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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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menschliche Knochen ausgegraben und sich unermüdlich um potenzielle Sponsoren und um die Medien bemüht. »So gut wie jedes Mal, wenn ich hinfahre, komme ich an diesem Motel vorbei, weil es über die Route Five vom Zentrum aus kürzer ist als über die Sixtyfour.« Ein Schatten huscht über ihr Gesicht. »Eine echte Müllkippe. Es überrascht mich nicht, wenn dort etwas Schlimmes passiert wäre. Gena u der richtige Ort für Drogendealer und Prostituierte. Waren Sie schon dort?«
    »Noch nicht.«
    »Kann ich Ihnen irgendetwas zu trinken anbieten, Kay? Ich habe sehr guten Whisky, den ich letzten Monat aus Irland eingeschmuggelt habe. Ich weiß, Sie mögen irischen Whisky.«
    »Nur wenn Sie auch einen trinken.«
    Sie greift nach dem Telefon und bittet Aaron, die Flasche Black Bush und drei Gläser zu bringen.
    »Was passiert dieser Tage in Jamestown?« In der Luft hängt eine Erinnerung an Zigarrenrauch, und wieder erwacht mein frustrierender Hunger nach Zigaretten. »Ich glaube, ich war das letzte Mal vor drei oder vier Jahren dort«, sage ich.
    »Als wir JR fanden«, erinnert sie sich. »Ja.«
    »Seitdem waren Sie nicht mehr da?« »1996 glaube ich.«
    »Sie müssen kommen und sich ansehen, was wir machen. Es ist erstaunlich, wie sich der Grundriss des Forts verändert hat. Und die Fundstücke, hunderttausende, wie Sie wahrscheinlich aus den Nachrichten wissen. Wir haben ein paar der Knochen auf Isotope untersucht, das würde Sie bestimmt interessieren, Kay. JR ist nach wie vor unser größtes Rätsel. Sein Isotopenprofil passt nicht zu einer Ernährung aus Mais und Getreide. Wir wissen nicht, wie wir das interpretieren sollen, außer dass er vielleicht kein Engländer war. Deswegen haben wir einen Zahn zu einem Labor nach England geschickt, wege n der DNS.«
    JR ist die Abkürzung für Jamestown Rediscovery. Es wird als Präfix jedem Fundstück vorangestellt, aber in diesem Fall bezieht sich Edith auf das Fundstück mit der Nummer 102 aus der dritten oder C-Schicht der Erde. JR102C ist ein Grab. Es is t das berühmteste Grab der ganzen Ausgrabung, weil das Skelett darin vermutlich von einem jungen Mann stammt, der zusammen mit John Smith im Mai 1607 in Jamestown ankam und im Herbst jenes Jahres erschossen wurde. Als sie die ersten Anzeichen von Gewalttätigkeit in der lehmigen Erde entdeckten, riefen mich Edith und der Chefarchäologe sofort zur Fundstelle, und gemeinsam entfernten wir den Schmutz von einer Musketenkugel Kaliber 60 und einundzwanzig Schrotkugeln sowie einem gebrochenen und um 180 Grad gedrehten Schienbein. Der Fuß zeigte nach hinten. Die Verletzung musste das Ende der Oberschenkelarterie hinten im Knie zerfetzt, wenn nicht durchtrennt haben, und JR, wie er liebevoll genannt wird, verblutete schnell.
    Es bestand natürlich großes Interesse an dem - wie er sofort genannt wurde - ersten Mord in Amerika, eine ziemlich dreiste Bezeichnung, da wir nicht mit Siche rheit sagen können, ob es sich um Mord, geschweige denn den ersten Mord handelte, und die Neue Welt war noch nicht Amerika.
    Mit Hilfe forensischer Untersuchungen stellten wir fest, dass JR mit Kampfmunition aus einer europäischen Waffe, einer Luntenschlossmuskete, erschossen wurde, und auf Grund der Verteilung des Schrots schlossen wir, dass die Muskete aus ungefähr drei Meter Entfernung abgefeuert wurde. Er konnte sich also nicht versehentlich selbst erschossen haben. Vielleicht war es ein anderer Siedler, was zu der nicht sehr weit hergeholten Schlussfolgerung führen würde, Amerikas Karma bestehe leider darin, dass wir uns alle gegenseitig umbringen.
    »Im Winter findet alles im Haus statt.« Edith zieht ihre Jacke aus und legt sie über die Lehne des Sofas. »Wir katalogisieren die Fundstücke, schreiben Berichte, all die Dinge, die wir draußen nicht schaffen. Und natürlich müssen wir Geld sammeln. Diese schreckliche Aufgabe, die mehr und mehr ich übernehmen muss. Und damit komme ich zur Sache. Ich habe einen ziemlich beunruhigenden Anruf von einem unsere r Abgeordneten bekommen, der von dem Toten im Motel gelesen hat. Er regt sich fürchterlich auf, leider, weil er damit nur erreicht, was er angeblich verhindern will nämlich auf den Fall aufmerksam zu machen.«
    »Worüber regt er sich auf?« Ich runzle die Stirn. »In der Zeitung stand kaum etwas.«
    Ediths Miene wird starr. Wer immer dieser Abgeordnete ist, sie hat nichts für ihn übrig. »Er ist aus der Gegend von Jamestown«, sagt sie. »Er scheint zu glauben, dass der Mord

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