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Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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befriedigten sein Bedürfnis nach Wundern vollkommen. Machten sich die Menschen eigentlich klar, wie leicht die Entwicklung eine vollkommen andere Richtung hätte nehmen können? Bisweilen stieß er dabei an die Grenzen seiner Vorstellungskraft, eher als bei allem, was die Mystiker und Star-Medien, die Astrologen und New-Age-Propheten sich so einfallen ließen. Diese geistlose Flut musste irgendwie gestoppt werden, andernfalls befürchtete er ernsthaft, dass sie das Fundament der wissenschaftlichen Forschung fortspülen könnte, das in jahrhundertelanger, mühseliger Arbeit errichtet worden war. Dann bliebe nur noch ein riesiges trübes und undifferenziertes Terrain übrig.
    Doch wie sollte er ihr das verständlich machen, dachte er mit einem Blick auf die junge Frau neben sich, die begierig ihr Horoskop aufsog.
    In der neunundfünfzigsten Straße stieg er aus und schlenderte in Richtung Park Avenue. Für Ende Oktober war es fast unangemessen warm, ein Altweibersommer, und er öffnete im Gehen den Reißverschluss seiner Lederjacke. In diesem Teil der Stadt sahen die Menschen auf der Straße eindeutig anders aus. Hier trug man, anders als im Village, Businesskleidung, wollte beeindrucken und Geschäfte machen. Die Männer steckten in Anzügen, hatten schmale lederne Diplomatenkoffer dabei und sprachen in winzige Mobiltelefone. Die Frauen waren teuer gekleidet, diskreter, aber echter Schmuck glitzerte an ihren Handgelenken, Ohren und Dekolletés. Wann immer Carter hierherkam, in die Welt, die er für Beths Welt hielt, fühlte er sich leicht deplatziert. Ein wenig zu sehr aus dem falschen Teil der Stadt, zu akademisch, um wirklich dazuzugehören.
    Die Raleigh Galerie, in der Beth arbeitete, machte es nur noch schlimmer. Sie nahm die ersten beiden Etagen eines Gebäudes im italienischen Stil in der siebenundfünfzigsten East ein, und eine ausladende rote Markise reichte fast bis zur Hälfte über den gedrängt vollen Gehweg. Es war einer jener Orte, die Reiche und Prominente aufsuchten, oft mit ihren eigenen Experten im Schlepptau, um sich den Constable anzusehen, der sich seit Jahrzehnten in irgendeinem Landhaus versteckt hatte, oder eine Skizze von Claude Poussin, die auf mysteriöse Weise aus einem Schweizer Tresorraum ans Licht gekommen war. Das Zusammenleben mit Beth hatte Carter eine nachträgliche, aber gründliche Ausbildung in europäischer Kunstgeschichte beschert. Durch sie hatte er den atemberaubenden Wert dieser Werke zu würdigen gelernt. Ein weiß-behandschuhter Diener hielt ihm die Tür auf und nickte ihm zu, als er ihn erkannte.
    »Ihre Gattin ist mit einem Kunden oben«, sagte er.
    »Danke.«
    Als Carter durch den Hauptraum der Galerie schritt, stellte er fest, dass in den reich verzierten Rahmen an den Wänden mehrere neue Gemälde hingen. Am bemerkenswertesten war das Porträt eines holländischen Bürgers in einem prächtigen, mit Pelz besetzten Mantel.
    »Dieses Gemälde eines Bürgers, müssen Sie wissen, wurde einst Rembrandt zugeschrieben.«
    Noch ehe er sich umdrehte, wusste er, wer gesprochen hatte. Richard Raleigh, geboren als Ricky Radnitz, hatte zusammen mit seinem Namen auch den Long-Island-Akzent abgelegt. Inzwischen hörte er sich an, als sei er im Mayfair District in London aufgewachsen.
    »Morgen«, sagte Carter. »Ich war gerade in der Gegend und dachte, ich überrasche Beth.«
    »Wenn Sie mich fragen«, sagte Raleigh, hakte sich bei Carter unter und zog ihn zurück zum Bild, »sollte es immer noch auf Rembrandt zurückgeführt werden. Sehen Sie sich nur die Pinselführung an, achten Sie auf die Details der Kleidung. Welcher Schüler wäre je so brillant gewesen?«
    Carter hatte natürlich überhaupt keine Ahnung, und es war ihm auch herzlich egal. Alles, was er wollte, war nach oben gehen, sich Beth schnappen und herausfinden, ob sie Zeit für einen Lunch im Central Park hatte – was, wie er fand, der perfekte Rahmen war, um ihr von Joes bevorstehender Ankunft zu erzählen.
    »Ich finde, es sieht unglaublich gut aus«, sagte Carter, »aber ich bin besser darin, Knochen zu beurteilen als Gemälde.«
    »Stimmt, Sie sind ja sogar auf noch ältere Dinge spezialisiert als ich«, sagte Raleigh mit einem dünnen Lächeln. Er war ein kleiner adretter Mann, und Beth hatte Carter eines Tages verraten, dass die grauen Strähnen an seinen Schläfen vom Friseur stammten. Raleigh glaubte, dass er dadurch distinguierter und vertrauenswürdiger wirkte.
    »Der Portier erwähnte, dass Beth oben

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