Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
Sie oder er könnte …«
»Es war eine Sie. Wir haben uns das Band natürlich angehört, und es war eine Frau. Aller Wahrscheinlichkeit nach.«
»Ach. Und wissen wir noch mehr? Alter, Herkunft, Akzent? Die Frau kann etwas gesehen haben. Gefunden. Gestohlen. Meine Güte, sie kann ihn sogar ermordet haben. Und in diesem Material hier …« Sie rieb sich die Stirn und starrte Silje an. »… weist nichts darauf hin, daß irgendwer versucht hat, sie zu finden.«
Die Tür wurde energisch aufgerissen.
»Hier bist du also«, sagte Billy T. wütend zu Silje und lehnte sich an den Türrahmen. »Ich hab dich überall gesucht. Hältst du den Dienst hier für einen Kaffeeklatsch? Aber vielleicht warst du ja schon bei der Wachgesellschaft und hast das Video von der Niels Juels gate gesichert?«
Silje sprang auf und blieb hilflos stehen. Billy T. blockierte die Tür.
»Nein, aber ich wollte gerade losfahren … hab nur kurz mit Hanne gesprochen …«
»Setz deinen Arsch in Bewegung, Silje. Dieser Fall wird nicht durch Gerede gelöst.«
Silje stürzte zur Tür, und Billy T. schien sie regelrecht aus dem kleinen Zimmer fegen zu wollen.
»Clever, Billy T.«, sagte Hanne Wilhelmsen trocken. »Pöbel du nur Silje an, wenn du in Wirklichkeit auf mich sauer bist.«
»Ground rules«, sagte er verbissen und schlug mit der Faust auf den Tisch. Sein Gesicht war höchstens zwanzig Zentimeter von Hannes entfernt, als er hinzufügte: »Erstens: Ich lasse dich in Ruhe. Zweitens :Du läßt mich in Ruhe. Drittens: Du läßt zum Teufel noch mal meine Leute in Ruhe, damit sie ihre Arbeit tun können.«
Hanne ließ seinen Blick nicht los.
Nach der unseligen Nacht, in der sie in gemeinsamer Trauer um Cecilie – nur wenige Monate vor deren Tod – zueinandergefunden hatten, war er wie ein geprügelter Hund hinter ihr hergelaufen. Und sie hatte ihn nicht einmal angesehen. Sie hatte ihn für ein Vergehen, für das sie selbst die Verantwortung trug, hart bestraft. Das hatte so sein müssen: Nichts hatte ihr so weh getan, daß sie selbst es als Buße hätte annehmen können. Damit hatte sie erst nach Cecilies Tod beginnen können. Er hatte um Vergebung gebettelt, ehe sie verschwunden war. Jetzt wies er sie ab, in allem, was er tat, in allem, was er war.
»Ist es denn überhaupt möglich, daß wir beide miteinander reden?« flüsterte sie.
»Nein! Du bist abgehauen, Hanne. Hast alles hingeschmissen. Ich und alle anderen waren dir scheißegal, du wolltest nur … wer auch immer … nein! … wir haben uns nichts mehr zu sagen!«
Der Knall, mit dem er die Tür zuschlug, hallte noch lange in ihren Ohren wider. Und danach konnte sie nicht einmal weinen.
19
»Wir müssen das anzeigen. Wirklich.«
Die Katzenleiche war in feierlichem Rahmen bei Thomas’ Großmutter begraben worden. Unter einer winterkahlen Eiche ruhten Helmers sterbliche Überreste, bedeckt von knapp zehn Zentimetern gefrorener Erde. Thomas selbst hatte das Kreuz gezimmert und angemalt, grün mit roten Streifen.
»Was denn?«
»Was meinst du? Was denn? Den Katzenmord natürlich!« Sonja Gråfjell knallte die Zeitung auf ihre Knie und fügte hinzu: »Die Frau ist komplett verrückt. Überleg doch mal … Helmer umzubringen … zu vergiften. Nächstes Mal ist es vielleicht …«
»Wir wissen doch gar nicht, ob Helmer vergiftet worden ist.«
Bjørn Berntsen flüsterte und zeigte auf die Tür des Kinderzimmers, hinter der Thomas längst schlafen sollte. Allerlei scharrende Geräusche hatten verraten, daß er nicht einmal im Bett lag.
»Natürlich ist er vergiftet worden. Thomas hat ja selbst gesehen, wie Frau Helmersen Helmer zu sich gelockt und ihn gefüttert hat. Warum in aller Welt hätte sie das sonst getan? Sie hat das arme Tier gehaßt!«
»Vielleicht hat sie gemerkt, daß sie miteinander verwandt waren«, sagte Bjørn Berntsen trocken. »Sie hatten schließlich fast denselben Namen.«
»Red keinen Unsinn.« Sonja Gråfjell starrte skeptisch ihr Rotweinglas an, als stelle sie sich vor, daß Tussi Helmersen sich auch daran zu schaffen gemacht haben könnte. »Bisher war sie für mich eine nervige, exzentrische alte Dame. Aber ein Mord!«
»Sonja! Hier ist die Rede von einem Kater!«
»Von einem lebenden Wesen, das Thomas sehr geliebt hat. Ich bin so … wütend.«
Bjørn Berntsen rückte auf dem Sofa näher. Er küßte seine Frau auf den Kopf und schmiegte den Mund in ihre Haare.
»Ich auch, Liebes. Du hast ganz recht, aller Wahrscheinlichkeit hat Frau
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