Pfeil durchbohrte Werferths Hals, und während sich unser Steuermann in seinem Blut wälzte, verfluchte Leofric die Dänen in ohnmächtiger Wut. Diese fuhren ihre Ruder wieder aus und entfernten sich unter höhnischem Gebrüll.
    «Hast du schon mal ein Schiff gesteuert, Earsling?», fragte mich Leofric, als er den sterbenden Werferth zur Seite zog.
    «Ja.»
    «Dann steuere dieses.» Mit nur der Hälfte unserer Ruder schleppten wir uns in den Hafen zurück. Wir hatten zwei Dinge gelernt: nie ohne Ersatzruder in See zu stechen und stets Bogenschützen mit an Bord zu nehmen. Doch Aldermann Freola, der den Fyrd von Hamptonscir anführte, wollte auf keinen seiner Schützen verzichten, zumal ihm ohnehin, wie er sich beklagte, schon allzu viele Kämpfer von der Flotte abgezogen worden waren. Außerdem, so sagte er, brauchten wir keine Bogenschützen. Auch sein Bruder Hacca meinte, wir sollten nicht so viel Aufhebens um uns machen. «Wehrt euch mit Speeren», riet er Leofric.
    «Wir wollen aber Bogenschützen haben», beharrte Leofric.
    «Die gibt es nicht», entgegnete Hacca und zuckte mit den Schultern.
    Pater Willibald erklärte sich bereit, Alfred einen Brief zu schreiben. «Er wird auf mich hören», sagte er.
    «Na schön, Ihr werdet ihm schreiben», erwiderte Leofric. «Und was dann?»
    «Dann wird er Euch Bogenschützen schicken», antwortete Pater Willibald frohgemut.
    «Und wer nimmt den Brief entgegen?», fragte Leofric. «Seine verfluchten Schriftführer, und die sind allesamt Priester. Sie legen ihn auf einen Stapel und lassen sich Zeit. Wenn Alfred unser Gesuch dann irgendwann einmal zur Kenntnis nimmt, wird er sich mit den beiden verfluchten Bischöfen beraten und uns schriftlich auffordern, ihm weitere Informationen zukommen zu lassen. Inzwischen ist Lichtmess, und wir sind alle tot, gespickt mit dänischen Pfeilen.» Seine Worte nahmen mich weiter für ihn ein. Er sah mich grinsen. «Was findest du so komisch, Endwerc?», blaffte er.
    «Ich könnte Euch zu Bogenschützen verhelfen», sagte ich.
    «Wie denn?»
    Mit einer von Ragnars Goldmünzen. Wir zeigten sie dem Volk auf dem Marktplatz von Hamtun und verkündeten, dass sie, diese sonderbar geprägte Münze, demjenigen gehören solle, der sich im Wettstreit als der beste Bogenschütze erwiese. Das Goldstück war mehr wert, als ein Mann im Jahr verdiente, und Leofric wollte natürlich wissen, wie ich in seinen Besitz gelangt war. Doch das verriet ich nicht. Stattdessen baute ich Zielscheiben auf und verbreitete die Nachricht, dass mit billigen Pfeilen reicher Lohn zu ernten sei. Zur verabredeten Zeit fanden sich über vierzig Männer auf dem Marktplatz ein, um ihr Können unter Beweis zu stellen. Wir brachten die zwölf besten an Bord der Heahengel, verteilten zwanzig weitere Männer auf

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