Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
auf.
»Zwei Körbe mit Frauenkram«, sagte er und zog mit Daumen und Zeigefinger einen schwarzen BH heraus. »Ansonsten nur Herrenkleidung. Man könnte fast meinen, daß die Gattin gar nicht hier wohnt. Schau mal …«
Er öffnete die mittlere Schrankpartie. An einer mindestens drei Meter langen Stange hingen dicht an dicht Anzüge, Hosen, Blazer und Hemden. Ganz hinten, bei den Schuhkartons, baumelten ein hauchdünnes Cocktailkleid, ein langer Rock und zwei Damenblusen.
»Bilde ich mir das ein, oder hat diese ganze Bude etwas Gespenstisches?« fragte Billy T. »Hier sieht’s doch aus wie in einer sauteuren Boutique. Das einzige, was in der ganzen Wohnung halbwegs persönlich wirkt, sind eine total bescheuerte Wand mit Promibildern und eine Garderobe, die auch gleich bei Ferner Jacobsen verkauft werden könnte. War der Typ denn nie zu Hause? Und Vilde – hat die überhaupt je hier gewohnt?«
»Das hier ist nicht Ferner Jacobsen«, sagte Severin und ließ seine Hände langsam über eine Kaschmirjacke wandern. »Das ist überhaupt nicht in Norwegen gekauft. Das Badezimmer. Du hast gesagt, wir sollten uns das Badezimmer ansehen.«
»Wenn wir es finden«, murmelte Billy T. und zog die Schlafzimmertür hinter sich zu. »Wie wär’s mit dieser Tür?«
Brede Zieglers Arbeitszimmer zu betreten war wie ein Schritt in eine andere Welt. Die Wände waren mit tiefroter Seidentapete verkleidet, in einem Muster, das Severin in Gedanken als Löwenfüße bezeichnete. An die zwanzig grafische Blätter und drei Ölgemälde hingen dicht an dicht, einige im Halbdunkel, andere unter Gemäldelampen aus Messing. Der Boden war dunkel und teilweise mit einem Perserteppich bedeckt. In der von der Tür am weitesten entfernten Ecke stand eine anderthalb Meter hohe Marmorstatue der Aphrodite auf ihrer Muschel. Der Schreibtisch war in einer Art Rokokostil gehalten, aus glänzendlackiertem Holz mit einer eingelassenen grünen Filzplatte als Schreibunterlage. Ein Mont-Blanc-Füller lag schräg auf dieser Unterlage, neben einem dazu passenden Tintenfaß aus schwarzem und goldenem Glas. Ein Telefon mit Mahagoni-Gehäuse stand neben einem Anrufbeantworter, der aussah, als stamme er aus den Siebzigern. Die Luft war schwer und stickig. Severin reckte die Nase vor und schnupperte energisch.
»Riechst du was?«
»Mhm. Pot.«
»Und um das zu erkennen, braucht’s keinen Überwachungsdienst. Übrigens ist mein Schluckauf weg.«
»Good for you. Und was haben wir hier?«
Billy T. hob eine Eule aus Onyx hoch, stellte sie wieder hin und sah die Papiere durch, die darunter gelegen hatten.
»Eine Telefonrechnung über achthundertfünfzehn Kronen und fünfzig Öre …«
»Nicht sonderlich redselig, mit anderen Worten.«
»Ein Einladung zu … von der chinesischen Botschaft. Zum Essen. Und das hier …« Er faltete einen Briefbogen auseinander. »Hä?«
»Das ist doch zu blöd«, sagte Severin.
»Eine Art …«
»… Drohbrief. Das ist verdammt noch mal eine Art Drohbrief.«
Billy T. brüllte vor Lachen. »Der bescheuertste Drohbrief, den ich je gesehen habe! Guck dir das an!«
Vorsichtig legte er den Brief auf den grünen Filz und zog ein Paar dünne Gummihandschuhe aus der Tasche. Der Bogen war gelb, und die darauf aufgeklebten Buchstaben schienen auf den ersten Blick aus einer Illustrierten ausgeschnitten zu sein. An Klebstoff war nicht gespart worden, einige Buchstaben waren in Alleskleber fast ertrunken.
Des KocHeS toD, deS anDerN BROt
GrUß
ReiNe fauST
»Hände hoch und umdrehen. Und ganz ruhig!«
Die Stimme durchschnitt die schwere, nach Marihuana duftende Luft. Billy T. fuhr herum und warf sich dann in einem Reflex zur Seite.
»Stillgestanden«, heulte die Stimme aus der Türöffnung. »Stillgestanden, hab ich gesagt!«
»Der Wachdienst«, sagte Severin resigniert und ließ die Hände sinken.
»Der Wachdienst?«
Billy T. fuhr sich über den Schädel und starrte den total verängstigten jungen Mann an, der eine Maglite in der Hand hielt. Eine andere Waffe hatte er wahrscheinlich nicht.
»Ganz ruhig. Wir sind von der Polizei.«
Billy T. trat einen Schritt vor.
»Stehenbleiben«, heulte der Mann vom Sicherheitsdienst. »Dienstausweis her. Und ganz ruhig!«
»Jetzt reg dich doch ab, zum Teufel!« Billy T. tastete seine Jackentasche ab.
»Scheiße. Mein Ausweis liegt im Auto. Dem Auto vor dem Haus. Vielleicht habt ihr’s gesehen? Gleich vor dem Eingang?«
Severin Heger fischte eine Plastikkarte aus seiner Brieftasche und
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