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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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Aufschrift »Für Kundschaft kein Zutritt« löste sich allmählich von dem dicken Vorhangstoff. Der Mann schien seinen Laden kaum je verlassen zu haben. Seine Haut war fahl, und es störte ihn offenbar nicht weiter, daß sein Pullover sich am Bündchen auflöste.
    Der Antiquar schaute ein paarmal gleichgültig zu Daniel hinüber, während er eine alte Dame bediente, die Garborgs »Bauernstudenten« suchte. Daniel blieb ratlos stehen und sah den beiden zu. Als die Frau das Buch tief unten in einer Einkaufskarre verstaut hatte und ihres Weges ging, war er mit dem Antiquar allein.
    »Und jetzt zu Ihnen«, sagte der Mann freundlich. »Womit kann ich behilflich sein?«
    »Ich habe hier zwei Bücher«, murmelte Daniel und merkte, daß er rot wurde. »Ich wollte nur … ich dachte, ich könnte … der Preis. Wieviel sind sie wert?«
    »Lassen Sie mal sehen.«
    Daniel zog den flachen Karton hervor, den er an der Rückwand des Rucksacks untergebracht hatte, um nichts zu zerdrücken. Vorsichtig nahm er den Deckel herunter und befreite das obere Buch von seinem Plastikumschlag.
    »Hier«, sagte er leise.
    »Aha.«
    Der Antiquar schob sich die Brille auf die Nase. Seine Hände waren lang, schmale, geübte Finger wanderten langsam über den makellosen Einband.
    »Fahrt über das Polarmeer«, murmelte er. »1897. Schönes kleines Buch. Sehr gut erhaltenes Exemplar. Das ist in der Tat …«
    Er verstummte. Das Buch, das er in Händen hielt, war Nr.   8 einer numerierten Sonderauflage von hundert Stück. Der Antiquar kannte diese Serie gut, hatte aber nie ein Exemplar gesehen. Als er die Widmung entdeckte, musterte er Daniel kurz und las: »›Für Hjalmar Johansen. Mit herzlichem Dank dafür, daß Sie mich mutig auf diese Fahrt begleitet haben. Fridtjof Nansen.‹«
    Daniel starrte das Buch an, als habe er es eben erst entdeckt und wisse nicht so recht, wem es gehörte.
    »Zeigen Sie mal das andere«, sagte der Antiquar schroff und riß das untere Buch mehr oder weniger an sich. »Das letzte Kapitel«, sagte er mit schneidender Stimme. »Knut Hamsun, 1933. Schönes Exemplar. Bin gespannt, was für einen Witz Sie sich hier ausgedacht haben.«
    Obwohl er aus irgendeinem Grund ziemlich wütend war – seine Nasenflügel vibrierten leicht, und unter den Augen bildeten sich langsam lila Flecken –, bewegten seine Hände sich weich, fast liebevoll, als sie das Buch aufschlugen.
    »›Herr Reichskommissar Terboven, nehmen Sie dieses Buch entgegen, mit Dank und der Hoffnung auf zukünftige Hilfe. Nørholm, Januar 1941. Knut Hamsun.‹«
    Daniel lächelte zaghaft.
    »Wissen Sie eigentlich, was Sie da getan haben?«, fauchte der Antiquar und hob das Buch, wie um Daniel damit einen Schlag zu verpassen.
    »Getan?«
    »Sie haben eine wunderschöne Erstausgabe mit Ihren Kritzeleien ruiniert! Und woher haben Sie diese Bücher überhaupt? He?«
    »Ich habe … das war mein Großvater, er …«
    Daniel schwitzte. Der Geruch von Staub und Büchern verursachte ihm einen heftigen Niesreiz, aber in seiner Angst schniefte er nur kräftig.
    »Dilettant«, kläffte der Mann. »Hamsun hätte so eine Widmung auf deutsch geschrieben. Er sprach sehr gut Deutsch, und im Januar 1941 hat er Terboven aufgesucht, um um Gnade für …«
    Plötzlich verstummte er. Er schlug das Buch noch einmal auf, hielt sich die Widmung dicht vor die Augen und drehte sie ins Licht der Deckenlampe. Daniel spürte, wie der Schweiß ihm in Strömen über den Leib lief, während es in seiner Nase unerträglich juckte. Er nieste heftig, mehrere Male. Der Rotz lief, und er rieb sich mit dem Pulloverärmel über die Nase. Die steifen Wollfasern machten ihn noch einmal niesen. Der Antiquar knallte Hamsuns Buch zu, schnappte sich das von Nansen und vertiefte sich für mehrere Minuten hinein.
    Seine Stimme klang vollkommen verändert, als er endlich rief: »Diese Bücher sind ein kleines Vermögen wert, junger Mann. Bitte warten Sie einen Moment, dann hole ich die nötigen Papiere.«
    Daniel bekam kaum noch Luft. Er durchwühlte seinen Rucksack nach der Asthma-Medizin. Offenbar hatte er den Inhalator zu Hause vergessen. Der Mann ließ auf sich warten. Daniel war drauf und dran zu gehen, er brauchte Luft. Der Staub drang in seinen Mund und seine Kehle, und er konnte nur noch mit abgehacktem Schluchzen atmen. Aber der Antiquar hatte die Bücher des Großvaters mitgenommen.
    Daniel stöhnte heiser: »Hallo! Ich will … meine Bücher … zurückhaben!«
    Erst als zwei uniformierte

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