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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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konnte, waren schlafende Stockenten.
    »Hallo«, sagte Håkon verlegen.
    Offenbar hätte er sie gern umarmt. Er trat einen winzigen Schritt vor, hob den Arm, erstarrte dann aber. Seine Brille beschlug. Seine Augen waren nicht mehr zu sehen, und er drehte sich zu Karen um.
    »Lange nicht gesehen«, sagte Karen unversöhnlich und setzte Liv in die Karre.
    Das Kind protestierte. Hans Wilhelm versteckte sich hinter seinem Vater.
    »Hallo, Hans Wilhelm. Du bist aber groß geworden. Kennst du mich noch?«
    Hanne ging in die Hocke, vor allem, um die Erwachsenen nicht ansehen zu müssen. Der Junge starrte verlegen zu Boden und schien nicht mit ihr reden zu wollen. Sie erhob sich wieder und wies auf Nefis.
    »Das ist Nefis. Eine … eine Bekannte von mir aus Istanbul. Sie war … Sie war noch nie in Norwegen.«
    Håkon und Karen nickten der Frau in dem Wildledermantel, den roten Handschuhen und den viel zu großen, klobigen Bergstiefeln sehr knapp zu.
    »Wir müssen machen, daß wir weiterkommen«, sagte Karen und wollte sich an ihnen vorbeidrängen. »Macht’s gut.«
    Hanne rührte sich nicht vom Fleck. Sie lächelte Liv an, und die lächelte strahlend zurück und steckte sich einen verschmutzten kleinen Spaten in den Mund.
    Das waren Menschen, die ihr einmal sehr nahegestanden hatten. Håkon war anders als Billy T., liebevoller, direkter in seiner Zuneigung, viel weniger auf Konkurrenz bedacht als sein lautstarker Kumpel. Eher bereit zu verzeihen. Er fehlte ihr. Das ging ihr auf, als sie ihn hier stehen sah, hilflos die Hand um den Handschuh seines Sohnes geschlossen, in einer verschlissenen und trutschigen Windjacke und ein wenig zu kurzen, an den Knien ausgebeulten Jeans, mit beschlagener Brille und beginnenden Geheimratsecken; er fehlte ihr wirklich. Nicht so wie Billy T. Eine Versöhnung zwischen ihnen, so, wie sie sie sich wünschte und anstrebte, mußte auch von seiner Seite her ein Eingeständnis einschließen, das Geständnis, daß auch er Verantwortung trug für das, was geschehen war. In Cecilies Bett, während Cecilie im Krankenhaus im Sterben gelegen hatte; sie hatten ein Verbrechen begangen, und Hanne konnte sich kaum an mehr erinnern als daran, daß sie sich danach unter der Dusche die Haut blutig geschrubbt hatte.
    Hanne hatte allen, die ihr nahestanden, unrecht getan, das wußte sie. Und offenbar wollte ihr niemand die Möglichkeit geben, es zu vergessen. Bei Håkon war das anders. Mit ihm würde sie sich eines Abends hinsetzen und alles erklären können. Nicht kleinreden, sondern einfach erzählen, wie alles gekommen war, warum sie sich so hatte verhalten müssen, was sie dazu gebracht, sie gezwungen hatte. Er würde nicken und vielleicht seine Brille geraderücken. Håkon würde Kaffee kochen und ihn mit ungesund viel Zucker in sich hineinschlürfen. Sie würde ihn anfassen, ihn an sich ziehen, ihm erzählen, daß sie von ihm träumte, oft sogar. Sie würde ihn lächeln sehen, und alles würde so sein wie früher.
    »Entschuldigung«, sagte Karen mürrisch. »Ich will vorbei.«
    Karen gehörte Cecilie. Eher Cecilie als Hanne, und Hanne trat beiseite, ohne jedoch Håkon aus den Augen zu lassen. Als er an ihr vorüberging, sah sie durch die trüben Brillengläser seine Augen. Er zuckte ganz leicht mit den Schultern und legte vorsichtig den Daumen ans Ohr und den kleinen Finger an den Mund, flüchtig nur; wir telefonieren, sollte das heißen, aber Hanne war nicht einmal sicher, ob sie richtig gesehen hatte.
    »Some friends«, murmelte Nefis. »Who are they?«
    Mit Nefis’Auftauchen am Vorabend war die Wohnung italienisch geworden. Das Chaos, das sie umgab, war plötzlich lateinisch und exzentrisch geworden, die Brote mit Käse und Leberwurst zu Delikatessen. Der Wein aus dem Pappkarton hatte sonnenreich und exklusiv geschmeckt. Die Nacht, bis zu Harrymarry, war ein Neuerleben der Nacht in Verona gewesen, nur näher, so, wie es sein sollte, zu Hause, in Oslo, zwischen Hannes Sachen, in ihrer Welt.
    Jetzt wußte sie nicht, ob sie die Kraft haben würde.
    Ihre Füße klebten am Asphalt, ihre Schultern schmerzten. Sie drehte sich nach der kleinen Familie um, die unter der Bentsebrücke verschwand und bald außer Sichtweite sein würde, und sie sah Bruchstücke ihrer eigenen harten Geschichte.
    »I barely know them«, sagte sie und fügte hinzu: »It was all a long, long time ago. Let’s go.«
    Binnen weniger als fünf Minuten hatte sie nicht nur ihre alten Freunde verleugnet, sondern auch Nefis auf eine Art

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