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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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Minuten im Gange sein sollen. Billy T. war noch nicht aufgetaucht. Karianne Holbeck starrte einen Haken an, der gleich über der Tür in der Decke befestigt war. Sie versuchte, nicht auf die Uhr zu sehen. Kommissar Karl Sommarøy hatte ein Schweizer Messer hervorgezogen und schnitzte vorsichtig an einem Pfeifenkopf herum.
    »Viel zu groß«, erklärte er denen, die das möglicherweise interessierte. »Liegt nicht gut in der Hand.«
    »Fährst du mit Spikes oder ohne?«
    »Hä?« Karl Sommarøy schaute auf und wischte sich einige Späne von der Hose.
    »Ich will jedenfalls bei den Spikes bleiben«, sagte Severin Heger. »Ich werde diese verdammte Gebühr bezahlen, solange das überhaupt möglich ist. Gestern morgen zum Beispiel, als ich …«
    »Morgen, Leute.«
    Billy T. fegte zur Tür herein und knallte einen Ordner auf den Tisch.
    »Kaffee.«
    »Say the magic word«, befahl Severin.
    »Kaffee, zum Teufel!«
    »Ja, ja. Hier. Nimm meinen. Ich hab ihn noch nicht angerührt.«
    Billy T. hob die Tasse halb zum Mund, stellte sie dann aber grinsend wieder hin.
    »Laßt uns mal zusammenfassen, was wir schon haben, und dann die Aufgaben für die nächsten zwei Tage verteilen. Oder so. Severin. Mach du den Anfang.«
    Severin Heger hatte viele Jahre in den allerobersten Etagen der Wache verbracht. Er hatte sich beim POT wohl gefühlt. Die Arbeit beim Überwachungsdienst war spannend, abwechslungsreich und hatte ihm ein Gefühl von Bedeutung gegeben. Eine erschöpfende Periode voller Skandale und Dauerbeschuß durch die gesamte norwegische Presse hatte ihm seine Begeisterung für den Posten nicht nehmen können, den er angestrebt hatte, seit er alt genug gewesen war, um zu begreifen, was sein Vater Tag für Tag machte. Severin Heger liebte seine Arbeit, hatte aber ununterbrochen Angst.
    Als er achtzehn war, hatte er sich widerstrebend mit seiner Homosexualität abgefunden. Sie sollte ihn nicht daran hindern, die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. An seinem zwanzigsten Geburtstag – nach einer Pubertät, die geprägt war von Kampfsport, Fußball und Wichsen praktisch rund um die Uhr – hatte er beschlossen, niemals etwas durchblicken zu lassen, niemals ein Geheimnis zu verraten, das seinen Vater das Leben kosten würde. Der Vater war während des Krieges mit Shetland-Larsen gefahren und für seinen Einsatz für das Vaterland hoch dekoriert worden. In den fünfziger und sechziger Jahren hatte er selbst beim Überwachungsdienst gearbeitet. Damals hatten die Kommunisten in jeder Gewerkschaft ihr Unwesen getrieben, und der Kalte Krieg war durch und durch eisig gewesen. Severin war Einzelkind und Papasöhnchen, und seine Fassade hatte nur ein einziges Mal gebröckelt. Er hatte versucht, Billy T. anzubaggern. Er war taktvoll zurückgewiesen worden, und Billy T. hatte die Episode mit keinem Wort mehr erwähnt.
    Als der Überwachungschef nach dem Furre-Skandal seinen Hut nehmen mußte, hatte der POT zum ersten Mal eine Chefin bekommen. Sie war nicht lange im Dienst geblieben. Doch ehe sie ging, hatte sie es noch geschafft, Severin Heger in ihr Büro zu rufen und ihm zu sagen: »Es ist kein Sicherheitsrisiko, daß du schwul bist, Severin. Das Problem ist, daß du soviel Kraft vergeudest, um es zu verbergen. Hör doch auf damit. Sieh dich um! Wir gehen auf ein neues Jahrtausend zu.«
    Severin wußte noch, daß er sich wortlos erhoben hatte. Dann war er nach Hause gegangen, hatte lange geschlafen, war aufgestanden, hatte geduscht und sich in einer feinen Duftwolke in die Schwulenkneipe Castro begeben. Nach einer Nacht, in der er nach Kräften versucht hatte, seine Versäumnisse aufzuholen, hatte er seine Versetzung zur Kriminalpolizei beantragt. Mittlerweile war sein Vater seit zwei Jahren tot. Severin Heger fühlte sich endlich frei.
    »Das einzige, was wir sicher wissen, ist folgendes …« Er klopfte mit einem Finger gegen die Tischkante. »Bei der Leiche handelt es sich um Brede Ziegler. Geboren 1953. Frisch verheiratet. Kinderlos. Als er ermordet wurde, trug er eine Brieftasche mit über sechzehntausend Kronen in bar bei sich. Sechzehntausendvierhundertachtzig Kronen und fünfzig Öre, wenn wir pingelig sein wollen.«
    »Sechzehntau…«
    »Sowie vier Kreditkarten. Nicht weniger. AmEx, VISA, Diners und Master Card. Gold und Silber und Platin und weiß der Teufel was noch.«
    »Damit wäre die Möglichkeit, daß es ein Überfall war, geplatzt«, murmelte Karianne.
    »Nicht unbedingt.« Severin Heger rückte seine Brille zurecht.

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