Das letzte Revier
steckt schon bis zum Hals drin, ihr könnt den Fall haben. Ich höre auf.« Er nickt. »Ihr habt richtig gehört, ich höre auf.« Zu unser aller Erstaunen bricht Detective Stanfield zusammen. Er fällt so schwer auf den Boden, dass der Raum bebt. Ich springe auf. Gott sei Dank atmet er. Sein Puls ist unglaublich hoch, aber sein Zustand ist nicht lebensgefährlich. Er ist schlichtweg ohnmächtig geworden. Ich untersuche seinen Kopf, um mich zu vergewissern, dass er sich nicht verletzt hat. Alles in Ordnung. Er kommt wieder zu sich. Marino und ich helfen ihm auf die Beine und führen ihn zur Couch. Er legt sich hin, und ich stütze seinen Nacken mit mehreren Kissen. Es ist ihm schrecklich peinlich. »Detective Stanfield, sind Sie Diabetiker?«, frage ich. »Haben Sie Herzprobleme?«
»Wenn ich ein Coke oder etwas Ähnliches haben könnte, das wäre gut«, murmelt er.
Ich stehe auf und gehe in die Küche. »Mal sehen, was ich auftreiben kann«, sage ich, als würde ich hier wohnen. Ich hole Orangensaft aus dem Kühlschrank. In einem Küchenschrank finde ich Erdnussbutter und gebe einen großen Löffel voll auf einen Teller. Als ich mich nach Küchenkrepp umschaue, fällt mir ein Fläschchen mit verschreibungspflichtigen Tabletten neben dem Toaster auf. Auf dem Etikett steht Mitch Barbosas Name. Er nahm das Antidepressivum Prozac. Als ich ins Wohnzimmer zurückkehre, erwähne ich es gegenüber Mclntyre, und sie erzählt, dass Barbosa seit mehreren Monaten Prozac nahm, weil er unter Angstzuständen und Depressionen litt, die er auf die Undercover-Arbeit, auf Stress zurückführte. »Das ist interessant.« Mehr hat Marino dazu nicht zu sagen.
»Sie wollen zurück zum Motel, wenn Sie hier fertig sind?«, fragt Jay Marino.
»Ja. Vander will sein Glück mit Fingerabdrücken versuchen.«
»Mit Fingerabdrücken?«, murmelt Stanfield von seinem Krankenbett aus.
»Himmel, Stanfield«, platzt Marino ärgerlich heraus. »Haben die Ihnen auf der Polizeischule denn überhaupt nichts beigebracht? Oder haben Sie dank Ihres verdammten Schwagers mehrere Klassen übersprungen?«
»Zur Hölle mit meinem verdammten Schwager«, sagt er auf so mitleiderregende Weise und mit so viel Verve, dass alle lachen. Stanfield richtet sich ein bisschen auf. »Und Sie haben Recht.« Er sieht mich an. »Ich hätte ihm kein Wort von diesem Fall erzählen dürfen. Und ich werde ihm nichts mehr erzählen, nichts, weil es ihm sowieso nur um Politik geht. Aber nur damit Sie es wissen, ich war es nicht, der diese ganze Jamestown-Geschichte mit hineingezogen hat.«
Pruett runzelt die Stirn. »Was für eine Jamestown-
Geschichte?«
»Ach, die Ausgrabungen und die großen Feierlichkeiten, die die Stadt plant. Und um die Wahrheit zu sagen, Dinwiddie hat nicht mehr indianisches Blut in sich als ich. Dieser ganze Schwachsinn, dass er ein Nachfahre von Häuptling Powhatan ist. Dass ich nicht lache!« In Stanfields Augen spiegelt sich ein Groll, den er wohl nur selten zulässt. Wahrscheinlich hasst er seinen Schwager. »Mitch hat indianisches Blut«, sagt Mclntyre düster. »Er ist Halb-Indianer.«
»Auch das noch. Hoffentlich findet die Presse das nicht raus«, sagt Marino zu Stanfield, weil er nicht eine Sekunde glaubt, dass Stanfield den Mund halten wird. »Ein Schwuler und ein Indianer. Junge, Junge.« Marino schüttelt den Kopf. »Das darf niemand erfahren, nicht die Politiker, nicht die Medien. Und das meine ich ernst.«
Er starrt zuerst Stanfield an, dann Jay. »Und warum? Wir können nicht darüber reden, was hier wirklich abgeht, stimmt's? Die große Undercover-Operation. Dass Mitch ein Undercover-Agent des FBI war. Und dass auf eine vertrackte Art und Weise womöglich Chandonne irgendwas damit zu tun hat. Wenn also die Leute sich darin verbeißen, dass hier Verbrechen aus rassistischen und sexistischen Gründen verübt wurden, können wir sie nicht davon abbringen, weil wir die Wahrheit nicht sagen dürfen.«
»Dem stimme ich nicht zu«, sagt Jay zu ihm. »Ich weiß nicht, worum es bei diesen Morden ging. Aber ich kann zum Beispiel nicht akzeptieren, dass Matos und jetzt auch Barbosa nichts mit dem Waffenschmuggel zu tun hatten. Ich bin überzeugt, dass die Morde miteinander in Beziehung stehen.«
Niemand widerspricht ihm. Die Modi Operandi sind so ähnlich, die Morde müssen miteinander in Beziehung stehen. »Und ich kann auch die Möglichkeit nicht ausschließen, dass es sich tatsächlich um Verbrechen aus sexistischen un d rassistischen
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