Das Letzte Plädoyer: Roman
ausfallen würde, weil Besucher oft versuchten, den Gefangenen Drogen, Geld, Klingen, Messer oder sogar Waffen zukommen zu lassen.
Nach erfolgter Durchsuchung legte der Beamte Danny eine gelbe Schärpe um, die ihn als Gefangenen auswies, nicht als Besucher – ähnlich der fluoreszierenden Schärpe, die ihm seine Mutter gemacht hatte, als er Fahrradfahren lernte. Anschließend wurde er in einen der größten Räume geführt, in denen er seit seiner Ankunft in Belmarsh gewesen war. Er meldete sich an einem Schreibtisch, der ungefähr eineinhalb Meter über den Boden ragte. Ein weiterer Beamter prüfte eine weitere Liste und sagte: »Ihr Besucher wartet auf Platz E9.«
Es gab sieben Reihen an Tischen und Stühlen, markiert mit A bis G. Die Gefangenen mussten sich auf die roten Stühle setzen, die am Boden befestigt waren. Ihre Besucher saßen auf der anderen Seite der Tische auf grünen Stühlen, die ebenfalls am Boden befestigt waren, was es den Sicherheitsleuten erleichterte, alles zu überwachen. Mehrere Beobachtungskameras waren an der Decke installiert. Als Danny durch die Reihen schritt, bemerkte er die zahlreichen Beamten, die von einer Empore aus sowohl die Gefangenen als auch die Besucher im Auge behielten. Er blieb stehen, als er zu Reihe E kam, und hielt Ausschau nach Beth. Endlich sah er sie. Obwohl er ihr Foto mit Klebestreifen an der Wand seiner Zelle befestigt hatte, hatte er ganz vergessen, wie schön sie war. Sie trug ein Paket im Arm, was ihn überraschte, da Besucher keine Geschenke für die Gefangenen mitbringen durften.
In dem Moment, als sie ihn sah, sprang sie auf. Danny ging schneller, obwohl man ihm mehrmals eingeschärft hatte, nicht zu rennen. Er riss sie in seine Arme und das Paket stieß einen Schrei aus.
Danny trat einen Schritt zurück und sah zum ersten Mal Christy.
»Sie ist wunderschön.« Danny nahm seine Tochter in den Arm. Er sah zu Beth auf. »Ich komme hier raus, bevor sie herausfindet, dass ihr Vater im Gefängnis sitzt.«
»Wie willst du …«
»Wann bist du …«
Beide sprachen gleichzeitig.
»Tut mir leid«, sagte Danny. »Du zuerst.«
Beth wirkte überrascht. »Warum sprichst du so langsam?«
Danny setzte sich auf den roten Stuhl und erzählte Beth von seinen Zellengenossen, während er in einen Mars-Riegel biss und eine Dose Diät-Cola trank, die Beth in der Kantine erworben hatte – ein Luxus, den er nicht mehr genossen hatte, seit er nach Belmarsh gekommen war.
»Nick bringt mir Lesen und Schreiben bei«, erzählte er ihr. »Und Big Al zeigt mir, wie man im Knast überlebt.« Er wartete Beths Reaktion ab.
»Was für ein Glück, dass du gerade in diese Zelle gekommen bist.«
Danny hatte darüber noch nie nachgedacht, aber plötzlich wurde ihm klar, was er Mr. Jenkins zu verdanken hatte.
»Einige Nachbarn sammeln Unterschriften für eine Petition, die dich auf freien Fuß bringen soll. Und jemand hat DANNY CARTWRIGHT IST UNSCHULDIG auf die Wand der U-Bahn-Station Bow Road gesprüht. Niemand hat versucht, das wegzuwischen, nicht einmal die Gemeindeverwaltung.«
Danny lauschte den Neuigkeiten von Beth, während er drei weitere Mars-Riegel und noch zwei Diät-Cola vertilgte. Er wusste, dass er die Sachen nach dem Ende der Besuchszeit nicht mit auf seine Zelle nehmen durfte.
Er wollte Christy in den Arm nehmen, aber sie war in Beths Armen eingeschlafen. Der Anblick seines Kindes ließ seine Entschlossenheit wachsen, lesen und schreiben zu lernen. Er wollte in der Lage sein, alle Fragen von Mr. Redmayne zu beantworten, damit er gut auf seine Berufung vorbereitet war und außerdem Beth mit Antwortbriefen überraschen konnte.
»Die Besucher werden aufgefordert, sich jetzt zum Ausgang zu begeben«, verkündete eine Stimme über Lautsprecher.
Danny fragte sich, wo die kürzeste Stunde seines Lebens abgeblieben war. Er sah zur Uhr an der Wand. Langsam erhob er sich, nahm Beth in den Arm und küsste sie zärtlich. Ihm fiel wieder ein, dass Besucher auf genau diese Weise am häufigsten Drogen an ihre Partner weitergaben und dass die Sicherheitsleute ihn und Beth genau beobachteten. Einige Gefangene schluckten die Drogen sogar, damit sie nicht entdeckt wurden, wenn sie auf dem Rückweg in ihre Zellen durchsucht wurden.
»Leb wohl, mein Liebling«, sagte Beth, als er sie endlich losließ.
»Leb wohl.« Danny klang verzweifelt. »Ach, das hätte ich beinahe vergessen.« Er zog ein Blatt Papier aus seiner Jeanstasche. Kaum hatte er ihr den Zettel gereicht, tauchte
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