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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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Trotz; sie mußte doch verstehen, daß er Probleme hatte. Sie hatte die Sache mit keinem Wort erwähnt. Während ihres Telefonats am Vormittag hatte sie nur immer wieder betont, daß er nicht zu spät zur Vorstellung kommen dürfe.
    »Egoistin«, sagte er halblaut und zuckte bei dem Wort zusammen.
    Jetzt hatte er es wirklich eilig. Er sah sich nach allen Seiten um, doch den Gesuchten konnte er nirgends entdecken. Wieder schaute er auf die Uhr. In fünf Minuten würde er gehen müssen.
    Daniel hatte immer gewußt, daß seine Mutter nicht so war wie andere Mütter. Allein schon die Tatsache, daß er sie Thale nennen mußte und nicht Mama, hatte dafür gesorgt, daß er sich bereits im Kindergarten wie ein Außenseiter vorgekommen war. Meistens hatte sie ihn ja in Ruhe gelassen. Sie hatte nie nach der Schule gefragt. Sie hatte sich nur selten in seine Freundschaften eingemischt. In seiner Kindheit hatte sie streng darauf geachtet, daß er rechtzeitig nach Hause kam, ins Theater ging und immer seine Versprechen hielt. Darüber hinaus hatte er tun und lassen können, was er wollte.
    Sie hatte nichts gesagt.
    Das war ja kein Wunder, aber gekränkt fühlte er sich trotzdem.
    Noch schlimmer war, daß Taffa nicht angerufen hatte. Und viel erstaunlicher. Vielleicht würde er sie morgen anrufen. Oder er schaute bei ihr vorbei.
    »Hallo. Tut mir leid, daß ich so spät komme!«
    Daniel fuhr zusammen und ließ den Briefumschlag fallen, den er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte. Blitzschnell bückte er sich und fischte ihn aus dem Schneematsch.
    »Alles klar. Hier. Tausend Kronen. In zwei Wochen kriegst du mehr.«
    »Tausend …« Der andere junge Mann rümpfte die Nase.
    »Im Moment habe ich nicht mehr«, sagte Daniel und holte tief Luft. »Und ich muß jetzt los. Zwei Wochen. Versprochen.«
    Er klopfte dem anderen leicht auf die Schulter und überquerte die Straße. In seinen Schuhen gluckste die Feuchtigkeit. Er konnte sich gerade noch auf seinen Platz setzen, als der Vorhang auch schon aufging, und er wußte, daß er sich richtig erkältet hatte.

10
    Der Schnee war in derselben Nacht gekommen. Alles war still. Das Stimmengewirr des Vortages, das Kindergeheul, die lauten Schritte über das Pflaster waren verstummt. Hanne schloß die Augen und lauschte, nahm aber nur ein gleichmäßiges Ticken in den Wasserleitungen des Badezimmers wahr.
    Sie war gegangen.
    Es mußte so gegen sechs gewesen sein, als sie die Tür hinter sich ins Schloß zog. Hanne war sich nicht ganz sicher. Es spielte auch keine Rolle. Sie war da gewesen. Ihr Duft hing noch im Bettzeug. Sie war gegen sechs verschwunden.
    It’s not true, you know, hatte sie vorher noch gesagt, that Venus doesn’t smile in a house of tears. She does!
    Hanne stand auf und öffnete die Vorhänge. Das Sonnenlicht und seine grellen Reflexe im Schnee trafen schmerzhaft auf ihre Augen. Ihr war schwindlig. Sie fühlte sich leicht. Alles war weiß, und sie dachte an Cecilie.
    Nefis Özbabacan hieß sie, und sie war ihr zum Abschied ganz leicht mit dem Zeigefinger über die Lippen gefahren.
    Hanne zog sich an, ohne zu duschen, und stopfte ihre paar Sachen in den Rucksack. Heute würde sie es schaffen. Nefis machte es ihr möglich, nach Hause zu fahren, zu allem, was Cecilie war. Hanne Wilhelmsen riß den Schlüssel vom Nachttisch und warf sich den Sack über die Schulter. Sie dachte an Nefis’ letzte Worte und streifte die roten Handschuhe über, als sie in das Taxi zum Flughafen stieg.

Vernehmung von Vilde Veierland Ziegler
    Vernehmung durchgeführt von Kommissarin Karianne Holbeck. Abgeschrieben von Sekretärin Rita Lyngåsen. Von dieser Vernehmung existieren insgesamt zwei Bänder. Sie wurden am Dienstag, dem 7. Dezember 1999, in der Osloer Hauptwache aufgezeichnet.
Zeugin:
Ziegler, Vilde Veierland, Personenkennummer
200576 40991
Wohnhaft: Niels Juels gate 1, 0272 Oslo
Belehrt über ihre Aussageverpflichtung, aussagebereit. Die Zeugin weiß, daß die Vernehmung auf Band aufgenommen und später ins Protokoll überführt werden wird.
    PROTOKOLLANTIN:
    Als erstes möchte ich Ihnen mein Beileid zu (Husten, undeutlich) Ihres Mannes aussprechen. Wir geben uns alle Mühe, den Fall aufzuklären, und dazu brauchen wir … wenn wir den Täter finden wollen, dann müssen wir soviel wie möglich über Ihren Mann wissen. Das ist Ihnen vielleicht unangenehm, aber leider (Scharren, undeutlich) … äh … bestimmt ist es schwer für Sie …
    ZEUGIN (UNTERBRICHT):
    Ja, das kann ich

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