Das Letzte Plädoyer: Roman
der Richter.
»Ja, Euer Lordschaft«, antwortete Redmayne. »Doch bislang ohne Erfolg.« Er wandte sich wieder an Beth. »Wie reagierten Sie auf die Worte des Taxifahrers?«
»Ich drehte mich um und sah, dass mein Bruder am Boden lag. Er schien bewusstlos zu sein. Danny hielt Bernies Kopf in den Armen. Ich rannte die Gasse entlang zu ihnen.«
Pearson machte sich eine weitere Notiz.
»Hat Danny Ihnen erklärt, was passiert war?«
»Ja. Er sagte, Craig habe plötzlich ein Messer gezogen. Danny hat noch versucht, es ihm zu entreißen, aber da hat er schon auf Bernie eingestochen.«
»Hat Bernie das bestätigt?«
»Ja, das hat er.«
»Was haben Sie daraufhin getan?«
»Ich habe den Notruf verständigt.«
»Lassen Sie sich bitte Zeit, bevor Sie meine nächste Frage beantworten, Miss Wilson. Wer erschien als Erstes: die Polizei oder der Krankenwagen?«
»Zwei Sanitäter«, antwortete Beth ohne zu zögern.
»Wie lange dauerte das?«
»Sieben, vielleicht acht Minuten.«
»Wie können Sie so sicher sein?«
»Ich habe ununterbrochen auf die Uhr geschaut.«
»Und wie lange dauerte es anschließend bis zum Eintreffen der Polizei?«
»Da bin ich mir nicht sicher«, meinte Beth. »Aber es waren mindestens noch fünf Minuten.«
»Und wie lange blieb Detective Sergeant Fuller draußen bei Ihnen, bevor er die Kneipe betrat, um Mr. Craig zu verhören?«
»Mindestens zehn Minuten«, sagte Beth. »Vielleicht auch länger.«
»Lange genug, dass Mr. Spencer Craig zu seiner Wohnung laufen konnte, die ja nur hundert Meter entfernt liegt, dass er sich umziehen und rechtzeitig wieder zurück sein konnte, um seine Version der Ereignisse vorzutragen, bevor der Detective Sergeant die Bar betrat?«
»Euer Lordschaft!« Pearson sprang auf. »Das ist eine unerhörte Verunglimpfung eines Mannes, der nichts weiter tat als seiner Bürgerpflicht nachzukommen.«
»Da gebe ich Ihnen recht«, sagte der Richter. »Meine Damen und Herren Geschworene, bitte ignorieren Sie die letzte Bemerkung von Mr. Redmayne. Vergessen Sie nicht, dass Mr. Craig hier und heute nicht unter Anklage steht.« Er funkelte Redmayne finster an, aber der hielt seinem Blick stand. Alex war sich sehr wohl bewusst, dass die Geschworenen diese Bemerkung nicht vergessen würden und dass sie Zweifel in ihnen säen würde. »Ich entschuldige mich, Euer Lordschaft«, sagte er mit reumütiger Stimme. »Das wird nicht wieder vorkommen.«
»Sorgen Sie gefälligst dafür«, erklärte der Richter barsch.
»Miss Wilson, während Sie auf das Eintreffen der Polizei warteten, haben die Sanitäter Ihren Bruder da auf eine Trage gelegt und ihn anschließend zum nächsten Krankenhaus gebracht?«
»Ja, sie taten, was sie konnten«, sagte Beth, »aber ich wusste, dass es zu spät war. Er hatte ja schon so viel Blut verloren.«
»Haben Sie und Danny Ihren Bruder ins Krankenhaus begleitet?«
»Nein, ich bin allein mitgefahren, weil Detective Sergeant Fuller Danny noch einige Fragen stellen wollte.«
»Hat Sie das beunruhigt?«
»Ja, denn Danny war ja auch verletzt. Er war …«
»Das habe ich nicht gemeint«, unterbrach Redmayne, der nicht wollte, dass sie ihren Satz beendete. »Haben Sie befürchtet, dass die Polizei Danny als Verdächtigen einstufen könnte?«
»Nein«, sagte Beth. »Dieser Gedanke ist mir nie gekommen. Ich hatte der Polizei bereits erzählt, was passiert war. Er hatte ja mich, um seine Aussage zu bestätigen.«
Hätte Alex in diesem Moment zu Pearson geschaut, dann hätte er das seltene Aufblitzen eines Lächelns im Gesicht des Staatsanwalts sehen können.
»Leider ist Ihr Bruder auf dem Weg zum Chelsea and Westminster Hospital verstorben?«
Beth fing an zu weinen. »Ja. Ich rief meine Eltern an, die sofort kamen, aber es war zu spät.«
Alex stellte seine nächste Frage erst, als sie sich wieder etwas gefangen hatte.
»Kam Danny später zu Ihnen ins Krankenhaus?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Die Polizei hat ihn noch verhört.«
»Wann haben Sie Danny wiedergesehen?«
»Am nächsten Morgen, auf dem Polizeirevier Chelsea.«
»Polizeirevier Chelsea?«, wiederholte Redmayne und gab sich überrascht.
»Ja. Die Polizei kam in aller Frühe zu mir. Man erklärte mir, dass Danny verhaftet und wegen des Mordes an Bernie angeklagt worden sei.«
»Das muss ein furchtbarer Schock gewesen sein.«
Mr. Pearson sprang auf.
»Wie haben Sie auf diese Nachricht reagiert?«, rief Redmayne rasch.
»Mit völligem Unglauben. Ich erzählte erneut, was geschehen
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