Das Letzte Plädoyer: Roman
wenn etwas schieflaufen sollte, ›hatte er ja mich, um seine Aussage zu bestätigen.‹«
»Ja, genau.«
»Wie auch immer diese Aussage lautete.«
»Das habe ich nicht gesagt«, protestierte Beth.
»Nein, aber ich«, meinte Pearson. »Meiner Ansicht nach würden Sie nämlich alles sagen, um Ihren Ehemann zu schützen.«
»Aber er ist nicht mein Ehemann.«
»Das wird er aber sein, sobald man ihn auf freien Fuß setzt.«
»Ja, richtig.«
»Wie lange ist es her, seit Ihr Bruder ermordet wurde?«
»Ungefähr sechs Monate.«
»Und wie oft haben Sie Mr. Cartwright in dieser Zeit gesehen?«
»Ich habe ihn jeden Sonntagnachmittag besucht«, erklärte Beth stolz.
»Wie lange haben diese Besuche jeweils gedauert?«
»Etwa zwei Stunden.«
Pearson sah zur Decke hoch. »Dann haben Sie also grob geschätzt in den vergangenen sechs Monaten fünfzig Stunden miteinander zugebracht«, rechnete er aus.
»So habe ich das nie betrachtet«, sagte Beth.
»Jetzt aber schon, und da müssen Sie doch zugeben, dass Sie beide Zeit genug hatten, um Ihre Aussagen immer wieder durchzugehen und dafür zu sorgen, dass sie bis zu Ihrem Auftritt vor Gericht perfekt aufeinander abgestimmt waren.«
»Nein, das ist nicht wahr.«
»Miss Wilson, haben Sie in diesen fünfzig Stunden, die Sie auf Besuch im Gefängnis weilten, jemals mit Mr. Cartwright über diesen Fall gesprochen?«
Beth zögerte. »Vermutlich ja.«
»Natürlich haben Sie das«, erklärte Pearson. »Wenn dem nicht so wäre, wie erklären Sie dann, dass Sie sich an jedes Detail aus jener Nacht erinnern und sogar an jeden Satz, den die Betroffenen äußerten, obwohl Sie nicht einmal mehr wissen, was Sie heute Morgen zum Frühstück hatten?«
»Natürlich kann ich mich erinnern, was in der Nacht geschah, als mein Bruder ermordet wurde, Mr. Pearson. Wie sollte ich das vergessen können? Außerdem hatten Craig und seine Freunde sehr viel mehr Zeit, ihre Aussagen aufeinander abzustimmen, weil sie nämlich keinen Besuchszeiten oder sonstigen Beschränkungen unterlagen, wann und wo sie sich treffen konnten.«
»Bravo«, sagte Alex so laut, dass Pearson es hören konnte.
»Lassen Sie uns Ihr Gedächtnis ein weiteres Mal auf die Probe stellen, Miss Wilson.« Rasch wechselte Pearson das Thema. »Mr. Craig und Mr. Payne, die in weniger als einer Minute hinausgeeilt waren, kamen auf Ihren Bruder zu und fingen ohne Provokation eine Prügelei an?«
»Ja, genau«, sagte Beth.
»Sie prügelten sich also mit zwei Männern, die sie vor jenem Abend noch nie gesehen hatten?«
»Ja.«
»Und als es nicht mehr so gut lief, zog Mr. Craig aus heiterem Himmel ein Messer hervor und stach es Ihrem Bruder in die Brust.«
»Es war nicht aus heiterem Himmel. Er muss das Messer in der Kneipe eingesteckt haben.«
»Dann hat also nicht Danny das Messer in der Bar mitgehen lassen?«
»Nein. Ich hätte es gesehen, wenn Danny das getan hätte.«
»Aber Sie sahen nicht, wie Mr. Craig das Messer einsteckte?«
»Nein.«
»Doch eine Minute später sahen Sie ihn am Ende der Gasse?«
»Ja.«
»Hatte er zu diesem Zeitpunkt ein Messer in der Hand?« Pearson beugte sich vor und wartete auf Beths Antwort.
»Daran kann ich mich nicht erinnern.«
»Vielleicht erinnern Sie sich daran, wer das Messer in der Hand hatte, als Sie später zu Ihrem Bruder zurückgelaufen kamen?«
»Ja, da hatte Danny es in der Hand, aber er sagte, er habe es Craig abgenommen, als dieser auf meinen Bruder einstach.«
»Das haben Sie jedoch nicht gesehen?«
»Nein.«
»Und Ihr Verlobter war in Blut getränkt?«
»Natürlich«, sagte Beth. »Danny hielt ja meinen Bruder in seinen Armen.«
»Falls Mr. Craig also auf Ihren Bruder eingestochen haben sollte, dann müsste auch er blutgetränkt gewesen sein?«
»Woher soll ich das wissen? Er hatte sich ja schon aus dem Staub gemacht.«
»Hat er sich in Luft aufgelöst?«, fragte Pearson. »Wie erklären Sie es sich, dass Mr. Craig an der Theke saß, als die Polizei wenige Minuten später eintraf, und dort auf den Detective wartete, ohne dass auch nur ein Blutstropfen zu sehen gewesen wäre?«
Dieses Mal wusste Beth keine Antwort.
»Darf ich Sie daran erinnern«, fuhr Pearson fort, »wer die Polizei verständigte? Das waren nicht Sie, Miss Wilson, sondern Mr. Craig. Das ist doch merkwürdig für jemanden, der eben einen Menschen erstochen hat und dessen Kleidung blutgetränkt ist.« Er schwieg, damit das Bild in die Köpfe der Geschworenen einsinken konnte. Nachdem er einen
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